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Der Auftrag zum Bau der 12 neuen Minenkampfschiffe für die Marinen von Belgien und den Niederlanden wurde am 22. Mai an das belgische Konsortium BNR (Belgium Naval and Robotics), das von den beiden französischen Unternehmen Naval Group und ECA gegründet wurde, übergeben. Nachdem die Entscheidung schon Mitte März für die BNR gefallen war (die ES&T berichtete), hatte sich die Auftragsvergabe verzögert. Antwerpens Engine Deck Repair (EDR), ein Unternehmen aus dem konkurrierenden Konsortium ‚ „Sea Naval Solutions“, hatte beim (belgischen) Conseil d’Etat Berufung gegen das Verfahren eingelegt. Nach deren Rückweisung konnte das Projekt Anfang Mai das niederländische Parlament passieren. Die offizielle Auftragsvergabe erfolgte vier Tage vor den belgischen Parlamentswahlen. Der Vertrag soll in Kürze gezeichnet werden – wohl nach Konstituierung einer Regierung. Bisher geht man von einer Planungsphase von drei Jahren aus. Die erste Einheit mit Drohnen-Systemen soll im Jahr 2024 ausgeliefert werden. Ab 2025 werden die Schiffe dann abwechselnd an die Niederlande und Belgien geliefert. Die letzte Lieferung ist für 2030 geplant.

Das mit mehr als 2 Milliarden Euro bewertete belgisch-niederländische Programm, dessen Federführung in Belgien liegt (die Niederlande sind für die vier neuen Fregatten verantwortlich), sieht die Fertigstellung von je sechs MCM-Einheiten (Mutterschiffe und Drohnen) für die beiden Länder vor. Die Schiffe mit einer Länge von etwa 80 Metern und einer Verdrängung von ca. 2.800 Tonnen werden in der Bretagne von Naval Group und Piriou gebaut (über deren Joint Venture Kership). Der von ECA entwickelte „Inspektor 125“ wird Bestandteil des Programms ebenso wie ein neuartiges Start- und Bergesystem an Bord der Mutterschiffe. Darüber hinaus: autonome A18-M-Unterwasserfahrzeuge (AUV), T18-M-Schleppsonare und Minenerkennungs- und -zerstörungssysteme (MIDS)(ferngesteuerten SEASCAN- und KSTER-C-Fahrzeugen (ROV)). Alle diese Drohnen sollen vom USV „Inspector 125“ aus autonom betrieben werden können. Das Drohnen-System umfasst auch unbemannte Luftfahrzeuge (UAVs).

Das belgische Konsortium BNR verspricht ein Turnover von 4 Milliarden Euro und 7000 Arbeitsplätzen in Belgien über die nächsten 20 Jahre. Wobei den regionalen Besonderheiten des Nachbarlandes Rechnung getragen wird: in Flandern soll die wirtschaftliche Rendite 50% betragen, in Wallonien 35% und in Brüssel 15%. In Zeebrugge soll ein industrielles Kompetenzzentrum für den Minenkampf mit einer Drohnen-Produktionsanlage angesiedelt werden, in der mehr als 1500 Einheiten produziert werden sollen. Für die Instandhaltung der Schiffe soll Flanders Ship Repair (Zeebrügge) eintreten. Ein Konzeptionszentrum für das Design unbemannter Fahrzeuge soll in Brüssel entstehen.  „Der mit dem Vertrag verbundene Kooperationsplan umfasst bereits 39 belgische Partner, und die Bekanntgabe des Vertrags wird es ermöglichen, die letzten fünfzig Vereinbarungen abzuschließen“, heißt es in einer Erklärung von BNR anlässlich der offiziellen Auftragsvergabe.

Hans Uwe Mergener