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Während im Nachbarland eine Auswahlentscheidung zum Bau der Nachfolge der Walrus U-Boote erwartet wird, melden sich am 7. März 2024 die beiden Werften mit einer überraschenden Mitteilung. Die beiden CEO, Arnout Damen, Damen Shipyards, und Micael Johansson, Saab, unterzeichneten eine Vereinbarung zum Export von U-Booten der Klasse Expeditionary C-71. Kanada, dessen Marine sich um die Nachfolge seiner (vier) dieselelektrischen U-Boote bemüht, wird als Kunde genannt.

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Das U-Boot der C71-Familie ist ein Langstrecken- und Hochleistungsschiff mit Unterbringungs- und Lagerkapazitäten, die es der Besatzung ermöglichen, sich wohl zu fühlen, vollständig ausgerüstet und länger einsatzfähig zu bleiben. (Grafik: Saab)

In den Niederlanden steht die Entscheidung über die die Beschaffung von vier neuen U-Booten noch aus. Im Juli 2023 haben die verbliebenen Wettbewerber – neben Saab-Damen Naval Group und tkMS – ihre Angebote abgegeben. Das niederländische Verteidigungsministerium wollte im März/April 2024 das Parlament mit dem sogenannten D-Brief über Vergabeentscheidung unterrichten. Nach marineschepen.nl kann das am 15. März erfolgen. ESuT berichtete über das Verfahren und die möglichen Modellvorschläge.

Der jetzige Zug von Saab-Damen wirkt, als solle zu ihren Gunsten Druck aufgebaut werden im Hinblick auf die Entscheidung bei der Walrus-Nachfolge. Durch die jüngst bekannt gemachten maritimen Rüstungsentscheidungen (vier Luftverteidigungsfregatten, sechs amphibische Transportschiffe) machte sich in den Niederlanden die Sorge um die Entscheidung zu den U-Booten breit. Die Regierung sah sich in der vergangenen Woche mit der Forderung von vier Provinzen konfrontiert, sich für den Auftragnehmer zu entscheiden, der den größtmöglichen niederländischen Anteil am bevorstehenden U-Boot-Vertrag bereitstellt. Dem gingen Pressemeldungen voraus, dass der Auftrag an die Naval Group gehen soll. Dazu wurden Gerüchte über die französische Unterstützung zur Auswahl Rüttes als NATO-Generalsekretär kolportiert. Die von Naval Group beabsichtigte Zusammenarbeit mit der niederländischen Werft IHC wird mit Skepsis betrachtet. Hinzu kommt die Überlegung, dass die Ankündigung der Fregatten- und Landungsschiffsprojekte als Kompensation für die niederländische Werftenlandschaft gedacht sein könnte.

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Ein niederländisches U-Boot der Walrus-Klasse. Ursprünglich sollten die U-Boote dieser Klasse bereits 2031 vollständig ersetzt sein. (Foto: MoD Niederlande)

Für die niederländische Regierung mögen in der Vergabe des U-Bootbaus andere Kriterien ausschlaggebend sein. In der Entscheidungsfindung spielen neben dem Verteidigungsministerium auch die Ministerien für Finanzen, für Wirtschaft und Klima sowie das Außenministerium eine Rolle. Dem Auswärtigen Amt in Den Haag wird eine besondere Nähe zu Frankreich nachgesagt. Trotz der geographischen Nähe zu Deutschland und der weitgehenden Integration des niederländischen Heeres in das deutsche Heer beargwöhnt man im Nachbarland Bürokratie und Langsamkeit der Prozesse. In der Sache genügt – so uns vorliegende Informationen – der tkMS-Entwurf nicht vollständig den Vorstellungen der Marine, für die ein weitreichender weltweiter Einsatz im Vordergrund steht. Insofern ist ‚Expeditionary‘ nicht nur ein Merkmal aus der Ausstattungsliste.

Saab Kockums und Damen Naval gingen 2015 eine Kooperation ein, um die Nachfolge für die U-Boote der Walrus Klasse der Königlich Niederländischen Marine zu bauen, zu modernisieren und zu warten. Für beide Win-Win. Damen seinerseits hofft, durch die Kooperation Technologie-Know-how für die Entwicklung von U-Booten erlangen zu können. Saab Kockums kann seine Produktionslinie ausbauen und sein Renommee als U-Bootbauer aufpolieren. Über neuere Konstruktionserfahrungen mit derart großen konventionellen U-Booten verfügt die Werft in Karlskrona nicht. Neben den U-Booten der schwedischen Marine konnte die Werft aus Karlskrona nur nach Australien liefern. Die sechs U-Boote der Collins-Klasse wurden zwischen 1996 und 2003 in Dienst gestellt. Aus der schwedischen Marine ausgemusterte U-Boote wurden an Singapur verkauft. Die japanische Marine betreibt konventionelle U-Boote, die mit Technologie von Saab Kockums in Japan gebaut wurden. Insofern profitierte insbesondere Saab Kockums von der Exportentscheidung, da es Vermarktungschancen öffnet in einem Rüstungssegment, das eng umkämpft ist.

Die beiden niederländischen und schwedischen Marineschiffbauer sehen sich gegenüber der niederländischen Regierung als die strategisch beste Wahl. Denn infolge ihrer Kooperation beim Bau und der nachfolgenden Betreuung wird die Schiffbauindustrie im Nachbarland gestärkt, nicht benachteiligt.

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Saab-Damen haben nach eigenen Angaben die Unterstützung und den Rückhalt wichtiger Verbände (NMT und NIDT) und ihrer Mitglieder sowie von einer umfangreichen niederländischen Industriebasis. (Grafik: Damen)

Der für die Walrus-Nachfolge vorgelegte Entwurf von Saab Kockums baut auf den Fähigkeiten der schwedischen U-Boote der Blekinge-Klasse (A26) auf. Nach Werksangaben ist das Expeditions-U-Boot der C71-Familie für Langstrecken geeignet. Was für die Niederländer ein entscheidendes Kriterium bleibt. Saab: „Das Ergebnis der Zusammenarbeit wird ein an den Kunden angepasstes U-Boot für Expeditionseinsätze sein. Damit wird sichergestellt, dass die Königliche Niederländische Marine auch weiterhin eine wichtige Rolle in europäischen Gewässern und weltweit spielen kann.“

Redaktion / hum