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Am 15. Februar kündigte die französische Regierung an, das Zwei-Prozent-Ziel der Atlantischen Allianz für die Verteidigungsausgaben als Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) nicht, wie ursprünglich geplant, erst im nächsten Jahr, sondern mit 47,2 Milliarden Euro bereits für 2024 zu erreichen. Am selben Tag erklärte der „Ministre des Armées“ Sébastien Lecornu anlässlich des Treffens der NATO-Verteidigungsminister in Brüssel: „Frankreich ist ein verlässlicher Verbündeter. Es hat die 2014 eingegangene Verpflichtung erfüllt und wird im Jahr 2024 mehr als zwei Prozent des BIP für die Verteidigungsanstrengungen aufwenden.“

Während Frankreich in den vergangenen zehn Jahren bereits einmal – 2020 – das Zwei-Prozent-Ziel erreicht hatte, wird es für Deutschland das erste Mal seit 1991 sein, dass es 2024 diesen Wert – Dank des Sondervermögens Bundeswehr – erreicht. Dabei ist sich vor Augen zu halten, dass diese Entwicklung vor dem Hintergrund des sich intensivierenden Präsidentschaftswahlkampfes in den USA stattfindet, wo die finanzielle Lastenteilung mit den europäischen Verbündeten ein wichtiges Thema ist.

Lecornu verweist in diesem Zusammenhang nicht nur darauf, dass beim NATO-Gipfel 2014 in Wales unter dem Eindruck der gewaltsamen Annexion der ukrainischen Krim durch Russland das Zwei-Prozent-Ziel BIP-Anteil verabredet worden ist. Vielmehr sagt er: „Ich möchte Sie daran erinnern, dass die NATO auch allen ihren Mitgliedern einen Indikator gibt, der weniger bekannt ist, nämlich die Zahl von 20 Prozent. Frankreich liegt bei den Militärinvestitionen bei 30 Prozent und damit zehn Punkte über diesem Indikator.“

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Sébastien Lecornu (li.) mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg (re.) während des jüngsten Verteidigungsministertreffens in Brüssel. (Foto: NATO)

Rückblicke

Um wieder einmal darauf hinzuweisen: Einerseits ist das Zwei-Prozent-Ziel von Wales formal eine Absichtserklärung und keine vertragliche Verpflichtung. In der Gipfelerklärung von 2014 steht, dass die Bündnispartner, deren Anteil vom BIP unter dem Richtwert liegt, „sich innerhalb von zehn Jahren auf den Richtwert von zwei Prozent zubewegen“ würden. Andererseits würde die Nichterfüllung dieses Zieles die konventionelle Abschreckungsfähigkeit der NATO schwächen und damit realpolitisch ein fatales Signal an Russland senden.

In der Gipfelerklärung von 2014 ist außerdem nachzulesen, dass die Bündnispartner darauf abzielten, „ihre jährlichen Investitionen (für neues Großgerät einschließlich damit zusammenhängender Forschung und Entwicklung) innerhalb von zehn Jahren auf 20 Prozent oder mehr der gesamten Verteidigungsausgaben zu erhöhen.“

In 2015, dem ersten Jahr nach den Beschlüssen von Wales, betrug der BIP-Anteil Frankreichs 1,78 Prozent. Zum Vergleich: Der deutsche Anteil lag damals bei nur 1,19 Prozent. 2019 – gleichsam zur Halbzeit – gab die Regierung in Paris 1,81 Prozent des nationalen BIP für Verteidigung aus. Der entsprechende Beschluss der Regierung in Berlin ergab 1,35 Prozent. Wieder vier Jahre später – 2023 – betrug der französische Wert 1,90 Prozent und der deutsche Wert 1,57 Prozent. Bei diesem binationalen Vergleich sind allerdings die kostspieligen Atomwaffenarsenale und postkolonialen Interventionsverpflichtungen Frankreichs gegenüber dem Globalen Süden zu berücksichtigen.

Dr. Gerd Portugall