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Foto: Bundeswehr

Am 9. Juni begann der „Anfangsflugbetrieb“ mit dem neuen Marinehubschrauber Sea Lion. In Gegenwart des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesverteidigungsministerium, Thomas Silberhorn, und seines Amtskollegen im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, Enak Ferlemann, hob der Sea Lion mit der Seitennummer 7953 am Vormittag mit seiner Marinebesatzung vom Stützpunkt der Marineflieger in Nordholz ab. Die Maschine ist einer der drei NH90 NTH (NATO Helicopter 90 Naval Transport Helicopter), die die Marine am 27. Mai offiziell vom Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAIINBw) übernommen hatte (ESuT berichtete).

Mit einem Festakt soll am 25. Juni die Übernahme des Sea Lion feierlich begangen werden, denn seine Einführung stellt einen Generationswechsel im Hubschrauberbetrieb der Marine dar. Er ersetzt den seit Mitte der 1970er Jahre genutzten Mehrzweck-Transporthubschrauber Sea King Mk41. Wie der Vorgänger werden die Maschinen des Sea Lion im Marinefliegergeschwader 5 (MFG 5) geführt werden.

Mit der Aufnahme des Flugbetriebes erreicht das Waffensystem einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur Einführung des Waffensystems. Der Weg bis hierher war steinig. Nach der Übernahme durch die Beschaffungsbehörde am 24. Oktober 2019 folgte im November schon sein Grounding (s. ESuT) wegen „erhebliche Fehler bei der technischen Dokumentation genannt. „Es kann los gehen!“ twitterte der Kommandeur Marineflieger, Kapitän zur See Thorsten Bobzin, am 7. Juni. Die vollständige Einsatzbereitschaft der Hubschrauber wird 2023 erwartet.

 

Neuer Mehrzweckhubschrauber

Der NH90 NTH Sea Lion ist der neue Mehrzweckhubschrauber der Marine. Er geht zurück auf den NATO Frigate Helicopter (NHF), der in der französischen und spanischen Marine als Caiman und darüber hinaus in den Marinen Belgiens, Italiens, der Niederlande und Norwegens sowie Australiens (dort als Taipan) eingesetzt wird. In Australien nutzt die Marine sechs Maschinen aus einem Pool von insgesamt 46 des australischen Heeres in einer Art Timeshare.

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Foto: Bundeswehr

Die Marine wird den Sea Lion vor allem für taktische Transportaufgaben von Personal (einschließlich Spezialkräften und spezialisierten Kräften) und Material, Seeraumüberwachung, militärischen wie zivilen Such- und Rettungsmissionen (SAR = Search and Rescue) über See, (medizinische) Evakuierungen und Boarding nutzen. Bis zu 20 Personen finden im NH90 NTH Sea Lion Platz. Für SAR-Flüge hat er eine Rettungswinde und eine spezielle medizinische Ausstattung. Sea Lion kann sowohl von Land über See als auch von Bord der Einsatzgruppenversorger der Klasse 702 operieren.

Zu den Sensoren des Sea Lion gehört ein 360-Grad-Seeraum-Überwachungsradar, Infrarot- und Videokameras kombiniert mit Laser-Entfernungsmesser sowie Sensoren für gegnerische Radare. Eine taktische Konsole verarbeitet die Sensordaten und tauscht sie mit anderen Schiffen und Flugzeugen der Flotte aus. Diese Ausrüstung macht den NH90 NTH zum Aufklärungshubschrauber.

Der Sea Lion eignet sich obendrein ideal für den Einsatz von Boardingsoldaten oder Spezialkräften. Begibt sich der Helikopter dabei in eine Risikozone, wird er mit schweren Maschinengewehren bewaffnet. Zum Eigenschutz in solchen Situationen ist er mit Täuschkörpern ausgestattet.

Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hatte am 4. März 2015 die Beschaffung von 18 Marinehelikoptern NH-90 Sea Lion gebilligt. Die Kosten betragen knapp 1,4 Milliarden Euro. Bis 2022 sollen alle Maschinen auf dem Marinefliegerhorst Nordholz sein.

 

blankEin Muster = Synergie

Im August 2019 wurde die Auswahlentscheidung zum neuen Bordhubschrauber der Marine getroffen. Ab 2025 soll die NH90-Variante Sea Tiger den seit 1981 in der Marine eingesetzten Sea Lynx Mk 88A ersetzen. Damit kann die Marine Synergien in Ausbildung, Logistik und Wartung Kapital erreichen. Das betrifft auch das Personal. Synergieeffekte bei der Entwicklung von Verfahren sowie bei logistischen und technischen Lösungen könnten sich marine- wie auch bundeswehrweit ergeben, womit Lasten zu geteilt werden können. Darüber hinaus eröffneten sich auch international Möglichkeiten zum Austausch von Erfahrungen und Know-how bis hin zu Kooperationen.

Hans Uwe Mergener