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Das schweizerische Bundesamt für Rüstung armasuisse hat in der vergangenen Woche eine eigens beim unabhängigen Wirtschaftsforschungsinstitut BAK Economics in Auftrag gegebene Studie zur Überprüfung der Effektivität von Offsetgeschäft-Kompensationen veröffentlicht. Das Ergebnis der Auswertung von 616 Offsetgeschäften mit 194 beteiligten schweizerischen Unternehmen war, dass betroffene Unternehmen eine höhere Forschungsintensität sowie erhöhte Dynamik und Volumen im Exportgeschäft aufwiesen.

Anhand von Offsetgeschäftsdaten der Jahre 2018 bis 2021 wurde geprüft, mittels welcher Informationen die ökonomischen Auswirkungen messbar gemacht werden können und ob es Indizien für das Erreichen der Offset-Ziele gibt.

Offsetverpflichtungen sind Vertragsgegenstände, welche bei der Beschaffung von Rüstungsgütern durch die Schweiz im Ausland entstehen: Dabei wird der Lieferant verpflichtet, die Vertragssumme durch die Beteiligung der sicherheitsrelevanten Technologie- und Industriebasis (STIB) auszugleichen. Dies kann auf direktem (z.B. durch Lizenzfertigung eines beschafften Waffensystems in der Schweiz) oder indirektem (Vergabe von Forschungsaufträgen, Know-how-Transfer oder Marketingunterstützung) Wege geschehen. Im Rahmen der Beschaffung des Kampfflugzeuges F-35 verlangte beispielsweise armasuisse von Lockheed Martin 60 Prozent des Vertragswertes durch Offsetgeschäfte auszugleichen.

Insgesamt belief sich das Auftragsvolumen in der betrachteten Zeitperiode auf rund eine Milliarde Schweizer Franken, von denen acht Prozent direkten und 92 Prozent indirekten Offsetgeschäften zuzuordnen waren.

Ob sich diese Ergebnisse auf die Offset-Politik oder andere Faktoren zurückführen lassen, ließ sich anhand der gesammelten Daten allerdings nicht prüfen: Ein erhöhtes Produktionswachstum oder -niveau konnte zumindest nicht nachgewiesen werden. Den Wirtschaftsforschern zufolge bewertet jedoch fast jedes dritte der befragten Unternehmen Offsetgeschäfte als wichtig oder eher wichtig betreffend Zugang zu sicherheitsrelevanten Schlüsseltechnologien, Knowhow-Gewinn in diesen Technologien, Stärkung der Exportfähigkeit und damit insgesamt ihrer Wettbewerbsfähigkeit.

Besonders kleine und mittlere Unternehmen (KMU) profitieren der Untersuchung zufolge von Offsetgeschäften: So meldeten KMU rund 8,5 Prozent höhere Exportzahlen, während Großunternehmen nur 2,5 Prozent angaben. Dabei gilt: Je höher der Anteil am Gesamtumsatz, desto wichtiger empfanden die Unternehmen diese Verpflichtung.

Da knapp jedes vierte schweizerische Patent nach Angaben der Wirtschaftsforscher Weltklassestatus erreicht, belege die Schweiz im Bereich der Forschungseffektivität Platz eins weltweit. Von allen aktiven Patenten derzeit kommen generell ein Prozent und im sicherheitsrelevanten Technologiebereich 0,4 Prozent von schweizerischen Forschern. Dennoch gibt es hier kaum Abweichungen zwischen Unternehmen mit Offset-Beteiligungen und jenen ohne, was sich auf die Tatsache zurückführen lassen könnte, dass Innovationen in KMU weniger oft zu Patenten führen.

Während die Schweizer Wirtschaft von den dort geltenden Offset-Verpflichtungen offenbar profitiert, nutzt Deutschland dieses Instrument nicht. So sieht die deutsche Beschaffung von F-35A-Flugzeugen als Tornadonachfolge bisher keine solchen Offsetverpflichtungen vor. Kompensationsgeschäfte seien im Beschaffungsprojekt F-35A auch deshalb nicht vorgesehen, weil dies möglicherweise zu Wettbewerbsverzerrungen führen könnte, teilte ein Sprecher des Bundeswehr-Beschaffungsamtes BAAINBw auf Nachfrage mit.  Diese würden von der Bundesregierung grundsätzlich abgelehnt, was erst im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens für das Bundeswehrbeschaffungsbeschleunigungsgesetz (BwBBG) bekräftigt worden sei. Bei der Beschaffung der F-35A gehe es in erster Linie darum, eine kritische Kernfähigkeit und Dauereinsatzaufgabe der Luftwaffe zeitgerecht abzusichern.

Hierzu wird den Angaben des BAAINBw zufolge im FMS-Verfahren die Beschaffung des Waffensystems in der vorliegenden Konfiguration, die Erstausbildung in den USA sowie die logistische Unterstützung und Ersatzteilversorgung des Anfangsbetriebes in DEU für einen Zeitraum von fünf Jahren ab erster Auslieferung mit genau dieser Maßgabe vertraglich fixiert.

Etwa ab 2025 seien absehbar Folgeverträge für die dauerhafte materielle und logistische Versorgung sowie den Betrieb des Waffensystems F-35A zu verhandeln (Sustainment Contracts). „Eine Einbindung von nationaler Industrie dabei ist Stand heute ausdrücklich nicht ausgeschlossen“, so der Sprecher.

Redaktion /bf /oh