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Aufgrund der kürzlichen Weltpremiere der neuen Mercedes-Benz G-Klasse für das Militär (ESuT berichtete) bietet sich ein Blick in die Vergangenheit dieses ikonischen Fahrzeugs an. Nicht nur viele Streitkräfte haben die G-Klasse eingeführt, sondern auch die zivile Variante ist und bleibt ein Verkaufsschlager.

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Fallschirmjäger in einem Wolf mit eingerüstetem MG3, Foto: Julian Herzog / CC Lizenz

Ursprung der G-Klasse

Ursprung der Entwicklung der G-Klasse ist die Suche der Bundeswehr nach einem neuen leichten geländegängigen Allradfahrzeug zu Beginn der 1970er Jahre. Dieses sollte den in die Jahre gekommenen so genannten MUNGA (Mehrzweck-Universal-Geländewagen mit Allrad) der Firma DKW ablösen. Die Daimler AG bewarb sich mit der G-Klasse. Diese wurde von der Gelände-Fahrzeug-Gesellschaft (GFG) entwickelt, einem Joint Venture zwischen der Daimler-Benz AG und der Steyr-Daimler-Puch AG. Dieses Gemeinschaftsunternehmen wurde bereits 1982 wieder aufgelöst. Von da an übernahm Daimler-Benz das gesamte Projekt. Die Ausschreibung gewann jedoch die Konkurrenz in Form von VW mit dem Typ 183, besser bekannt als ILTIS.

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Bundeswehrsoldaten in einem ungeschützten Wolf in Afghanistan. Foto: Bundeswehr

Mitte der 1980er suchte die Bundeswehr dann erneut ein Fahrzeug, welches den ILTIS (LKW 0,5 t), den Kraka (LKW 0,75 t) sowie den VW Typ 181 (PKW 0,4 t) ersetzen sollte. Anfang der 1990er Jahre fiel die Entscheidung dann auf die Daimler-Benz AG, die sich mit dem Mercedes-Benz 250 GD der Baureihe W 460 beworben hatte. Der Auftrag umfasste die Lieferung von 12.500 Fahrzeugen. Nach der Durchführung eines Wettbewerbs zur Namensfindung innerhalb der Bundeswehr erhielt das neue Fahrzeug intern den Namen „Wolf“.

Noch vor der Einführung in die deutschen Streitkräfte hatte sich 1982 die Schweizer Armee für die Einführung der G-Klasse entschieden. Zudem wurde die G-Klasse auch bei vielen Sicherheitsbehörden, wie zum Beispiel beim Bundesgrenzschutz (heute Bundespolizei) im Jahr 1980 eingeführt. Über die Zeit fand die G-Klasse Einzug in über 20 Armeen und verschiedenste Sicherheitsbehörden.

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Fallschirmjäger in Luftlande-Wölfen. Diese müssen zeitnah ersetzt werden. Foto: Bundeswehr

Variantenreich wie kaum ein anderes Fahrzeug

Zunächst war die G-Klasse in der Bundeswehr als Führungs- und Verbindungsfahrzeug vorgesehen. Schnell wurden aber viele weitere Varianten eingeführt, da sich die Plattform aufgrund der hohen Mobilität im Gelände, der kompakten Abmessungen und der damit einhergehenden Luftverladebarkeit als extrem vielseitig erwies. So wird die G-Klasse unter anderem als Trägerfahrzeug für den Mörser 120 mm eingesetzt, als Träger für das Waffensystem Milan oder als Sanitätsfahrzeug.

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Komandosoldaten in einem AGF Serval, Foto: Bundeswehr

Aufgrund der zunehmenden Auslandseinsätze der Bundeswehr seit den 1990er Jahren bedurfte es einer Weiterentwicklung der Fahrzeuge sowohl in Bezug auf ihre Panzerung als auch auf ihre Fahrleistung durch das zusätzliche Gewicht. Zunächst wurde mit nachgerüsteten ballistischen Schutzplatten und Panzerglasscheiben Abhilfe geschaffen. Mit dem Wolf SSA (Sonder-Schutz-Ausstattung) gab es erstmals eine ab Werk gepanzerte Version der G-Klasse für den militärischen Bereich. Diese bietet Schutz gegen den Beschuss mit Handwaffen. Zudem kann am Unterboden ein Landminenschutz angebracht werden.

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Wolf SSA in Afghanistan, Foto: Bundeswehr

Basierend auf den Erfahrungen mit dem Wolf SSA wurde dann der LAPV „Enok“ (LAPV steht für Light Armoured Patrol Vehicle) entwickelt. Die ersten Fahrzeuge dieses neuen Typs wurden der Bundeswehr zur Erprobung im Jahr 2009 übergeben. Seitdem wurden rund 250 Stück in verschiedenen Ausführungen beschafft.  Durch die verbaute Ganzstahl-Fahrgastzelle bietet der Enok einen hohen ballistischen Rundumschutz. Zudem wurde das Fahrzeug im Vergleich zum Wolf SSA höhergelegt und verfügt über eine höhere Motorisierung. Zur Selbstverteidigung kann eine fernbedienbare Waffenstation oder eine Drehringlafette verbaut werden. Trotz des deutlich gestiegenen Gewichts (5,4 t) ist der Enok immer noch durch die Transporthubschrauber CH 53 und CH 47 verlegbar.

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Enok der Bundeswehr, Foto: Matti Blume / CC Lizenz

Weitere Sonderversionen der G-Klasse wurden auf Grundlage der Bedürfnisse von Spezialkräften in den Dienst gestellt. Für die Spezialkräfte des Heeres der Bundeswehr wurde das Aufklärungs- und Gefechtsfahrzeug „Serval“ entwickelt. Das Fahrzeug zeichnet sich durch eine hohe Geländegängigkeit sowie Robustheit aus. Im Vergleich zum Wolf, ist es beim Serval möglich, ein schweres Maschinengewehr oder eine Granatmaschinenwaffe sowie weitere Maschinengewehre des Typs MG3 oder MG5 einzurüsten.

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Enok als Variante für die Feldjäger, Foto: Bundeswehr

Die G-Klasse als Exportschlager

Neben der breiten Nutzung innerhalb der Bundeswehr, kauften auch viele andere Nationen die G-Klasse in verschiedensten Versionen für ihr Streitkräfte. Neben vielen europäischen Kunden beschafften sogar die USA einige dieser Fahrzeuge, die durch das US Special Operations Command (USSOCOM) genutzt wurden und auch bei den U.S. Marines unter dem Namen „Interim Fast Attack Vehicle“ (IFAV) Verwendung fanden. Weitere Nutzer sind zum Beispiel Argentinien, Ägypten, Australien, Singapur oder Malaysia. Die G-Klasse ist also so gut wie in jedem Teil der Erde zu finden.

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Wolf als Außenlast am NH90, Foto: Bundeswehr

Weitere Entwicklung

Mit der kürzlich erfolgten Weltpremiere der neuesten Generation der militärischen G-Klasse, basierend auf der Baureihe 464, die vor zwei Jahren für den zivilen Markt in Serienfertigung ging, will Mercedes die Zukunftsfähigkeit dieses erfolgreichen Fahrzeugs sicherstellen. Inwieweit diese neue Generation eine Rolle bei der Suche der Bundeswehr nach einem Ersatz für die alten Luftlande-Wölfe der Fallschirmjägertruppe spielt, ist noch unklar. Sicher ist jedoch, dass es einen zeitnahen Ersatz im Rahmen des Projekts „Luftlandeplattformen“ benötigt, da die Nutzungsdauer der Wölfe 2023 endet. Zudem hat man im BMVg das Ziel eine Vereinheitlichung des Fuhrparks mit der 11. Luchtmobielen Brigade der Niederländer zu schaffen, da diese in die Division Schnelle Kräfte der Bundeswehr im Rahmen der deutsch-niederländischen Kooperation eingegliedert wurde. Die Niederländer entschieden bereits 2018 ihre veralteten Gefechtsfahrzeuge, die ebenfalls auf der G-Klasse basierten, durch neue so genannte Air Assult Vehicles zu ersetzen. Diese nutzen als Basis ebenfalls wieder die Mercedes-G-Klasse. Soll also tatsächlich eine Angleichung des Fuhrparks mit den Niederländern hergestellt werden, wird die Wahl im BMVg wohl auf die G-Klasse fallen müssen.

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Neues Air Assult Vehicle auf Basis der G-Klasse für die niederländische Luchtmobile Brigade 11, Foto: Daimler

Ole Henckel