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Die deutsche Entwicklung zur Streitkräftegemeinsamen verbundfähigen Funkgeräteausstattung (SVFuA), deren Serienname mittlerweile SOVERON D ist, hat die Zulassung GEHEIM durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) erhalten. Diese Zulassung ermöglicht es nun, Daten und Sprache in den Einstufungsgraden Offen, VS-NfD und GEHEIM mit den SOVERON D zu übertragen. Die Bundeswehr kann somit mit diesen Funkgeräten die Führungsfähigkeit auf allen Ebenen realisieren.

 

Software Defined Radio

Bei SOVERON handelt es sich um ein Software Defined Radio (SDR). Allein das Laden einer neuen Softwarevariante und von kleineren Updates oder Applikationen auf das Modul können dementsprechend ganze Funkgerätefamilien neu einbinden. Hierdurch lässt sich auf veränderte Anforderungen zeitgerecht und kosteneffizient reagieren.

Ein weiterer Vorteil von SDRs ist die hohe Flexibilität. Sie soll sowohl den hochmobilen Funkverkehr, etwa zu einer Patrouille, als auch den hohen Breitbandbedarf für taktische Operationen sicherstellen. Die breitbandige Datenübertragung eignet sich dabei mehr für den Nahbereich, während die robuste, sichere, dafür aber schmale Kommunikation große Entfernungen abdecken kann. Hierbei stellt SOVERON D unabhängig von den gewählten Übertragungsverfahren die hochsichere Übertragung der Informationen sicher. Zudem ist die Lösung mehrlinienfähig. Bei SOVERON D lassen sich bis zu drei Funklinien einem Grundgerät betreiben und ermöglichen so den frequenzbandübergreifenden Einsatz eines Grundgeräts als Funknetzknoten.

 

Modularität für den Einsatz

Hierdurch soll SOVERON D die Grundvoraussetzungen schaffen, um die Kommunikation in der Bundeswehr im Bereich hochmobiler, interoperabler, flexibler und zuverlässiger Vernetzung sicher zu stellen. Das Funkgerät selbst stellt hierzu eine modulare, einstellbare und flexible Plattform bereit, auf die Funkkommunikationsverfahren in Form von Wellenform-Applikationen geladen werden können. Solche Applikationen lassen sich dann im Einzelfall bedarfs- und situationsgerecht anpassen oder austauschen.

Es ist etwa denkbar, dass im Einsatzgebiet erst die Kommunikation mit parallelem breitbandigem Datenaustausch benötigt wird, während später dann die lange Reichweite mit hoher Sicherheit den Anforderungen entspricht. Auf diese Verschiebungen der Anforderungen musste die Bundeswehr bisher mit verschiedenen Geräten reagieren, während sich durch SOVERON D alles in einem Modul realisieren lässt.

 

Herzstück der Wellenformen

Verschiedene Wellenformen müssen dementsprechend realisiert werden, weil keine einzelne alle Aspekte abdecken kann. Es gilt abzuwägen, ob große Datenübertragung, große Reichweite oder sichere Kommunikation benötigt werden. Breitband-Wellenformen bieten eine hohe Datenübertragung sowie den möglichen Parallelbetrieb von Sprache und Daten, hat allerdings den Nachteil der geringen Reichweite. Eine Schmalband-Wellenform soll diesen Mangel beheben. Die zusätzliche netzwerkfähige Breitband-Wellenform soll wiederum eine hohe Datenrate bieten, um das sehr hohe Datenverkehrsaufkommen, das etwa durch die Übertragung von Lagekarten entsteht, bei allen möglichen Einsatzszenarien zu bewältigen.

Da Rohde & Schwarz der nationale Partner im Industriekonsortium zur Entwicklung der europäischen Wellenform ESSOR ist, wird SOVERON D zukünftig ebenfalls die ESSOR Breitbandwellenform nutzen. Weitere Wellenformen können – ganz im Sinne der SDR-Idee – später als Software auf SOVERON D geladen werden.

 

Amerikanische Auszeichnung

Die Bundeswehr kann mit diesem Gerät also auf eine zukunftsfähige Technologien setzen, erhielt SVFuA doch Ende 2017 erst den Wireless Innovation Forum Achievement Award als „Technology of the Year“. Diese Auszeichnung wird jährlich durch das in Virginia (USA) ansässige Wireless Innovation Forum vergeben, zu dessen Mitgliedern – neben offiziellen amerikanischen Dienststellen wie der NASA oder europäischen wie ESSOR – das Who-is-Who der internationalen Verteidigungsindustrie im Bereich der Software Defined Radios (SDR) zählen, beispielsweise Airbus, Ericsson, Harris, Huawei, Indra, Nokia, Sony und die Deutsche Telekom. Dies nur zur Einordnung der Bedeutung, dass SVFuA durch ein solches Gremium zur Technology of the Year 2017 gekrönt wurde.

„Die Auszeichnung Technology of the Year wird an eine Einzelperson oder Organisation für ein bahnbrechendes Produkt oder eine bahnbrechende Technologie im Bereich Software Defined oder Cognitive Radio verliehen, die von den Mitgliedern ausgewählt wurde,“ so die Erläuterung der Jury bei der Preisverleihung. „Das Projekt SVFuA hatte zum Ziel, ein softwaredefiniertes Funksystem (SDR) für gemeinsame und kombinierte Einsätze der Bundeswehr zu entwickeln. Sie wurde im Juni 2016 erfolgreich abgeschlossen. Sowohl die Funkplattform als auch die Wellenformen wurden nach dem von WINNF unterstützten Standard Software Communications Architecture (SCA) Version 2.2.2.2 zertifiziert. Die Zertifikate zur SCA-Konformität wurden von der Wehrtechnischen Dienststelle für Informationstechnologie und Elektronik (WTD 81) ausgestellt. Damit ist die WTD 81 das erste europäische Prüflabor, das ein Zertifikat über die SCA-Konformität ausstellt und SVFuA ist das erste europäische SDR, das die SCA-Zertifizierung erhält. SVFuA ist auch das erste europäische SCA-basierte SDR-System, bei dem die Portierung von Wellenformen Dritter erfolgreich abgeschlossen wurde. Darüber hinaus ist es das weltweit erste Funksystem, bei dem die Wellenformportierung unter Wahrung der geistigen Eigentumsrechte sowohl der Plattform als auch der Wellenformlieferanten durchgeführt wurde. Rohde & Schwarz als Lead Industry Partner im SVFuA-Projekt unterstützt diesen Ansatz durch seine Wellenform-Entwicklungsumgebung. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI) hat erklärt, dass das System bis zur nationalen Klassifizierung GEHEIM (SECRET) zertifizierbar ist. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung für eine Zertifizierung bis zur NATO-Klassifizierung NATO SECRET. Als dreikanaliges Funksystem unterstützt SVFuA Multiple Independent Level of Security (MILS). Insgesamt unterstützt SVFuA das Ziel von WInnForum, die Interoperabilität von Streitkräften im Einsatz zu ermöglichen.“

 

Moderne Kommunikation

Diese Rede stammt zwar wie gesagt aus dem Dezember 2017, dennoch zeigt die Begründung den Stellenwert des deutschen Systems im weltweiten Vergleich. Die WTD 81 war das erste europäische Prüflabor, das eine solche Zertifizierung überhaupt durchführte. SOVERON D (SVFuA) ist das erste europäische Software Defined Radio, das eine Zertifizierung auf den NATO-Standard SCA erhielt und zudem noch in der Lage war, Wellenformen anderer Unternehmen aufzuspielen.

Nun ist SOVERON D zudem das erste militärische SDR, das vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnoligie bis GEHEIM zugelassen wurde. Eine durchaus sehenswerte Anzahl an Firsts für das deutsche System, sogar wenn als Vergleich die USA mit ihrem deutlich höheren eingesetzten Budget betrachtet wird.

Dorothee Frank