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Anfang vergangenen Jahres hat das Verteidigungsministerium seine Absicht bekanntgeben, F/A-18F Super Hornets als Ersatz für den Tornado in seiner Rolle als Trägerflugzeug von Nuklearwaffen zu beschaffen. In einer Antwort der Bundesregierung vom 29. September auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion hat das BMVg jetzt seine Kriterien für die Auswahl der Tornado-Nachfolge erläutert.

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Zweisitziges Mehrzweckkampfflugzeug Panavia 200 ( PA-200 ) Tornado auf der Mountain Home Air Force Base (Idaho/USA). ©Bundeswehr/Rott.

Die Auswahl der Kampfflugzeuge basiere auf drei grundlegenden Kriterien, schreibt das Ministerium.

  • Erstens: „Deutschland erhält seine NATO-Fähigkeiten bruchfrei und hält mithin seine Zusagen gegenüber der NATO ein. Für den Fähigkeitsübertrag bedarf es der Einführung zeitnah marktverfügbarer Waffensysteme.“
  • Zweitens: „Die deutsche und die europäische wehrtechnische Industrie werden ausgelastet. Es sollen technisches und industrielles Know-how in Deutschland und Europa erhalten bleiben und neue Entwicklungen gefördert werden.“
  • Drittens: „Die Zukunft der Luftwaffe wird das europäisch entwickelte und gebaute Next Generation Weapon System (NGWS) in einem Future Combat Air System (FCAS) sein.“

Auf Basis dieser Kriterien wurden vier Kampfflugzeugmuster näher betrachtet. Dies waren der Eurofighter, die F-15 von Boeing, die F-18 von Boeing und die F-35 von Lockheed Martin. Die Auswahl wurde 2019 auf den Eurofighter und die F-18 eingegrenzt. Mit dem fachlichen Vorschlag des BMVg vom April 2020 folgten dann auch konkrete Zahlen. Demnach sollen als Ersatz für den Tornado 40 Eurofighter (Rolle: Luft-Boden) mit einer Option auf 15 weitere, 30 F/A-18F Super Hornets (Rolle: Nukleare Teilhabe) und 15 EA-18G Growler (Rolle: Elektronischer Kampf) beschafft werden.

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Die F/A-18 Super Hornet wird vom BMVg als Tornado-Nachfolger in der Rolle der nuklearen Teilhabe präferiert. Foto: Pixabay

Diese Entscheidung wurde laut BMVg auf Grundlage der besser abschätzbaren und damit kalkulierbaren Risiken und einer besseren Prognose der Kosten- Nutzenrelation gegenüber den Modellen F-15 und F-35 getroffen. Für die F-18 sprechen zudem operationelle Erwägungen und Aspekte der Flugsicherheit, vor allem im Hinblick auf die zu erfüllende Rolle der nuklearen Teilhabe, wie das BMVg schreibt. In dem Papier heißt es, dass von den untersuchten Flugzeugmustern unter den betrachteten Einsatzszenarien lediglich der Verbund aus F/A-18F und EA-18G ein hohes Maß an Durchsetzungsfähigkeit und Überlebensfähigkeit gewährleisten könne.

Mit Blick auf die mögliche Beschaffung der F-35 sah man in Berlin die Gefahr, ein politisches Signal der Abkehr vom europäischen Zukunftsprojekt NGWS/FCAS zu senden. Darüber hinaus würde eine Beschaffung von F-35-Kampflugzeugen dazu führen, dass diese mit ihren Fähigkeiten in FCAS integriert werden müssten, heißt es in der Antwort. Dies würde das Projekt deutlich verkomplizieren. Auch in der Tarnkappentechnologie der F-35 sieht das Verteidigungsministerium keine unabdingbare Fähigkeit. Die reduzierte Signatur sei nur unter bestimmten Bedingungen und in einem eingeschränkten Bereich wirksam, sodass die dadurch entstehenden Nachteile in der Zuladung und der Leistung teuer erkauft würden.

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F-35 der US-Streitkräfte. Das BMVg entschied sich gegen dieses Kampfflugzeug der 5. Generation.
Foto: KasztanRudy / CC BY-SA 4.0

Ob der Aspekt einer harmonisierten Beschaffung mit den anderen europäischen Partnern, die auch das Konzept der nuklearen Teilhabe betreiben, eine Rolle gespielt hat, ist nicht ersichtlich. Von den fünf Staaten betreiben oder planen bereits Italien, die Niederlande und Belgien eine F-35-Flotte. Nur Deutschland und die Türkei werden sich hier wohl anders aufstellen.

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Zweisitziges Mehrzweckkampfflugzeug Panavia 200 ( PA-200 ) Tornado in der Nähe der Mountain Home Air Force Base (Idaho/USA) im Flug ca. 45,3 Meter . ©Bundeswehr/Rott

Infolge des fachlichen Vorschlags des BMVg vom April 2020 wurden laut der Bundesregierung weitere Schritte unternommen, um eine zügige Beschaffung und Zertifizierung der amerikanischen Modelle vorzubereiten. Die finale Entscheidung des Bundestages über die Beschaffung sollte gemäß BMVg Ende 2022 oder Anfang 2023 getroffen werden, um einen nahtlosen Fähigkeitserhalt über das Nutzungsdauerende des Tornados im Jahr 2030 sicherstellen zu können.

Es bleibt jedoch abzuwarten, ob die Entscheidung des Parlaments tatsächlich zu diesem Zeitpunkt kommen wird. Aufgrund der Rolle der nuklearen Teilhabe die der Tornado erfüllt, ist die Nachbeschaffung politisch sehr aufgeladen und auch eine der bedeutendsten der noch jungen Legislaturperiode. Insbesondere unter Berücksichtigung der neuen Mehrheiten im Bundestag ist eine Entscheidung für die Fortsetzung der nuklearen Teilhabe alles andere als sicher. Nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen werden sich die zukünftigen Regierungsparteien bei dieser Frage grob geeinigt haben müssen, insofern sie als Regierung geschlossen und entschlossen auftreten wollen.

Ole Henckel