Dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages lagen am 16. Oktober sieben 25 Mio Euro-Vorlagen für Beschaffungsprojekte des BMVg vor. Für Transportmittel, Pilotenausbildung, Elektronik- und IT-Projekte sowie Obsoleszenzbeseitigungen hat der Ausschuss insgesamt 7,2 Milliarden Euro freigegeben. Darüber hat das BMVg in einem Übersichtsartikel informiert.
Auf ESuT.de werden in den nächsten Tagen detaillierte Informationen dazu veröffentlicht.
Herkules-Folgeprojekt
Das Projekt mit dem größten Finanzvolumen ist die Verlängerung des HERKULES-Folgeprojekts. Für den mittlerweile 12. Änderungsvertrag mit der Inhouse-Gesellschaft BWI GmbH wurden rund 6,5 Milliarden Euro aus dem regulären Verteidigungshaushalt bereitgestellt. Der Leistungszeitraum wurde bis zum 31. Dezember 2030 verlängert. Neben der Verlängerung des bisherigen Leistungsumfangs werden neue Leistungen vereinbart wie die IT-gestützte Kollaboration in der Bundeswehr (Groupware Bw) und im Bereich Künstliche Intelligenz.
Grundsätzlich werden von der BWI GmbH im HERKULES-Folgeprojekt die wesentlichen IT-Leistungen für die gesamte Bundeswehr erbracht. HERKULES war ein IT-Großprojekt zur Modernisierung der nicht-militärischen IT-Ausstattung der Bundeswehr, das 2006 begonnen wurde. Im Folgeprojekt werden die Weiterentwicklung und der Betrieb der Informations- und Kommunikationstechnik für die Bundeswehr fortgesetzt.
Wechselpritschen und Anhänger
Das logistische System wird über drei Rahmenverträge weiter ausgebaut.
1.750 Wechselpritschen werden aus einem neuen Rahmenvertrag über bis zu 4.000 Wechselpritschen als Festbeauftragung abgerufen. Finanziert mit 42 Millionen Euro aus dem Sondervermögen Bundeswehr werden die Pritschen im Zeitraum 2025 bis 2027 geliefert.
Wechselpritschen sind dem BMVg zufolge austauschbare Ladungsträger, die auf allen Bundeswehr-Fahrzeugen mit entsprechender ISO-Schnittstelle einsetzbar sind. Sie werden vor allem zum Transport von nicht-containerisiertem Stückgut genutzt. Außerdem können die bundeswehrspezifischen Fernmeldekabinen mit den Wechselpritschen transportiert werden.
Zwei Anhängertypen sollen über zwei Rahmenverträge beschafft werden. Zum einen sind 600 geländegängige Zweiradanhänger mit 3,5 Tonnen Nutzlast und zum anderen 1.680 teilmilitarisierte Vierradanhänger mit 12,5 Tonnen Nutzlast als Festbeauftragung vorgesehen. Die Lieferungen sollen noch in diesem Jahr beginnen. Da sich die Lieferungen bis 2031 hinziehen werden, sind für die Finanzierung zunächst aus dem Sondervermögen Bundeswehr und ab 2028 aus dem regulären Verteidigungshaushalt 82 Millionen Euro eingeplant.
Ausbildung Marinepiloten für neue Hubschrauber
Mit die Ausbildung von Hubschrauberführeroffizieren der Marine soll ein externes Unternehmen beauftragt werden. Es ist vorgesehen, einen Rahmenvertrag zur Aus- und Weiterbildung der Hubschrauberführeroffiziere der Marine abzuschließen. Darin soll die vollumfängliche Dienstleistung für die Dauer von sieben Jahren zum Training der Pilotinnen und Piloten für die NATO Helicopter-NH 90 Sea Lion und NH90 Sea Tiger vereinbart werden. Das Ausbildungspaket umfasse die gesamte Leistungspalette vom Aufbau und Unterhalt des Schulungsbetriebs inklusive Unterbringung und Transport des Personals über die Theorie- und Simulatorausbildung bis zum „Basic Flight Training“ inklusive Nachtflügen, schreibt das BMVg. Da auch hier der Leistungszeitraum bis 2031 reicht, werden die veranschlagten knapp 170 Millionen Euro zunächst über das Sondervermögen Bundeswehr und ab 2028 über den regulären Verteidigungsetat aufgebracht.
Nach der Beschreibung des BMVg ist der Sea Lion der neue Mehrzweckhubschrauber der Marine. Er werde vor allem bei Such- und Rettungseinsätzen (Search and Rescue, SAR) und den Transport von Personal und Material eingesetzt. Mit dem Sea Tiger werde die Marine neue Hubschrauber für ihre Fregatten bekommen, die hauptsächlich im Kampf gegen U-Boote und Schiffe eingesetzt werden können. Sowohl Sea Tiger als auch Sea Lion basieren auf der Marinevariante des NATO-Hubschraubers NH90 – ein von Frankreich, Italien, Niederlande und Deutschland gemeinsam entwickelter Mehrzweckhubschrauber.
Upgrade für den A400M
Das Transportflugzeug A400M hat bekanntlich erhebliche Verspätung gegenüber seinem ursprünglichem Lieferplan. Wegen geänderter gesetzlicher Regelungen, in Teilen veralteter Elektronik und erkannter Schwachstellen muss das Transportflugzeug angepasst werden. Dazu soll eine Vertrag zwischen Belgien, Frankreich, Deutschland, Spanien und Großbritannien – vertreten durch die Rüstungsorganisation OCCAR – und Airbus abgeschlossen werden. Nach Angabe des BMVg belaufen sich die Kosten dafür auf insgesamt rund 380 Millionen Euro, wobei auf Deutschland ein Anteil von knapp 152 Millionen Euro entfällt, die über das Sondervermögen Bundeswehr und den regulären Verteidigungshaushalt finanziert werden sollen.
Der A400M ist ein Gemeinschaftsprojekt von Belgien und Luxemburg, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Spanien und der Türkei zur Entwicklung und Beschaffung von insgesamt 170 Maschinen. Für Deutschland sind insgesamt 53 A400M vorgesehen. Die Auslieferung der deutschen Transportflugzeuge hat 2014 begonnen und soll bis 2026 abgeschlossen sein.
Neue Anlagen für den Elektronischen Kampf der Fregatten F124
Die Anlagen für den Elektronischen Kampf der drei Fregatten der Klasse F124 gehen mehr als 35 Jahren dem Nutzungsdauerende entgegen. Als Ersatz sind neue drei Bordanlagen für den Elektronischen Kampf (EK) auf den Fregatten und drei Landanlagen für Ausbildungs- und Referenzzwecke geplant. Für Beschaffung und Integration der Anlagen sind rund 230 Millionen Euro vorgesehen. Die vom BMVg genannten Finanzierung aus dem Sondervermögen und dem regulären Verteidigungsetat lässt darauf schließen, dass der Zulauf der Anlagen über 2028 hinausreicht.
Explosionsgeschützte GPS-Empfänger
Die Ausstattung mit explosionsgeschützten GPS -Empfängern wird fortgesetzt. Aus einem neuen Rahmenvertrag mit einer Laufzeit von sieben Jahren über bis zu 30.000 Geräte können 6.000 Empfänger einschließlich Zubehör als Festbestellung abgerufen werden. Deren Lieferung ist in den Jahren 2025 und 2026 geplant. Die Beschaffungskosten in Höhe von rund 43 Millionen Euro stehen im Sondervermögen Bundeswehr zur Verfügung. Zunächst sollen die GPS-Empfänger vor allem in neu zulaufendes Material integriert werden, so das BMVg.
Soweit bekannt, hat die Bundeswehr bisher explosionsresistente GPS-Empfänger (ERGR II) von Rockwell Collins Deutschland verwendet. Die Geräte wurden für sich schnell bewegende, anspruchsvolle Kampfumgebungen sowohl von Boden- als auch von Seeplattformen entwickelt. Die Robustheit gewährleistet, im Falle von Minen- oder IED-Explosionen an Ort und Stelle zu bleiben.
Einschätzung
Damit ist das erste Dutzend von 25 Mio Euro-Vorlagen nach der Sommerpause abgearbeitet. Allein der HERKULES-Vertrag sorgt für eine Belastung des regulären Verteidigungsetats in Höhe von mehr als eine Milliarde Euro in der Ausgabenkategorie Betreiberverträge. In der Kategorie Rüstungsinvestitionen landen ab 2028 rund 346 Millionen Euro. Das Sondervermögen wird mit 373 Millionen Euro belastet. Die am 16. Oktober behandelten Vorhaben enthalten keine Überraschungen, weder bezüglich der Inhalte noch der Vertragssummen. Bemerkenswert ist der weiter voranschreitende Ausbau der logistischen Ausrüstung.
Gerhard Heiming