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Bei einer Weltpremiere hat Mercedes-Benz im G-Class Experience Center in Graz die neue Generation der G-Klasse für Anwendungen der Streitkräfte und von Sicherheitskräften potenziellen Kunden und der Presse vorgestellt. Die Geländewagen basieren auf der Baureihe 464, die vor zwei Jahren für zivile Anwendungen in Serie gegangen ist.

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Station Wagon (BA06) werden die wichtigste Variante der neuen G-Klasse , Foto: Heiming

Die neuen Fahrzeuge werden ab Werk mit militärischen Applikationen ausgerüstet, die Mobilität und Zuverlässigkeit steigern und eine einfache Bedienung durch Militär- und Sicherheitskräfte ermöglichen. Die vorgestellten Varianten waren mit einem 163-kW-Reihen-Dieselmotor (Euro 3) ausgestattet, der ein Drehmoment von 600 Nm entwickelt. Trotz der Leistungssteigerung sinkt der kombinierte Verbrauch auf unter neun Liter pro 100 km. Als Höchstgeschwindigkeit gibt Mercedes-Benz 120 km/h an. Dank automatischem Getriebe, zuschaltbaren Differential-Sperren (längs und quer) und elektronischer Assistenten ist das neue G-Modell auch unter schwierigen Umgebungsbedingungen gut zu handhaben.

Davon konnten sich die Teilnehmer der Weltpremiere an Bord der G-Klasse persönlich überzeugen. Zum Fahrprogramm gehörten Steilstrecken mit bis zu 100 Prozent Steigung bzw. Gefälle auf unbefestigten, befestigten und betonierten Pisten, in Schlamm und tiefem Wasser sowie Fahrmanöver bei extremer Kurvenfahrt auf Straße.

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Das Chassis mit Kabine (BA09) wird als Trägerfahrzeug für Missionsausstattungen genutzt. Foto: Heiming

Dem gesteigerten Bedarf an elektrischer Energie wird Rechnung getragen durch ein 24-Volt-Netz, das parallel zum 12-Volt-Netz für die Fahrzeugtechnik eingerichtet ist. Zwei Generatoren stellen die Energie zur Verfügung, wobei allein der 24-V-Generator 3,8 kW leistet. Die elektrischen Verbraucher sind nach den geltenden Normen vor elektromagnetischer Abstrahlung geschützt.

Im Betrieb werden die Aggregate durch Überwachungssoftware im zulässigen Betriebsbereich gehalten, um Ausfälle durch Beschädigung (z.B. durch Überhitzung oder Schmierstoffmangel) zu vermeiden. Um in Notfällen – wie etwa dem Entkommen aus einer Gefahrensituation – Betriebseinschränkungen zu unterbrechen, kann die Überwachung mit einem Notschalter (Emergency override switch, EOS) abgeschaltet und die Weiterfahrt ermöglicht werden, wenn auch mit dem Risiko eines schweren Maschinenschadens.

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Die Station Wagon konnten am Steilhang mit bis zu 100 Prozent Steigung ihr Leistungsvermögen demonstrieren. Foto: Heiming

Durch neue Konstruktions- und Produktionsmethoden konnte die frei verfügbare Nutzlast deutlich gesteigert werden – eine bedeutende Kundenforderung aus vorangegangenen Nutzerkonferenzen. Der Station Wagon (Bauausführung BA 06) mit geschlossener Kabine und vier Sitzplätzen – vorrangig für die Wahrnehmung von Führungs- und Verbindungsaufgaben – bietet bei 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht eine Nutzlast von 1,1 Tonnen. Das Fahrgestell mit zweisitzigem Fahrerhaus (BA 09) ist für die Aufnahme von Aufbauten von Systemfirmen mit einer Drei-Punkt-Lagerung ausgestattet und bei 4,8 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht für eine Nutzlast von 2,4 Tonnen ausgelegt.

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Eine geschützte Variante der neuen G-Klasse als Machbarkeitsstudie mit Kabine von Plasan. Foto: Heiming

Als dritte Variante wurde eine geschützte G-Klasse (BA 06) präsentiert, die mit einer gepanzerten Kabine und vier Minenschutzsitzen von Plasan ausgestattet ist. Die Machbarkeitsstudie ist mit verstärkten Achsen versehen und erreicht ein Gesamtgewicht von über sechs Tonnen. Auslegung und Ausstattung des geschützten Fahrzeugs entsprechen bekannten militärischen Forderungen.

Zugeschnitten auf die Anforderungen der Kunden sollen die neuen G-Klassen in den drei vorgestellten Hauptversionen produziert werden. An erster Stelle steht – an Stückzahlen gemessen – der Station Wagon (BA 06). Die nächstkleinere Produktionsmenge wird für das Fahrgestell mit zweisitzigem Fahrerhaus (BA09) erwartet. An dritter Stelle steht mit den vermutlich geringsten Stückzahlen die geschützte Version.

Für die neuen Fahrzeuge gibt es noch keine Produktionsaufträge. Eine zweistellige Anzahl von Prototypen ist hergestellt. Der Serienanlauf könnte 2022 erfolgen. Konkretes Interesse besteht bei Streitkräften in Nord- und Südeuropa sowie in Nordamerika, wie aus Gesprächen mit Daimler-Vertriebsleuten hervorging. Insbesondere der Station Wagon trifft auch die Anforderungen der Bundeswehr, die nach einer kürzlich erfolgten größeren Beschaffung von so genannten G-Klasse Greenlinern die Bestände in dieser Fahrzeugklasse weiter ausbauen will.

Die neue Generation der G-Klasse bietet deutliche Leistungssprünge in allen Kategorien. Das Leistungsvermögen erreicht oft physikalische Grenzen. Um das Potenzial gerade in Grenz- oder Gefahrensituationen nutzen zu können, ist eine gründliche Ausbildung der Kraftfahrer notwendig, die Mercedes-Benz optional anbietet.

Gerhard Heiming