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Lange angekündigt, legte am 5. April die norwegische Regierung einen Plan für die Streitkräfte im Zeitraum 2025 – 2036 vor. Oslo beabsichtigt seinen Militärhaushalt in den nächsten 12 Jahren zu verdoppeln. Die Ausgaben werden um 600 Milliarden Norwegische Kronen (ca. 51,65 Milliarden Euro) erhöht und belaufen sich in dem Zeitraum 2035-2036 auf umgerechnet 139 Milliarden Euro (1.624 Milliarden Norwegische Kronen). Die norwegische Verteidigung priorisiert nunmehr vier Bereiche: verbesserte Fähigkeiten zur Lageerfassung, eine neue Überwasserflotte, die Stärkung der Luftverteidigungsfähigkeiten sowie die Erhöhung der Kapazität und des Volumens der Armee und der Heimatwehr.

Bekannt wurden folgende Punkte:

  • Rund 4.600 zusätzliche Wehrpflichtige, 13.700 zusätzliche Reservisten und 4.600 zusätzliche ziviles Personal
  • Aufstellung zweier neuer Heeresbrigaden, eine in der Finnmark und eine weitere im Süden des Landes. Damit wird das norwegische Heer drei Brigaden umfassen
  • Aufstockung der Heimwehr von derzeit rund 40.000 Mann auf 45.000
  • Investitionen in Präzisionsfeuerkraft mit großer Reichweite
  • Zusätzliche Kampffahrzeuge
  • Zusätzliche Hubschrauber für Heer und Spezialeinheiten
  • Zusätzliches Budget in Höhe von 6,03 Milliarden Euro (70 Milliarden Norwegische Kronen) für Ersatzteile, Munition, Material, Treibstoffe
  • Ausbau des Luftverteidigungssystems (NASAMS – Norwegian Advanced Surface-to-Air Missile System) und Verbesserung zur Drohnen- und Flugkörperabwehr
  • Bodengestützte Langstrecken-Luftabwehrsysteme zum Schutz vor ballistischen Flugkörpern
  • Beschaffung von Drohnen großer Reichweite, Beteiligung an Satellitenprogrammen.

Im Kern steht eine erhebliche Investition in die maritimen Fähigkeiten. „Norwegen ist eine maritime Nation mit einem starken maritimen Erbe. Die Regierung verpflichtet sich, die Marine mit neuen Fregatten, U-Booten und anderen Schiffen zu stärken“, begründete Regierungschef Jonas Gahr Støre diesen Schritt.

  • fünf Fregatten mit Hubschraubern, einschließlich einer Option auf ein weiteres Schiff
  • mindestens ein zusätzliches U-Boot, auch hier mit der Option auf eine weitere Einheit – zusätzlich zu den bereits unter Vertrag stehenden U212CD, die gemeinsam mit Deutschland beschafft werden
  • Bis zu zehn große und 18 kleinere, also insgesamt 28 neue standardisierte Schiffe. Darunter befinden sich 12 neue Schiffe der Küstenwache, sechs Küsten- und sechs Hochseeschiffe.

Die fünf neuen Fregatten sollen in einer strategischen Partnerschaft beschafft, betrieben und gewartet werden. Mit „einem engen Verbündeten“, heißt es im langfristigen Plan. Folgt man den Einlassungen bei der Programmveröffentlichung, so könnte in ihrer Auslegung U-Bootjagd eine Schlüsselrolle einnehmen – ohne, dass die Luftverteidigungsfähigkeiten zu sehr vernachlässigt werden.

Keine Finanzsorgen – Besorgnis um die Sicherheit

Angesichts dieses ehrgeizigen Plans dürften sich die führenden Rüstungshäuser in Oslo und anderswo in Norwegen die Klinken in die Hand geben. Umso mehr, da die Finanzierung offensichtlich außer Frage steht. Finanzminister Trygve Slagsvold Vedum bei der Verkündigung des „Norwegian Defence Plan“: „Norwegen befindet sich in einer einzigartigen Position, um Maßnahmen zu ergreifen. Unser Modell, das Einkommen für die Gesellschaft aus unseren natürlichen Ressourcen zu sichern, ermöglicht es uns, die Ausgaben für die nationale Sicherheit zu erhöhen, ohne die öffentlichen Dienstleistungen der Menschen zu kürzen“. Anders als viele seiner Amtskollegen hat Vedum gut reden. Dem Norwegischen Staatsfonds mit einem angenommenen Vermögen von 1,4 Billionen Euro (17 Billionen Norwegische Kronen) wird nachgesagt, der größte der Welt zu sein. In diesem Zusammenhang zitiert Reuters den Premierminister dahingehend: „dank seines Staatsfonds hat Norwegen Zugang zu dem Geld, das es braucht, um die erhöhten Verteidigungsausgaben zu finanzieren, ohne Krankenhäuser oder Schulen zu kürzen.“

Zuvor schon hatte die norwegische Regierung erklärt, das Zweiprozent Ziel der NATO bis 2026 zu erreichen. Nach Angaben der NATO gab Norwegen im Jahr 2022 1,57 Prozent seines Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung aus. Der Boost der Verteidigung ist eine Reaktion auf die in Norwegen zunehmend ernster beurteilte Sicherheitslage.

Der Regierungsplan muss vom Parlament gebilligt werden.

Die königliche norwegische Marine wird durch einen umfassenden neuen Flottenplan gestärkt, der die maritimen Kapazitäten Norwegens erneuern und verbessern soll. Die künftige norwegische Marine wird entlang dreier Linien entwickelt: neue Fregatten, neue standardisierte Schiffe und neue U-Boote. (Grafik: regieringen.no)

Wer ist der enge Verbündete?

Die Schwerpunktsetzung auf die maritimen Fähigkeiten dürfte auch die deutsche Marineindustrie freuen. Insbesondere thyssenkrupp Marine Systems kann von der Vorstellung auf ein, eventuell sogar zwei weitere U212CD profitieren. Beim Projekt einer Luftverteidigungsfregatte für die Deutsche Marine, die zukünftige Fregattenklasse F 127, sah der CEO des Kieler Schiffbauers, Oliver Burkhardt, im Interview mit uns einen weiteren Anknüpfungspunkt zur Zusammenarbeit mit Norwegen. Inwieweit sich norwegische und deutsche Vorstellungen verheiraten lassen, ist augenblicklich zu früh, um belastbare Bewertungen dazu zu erhalten. Trotz der Partnerschaft im U-Bootbau muss nicht Deutschland die Rolle „eines engen Verbündeten“ zufallen.

Mögliche Anlandehäfen für alliierte Unterstützung (Grafik: regieringen.no)

Trifft die vermutete Schwerpunktsetzung auf ASW/U-Bootjagd zu, verfügen eigentlich alle europäischen Schiffbauer über gute Ausgangspositionen. Im Vereinigten Königreich BAE mit Type 26 und Type 31, die niederländische Damen (mit den Entwürfen für die eigene Marine, der ASW-Fregatte für die Marinen Belgiens und der Niederlande, F 126 für die Deutsche Marine), Naval Group in Frankreich, das französisch-italienische Gemeinschaftsprojekt FREMM. Die amerikanisch-italienische Kooperation der Constellation-Klasse kann in die Betrachtung möglicher Kandidaten einbezogen werden. Inwieweit Navantia in Norwegen noch Standing hat, wird abzuwarten sein.

Über die großen Kampfeinheiten und U-Boote hinaus ist der Markt für die beabsichtigten kleineren Einheiten der Marine sowie der Schiffe und Boote für die Küstenwache ebenfalls gut bestellt.

Hans Uwe Mergener