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Nach Bestätigung durch den Nominierungsausschuss der Naval Group am 24. Januar soll Pierre-Eric Pommellet („PEP“), bisher bei Thales „Chief Operating Officer and Chief Performance Officer“ (die Nummer zwei des Rüstungskonzerns mit Sitz in Paris), neuer CEO der Naval Group werden und damit Hervé Guillou nachrücken, der aus Altersgründen ausscheidet (er vollendet am 24. März das 65. Lebensjahr).

Das Komitee folgt damit dem Vorschlag der +Agence des participations de l’État (APE)+, einer 2004 gegründeten Agentur der Französischen Republik, die die staatlichen Beteiligungen an nunmehr fast 90 Unternehmen verwaltet, darunter Nexter, France Telecom und KLM-Air France. Unter den bekanntgewordenen Kandidaten, die die APE zu bewerten hatte, befinden sich u.a. der Stabschef von Premierminister Edouard Philippe, Benoît Ribadeau-Dumas und der Leiter der Programmabteilung von Naval Group, Olivier de la Bourdonnaye.

Pierre-Eric Pommellets Nominierung muss nun den Verwaltungsrat der Naval Group passieren, vorgesehen am 20. Februar. Stimmen die Direktoren dieser Entscheidung zu, wird voraussichtlich im März eine Hauptversammlung stattfinden. Der neue Chef muss dann durch ein Dekret des Präsidenten der Republik offiziell ernannt werden.

Die Kür eines Thales-Mannes führt zu Spekulationen zur künftigen Ausrichtung der Naval Group. Regierungsvertreter äußerten sich beruhigend, es gäbe keine versteckte Agenda, die mit der Ernennung von „PEP“ verbunden sei. Die Strategie der Naval Group bliebe: weltweit führend bei der Konstruktion und beim Bau von Marineschiffen zu sein. Naval Group wird ein unabhängiges, autonomes Unternehmen bleiben, so werden regierungsnahe Quellen in französischen Medien zitiert. Die Gewerkschaften sprechen sich gegen die Personalie aus. Sie befürchten eine andere Ausrichtung der Naval Group. Indem die Fähigkeiten der Naval Group in der Integration sowie ihre Expertise bei Elektroniksystemen der U-Boote und Überwasserschiffen zugunsten von Thales-Produkten untergraben werden könnten und sich Thales als Systemhaus durchsetzen könnte. Was darauf hinausliefe, dass Naval Group schließlich ein reiner Schiffshüllenhersteller werden würde. Zudem, so heißt es aus Arbeitnehmervertretungen der Naval Group, „Thales verlangsamt die Entwicklungs- und Kooperationsstrategie des Unternehmens, wenn es nicht seine eigenen dient“.

Tatsächlich sind die Beziehungen von Thales und seiner 35-prozentigen Tochter  alles andere als idyllisch. Thales und Naval Group stehen bei großen Exportverträgen im Wettbewerb. Wie 2019 beim Vertrag über Minenjagdschiffe in Belgien und den Niederlanden, ein 2-Milliarden-Euro-Auftrag, den die Naval Group und die ECA zum Nachteil von Thales (und STX) erhielten. Thales sprach sich gegen das von Naval Group mit Fincantieri eingegangene Poseidon-Projekt aus, das zur Gründung des Joint Ventures Naviris führte.

Wie sein Vorgänger wird Pierre-Eric Pommellet nun (von der Gegenseite kommend) das komplexe Joint Venture mit Fincantieri überwachen müssen. Darüber hinaus die Modernisierung der Marine befördern, deren Rüstungsprogramme als überfällig gesehen werden. Gleichzeitig gilt es den als zu massiv empfundenen Kostensteigerungen entgegen zu treten. Nicht zuletzt sind diejenigen Bauprogramme, von denen man sich Exportchancen verspricht (wie die ‚Frégates de Défense et d’Intervention ‘ (FDI – Belharra)), zum Erfolg zu führen.

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Insofern könnte seine Auswahl doch auf eine Änderung der Strategie hinauslaufen. Wird er in der Lage sein, die Annäherung an Thales zu gestalten? Oder verfolgt er weiter die von Hervé Guillou entwickelte Unabhängigkeit der Naval Group?

Wobei diese Unabhängigkeit angesichts der Eigentumsverhältnisse ohnehin gesondert zu betrachten ist. Der französische Staat hält 62,25 Prozent des Konzernkapitals der Naval Group, Thales 35 Prozent, 1,73 Prozent liegen bei den Arbeitnehmern. An Thales ist der französische Staat wiederum mit 25,7 Prozent beteiligt, Dassault Aviation hält 24,6 Prozent an Thales.

Und somit liegt die Entscheidung in erster Linie bei Emmanuel Macron, der immer noch eine eigene Wahl treffen könnte. Disruptive Entscheidungen werden ihm nachgesagt. Seine Räson basiert sicherlich darauf: Naval Group soll seine Führungsrolle weiter ausbauen. Nun, das ginge so oder so.

Und es mag sein, dass Hervé Guillou erhalten bleibt. Er selbst hatte eine Übergangslösung vorgeschlagen, in der er eine nicht-exekutive Rolle einnehmen wollte – um die europäische Entwicklung des Unternehmens zu begleiten.

Hans Uwe Mergener