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Nach Jahren der Unsicherheit erhält das Lenkflugkörpersystem IDAS für U-Boote der Deutschen Marine endlich wieder Aufwind. Mit 67 Millionen Euro aus dem Verteidigungshaushalt ist die Entwicklung und Qualifizierung bis 2029 gesichert. Was IDAS leistet und warum das Projekt trotz Rückschlägen nun als strategisches Schlüsselvorhaben gilt, erfahren Sie hier.

Das Interaktive Verteidigungs- und Angriffssystem für U-Boote (IDAS) revolutioniert die maritime Sicherheit. thyssenkrupp Marine Systems und Diehl Defence entwickeln einzigartige Verteidigungssysteme für U-Boote (Foto: tkms)

Infolge der bundeswehrrelevanten Haushaltsentscheidungen vom 18. Dezember letzten Jahres scheint das Vorhaben Interactive Defence and Attack System for Submarines (IDAS) nun wieder Fahrt aufzunehmen. Die ‚Entwicklung des Lenkflugkörper See/Luft (IDAS)‘ gehörte zu den 38 Vorlagen mit jeweils einem Volumen von mehr als 25 Millionen Euro, die der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages in der letzten Sitzung des Jahres billigte. Woraufhin das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) zum Ende des Jahres einen Vertrag mit thyssenkrupp Marine Systems und Diehl Defence zur Entwicklung und Qualifizierung eines Lenkflugkörper-Systems zur aktiven Selbstverteidigung von U-Booten schloss. Dies geht aus einer Pressemitteilung von thyssenkrupp Marine Systems vom 22. Januar 2025 hervor.

Unterwasser IDAS (Foto: Diehl)

IDAS ermöglicht es U-Booten, Bedrohungen aus der Luft aktiv zu bekämpfen, ohne die eigene Position preiszugeben. Der 2,80 Meter lange, etwa hundert Kilogram schwere Lenkflugkörper, dessen Durchmesser 18 Zentimeter beträgt, wird in einem Ausstoßbehälter gelagert, der vier Flugkörper aufnehmen kann.

Das System IDAS (Foto: Diehl)

Sie werden mit Hilfe eines voll integrierten, separaten Schubkolbensystems für jede Rakete einzeln aus einem Torpedorohr ausgestoßen. Unter Wasser bewegt sich der Flugkörper ohne zusätzliche Schutzhülle. Sobald er die Wasseroberfläche durchbricht, beschleunigt er auf die Marschgeschwindigkeit von ca. 200m/sec (ca. 720 km/h). Durch die permanente Datenverbindung behält das U-Boot während des gesamten Einsatzes die Kontrolle über den Flugkörper. So werden taktische Finessen, wie Zielwechsel oder Einsatzabbruch möglich. Ein Autopilot und ein Infrarotsuchkopf ermöglichen die autonome Bekämpfung der Ziele. Der mehrrollenfähige Flugkörper kann nicht nur zur Selbstverteidigung gegen Bedrohungen aus der Luft, sondern auch zur Bekämpfung von Schiffen und zur Wirkung gegen küstennahe Landziele eingesetzt werden.

Beladevorgang für das Unterwasser-System IDAS (Foto: Diehl)

Der Ausstoßbehälter hat die Abmessungen eines typischen Schwergewichtstorpedos. Dies ermöglicht eine einfache Integration in neue U-Boot-Projekte sowie in Nachrüstungslösungen für bestehende U-Boote.

Schematische Darstellung des Einsatzs eines IDAS-Lenkflugkörpers (Foto: IDAS Consortium)

Der lange Weg …

Die Entwicklung geht auf die Mitte der 2000er Jahre und auf eine Arbeitsgemeinschaft aus Diehl BGT Defence, Howaldtswerke Deutsche Werft (HDW) und der norwegischen Firma Kongsberg zurück. Ein Prototyp absolvierte 2006 seinen Testflug erfolgreich. Wegen seines innovativen technologischen Konzepts – zuverlässiger Einsatz eines Lichtwellenleiters in und über Wasser, und Fortbewegung im Wasser ohne Schutzhülle – wurde das System im November 2007 mit einem Technologiepreis der wehrtechnischen Industrie ausgezeichnet. Nach vorherigen landgestützten Versuchen wurde IDAS bereits am 29. Mai 2008 zum ersten Mal von einem U-Boot gestartet. Der Versuch mit dem deutschen U-Boot U33, einer Einheit der Klasse 212A, verlief erfolgreich.

Der Einsatzablauf von IDAS (Grafik: tkMS)

In der Nachfolge der HDW setzten thyssenkrupp Marine Systems und Diehl Defence als Konsortium die Arbeit an IDAS fort, 2012 als ein Initial Development Program (IDP). Im Mai 2013 schlossen sie eine Kooperationsvereinbarung mit der türkischen Roketsan, welche die Verantwortung bei der Entwicklung und Qualifikation des IDAS-Gefechtskopfes übernahm. Gleichzeitig wurde die norwegische Firma Nammo, ein führender Anbieter von Antriebs- und Raketensystemen, als Partner für die Entwicklung des Antriebssystems von IDAS gewonnen. Im Jahr 2016 wurden Be- und Entladetests des Systems und später auch Auswurftests auf HNoMS „Uredd“, einer norwegischen Ula-Klasse, erfolgreich durchgeführt. Das Konsortium schloss die IDP mit technischen Entwicklungstests im Mai 2017 in Zusammenarbeit mit der Königlich norwegischen Marine ab.

– und nun eine Zuteilung in Höhe von 67 Millionen Euro für die Entwicklung

In Deutschland stiegen 2019, ausgelöst durch die Auswahlentscheidung des Generalinspekteurs der Bundeswehr, Eberhard Zorn, die Hoffnungen auf baldige Realisierung des Projekts. Im Juni 2022 keimte durch die Aufnahme von IDAS in den Wirtschaftsplan des Sondervermögens Bundeswehr neue Hoffnungen. Was sich allerdings als Strohfeuer entpuppte, da das Projekt bereits im Oktober 2022 wieder aus der Haushaltsplanung herausgenommen wurde. Obwohl keine spezifischen Gründe für diese Entscheidung öffentlich gemacht wurden, könnten allgemeine haushaltspolitische Herausforderungen, wie die Einhaltung der Schuldenbremse und die Notwendigkeit, finanzielle Mittel angesichts der wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie und anderer unvorhergesehener Ereignisse neu zu priorisieren, eine Rolle gespielt haben. Umso überraschender der jetzige Impetus. Inzwischen wurden Finanzmittel aus dem regulären Verteidigungshaushalt (Einzelplan 14) für „die Entwicklung und Qualifizierung einer Lenkflugkörper-Einheit bestehend aus Lenkflugkörper und Ausstoßgerät zur aktiven Selbstverteidigung von U-Booten gegen Angriffe aus der Luft“ bewilligt. Dazu wurde auch eine überplanmäßige Verpflichtungsermächtigung für Kapitel 1404 Titel 551 11 in Höhe von fast 283 Millionen Euro erteilt, die es ermöglicht, über den ursprünglichen Haushaltsansatz hinaus finanzielle Verpflichtungen für dringende oder strategisch wichtige Projekte einzugehen. Aus der Differenz zum ursprünglichen Ansatz für Wehrtechnische Entwicklung und Erprobung lassen sich Kosten in Höhe von 67 Millionen Euro für das Projekt IDAS ableiten. Der Titel ist bis ins Haushaltsjahr 2029 ausgewiesen.

Früheren Informationen zufolge könnten Entwicklung und Qualifizierung des Flugkörpers bis 2029 abgeschlossen sein. Damit stünde das System 23 Jahre nach dem Erstflug des Prototyps gerade noch rechtzeitig für den geplanten Termin der Einsatzfähigkeit von IDAS auf den U-Booten der Deutschen Marine zur Verfügung.

Hans-Uwe Mergener