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Der russische Angriff auf die Ukraine hat gleichzeitig die Bedeutung und Anfälligkeit terrestrischer Mobilfunknetze und damit den Zugang zum Internet gezeigt. Als Konsequenz hat die Europäische Union das Programm IRIS² (Infrastructure for Resilience, Interconnectivity and Security by Satellite, Infrastruktur für Widerstandsfähigkeit, Interkonnektivität und Sicherheit durch Satelliten) gestartet, mit dem eine Satellitenkonstellation aufgebaut werden soll, die im Weltraum souveräne Fähigkeiten zur Kommunikation für die EU-Staaten bereitstellen soll.

Das Programm wird bis 2027 mit 2,4 Milliarden Euro von der EU finanziert. Hinzu kommen Finanzmittel der europäischen Raumfahrtorganisation ESA und von privaten Investoren. Damit soll IRIS² den Weltraum als Vektor der europäischen Autonomie, als Vektor der Konnektivität und als Vektor der Resilienz etablieren, schreibt die EU Kommission.

Helsing, das europäische Unternehmen für künstliche Intelligenz im Verteidigungsbereich, hat einen Aufruf an die europäischen politischen Entscheidungsträger und die Industrie veröffentlicht, künstliche Intelligenz (KI) zu einer Kernanforderung für das europäische Satellitenkonstellationsprogramm IRIS² zu machen. Während sich die Standards und Fähigkeiten für IRIS² Helsing zufolge bereits in der Endphase der Entscheidungsfindung befinden, drängt das Unternehmen auf eine Anpassung, um die Relevanz des Programms zu gewährleisten.

IRIS² habe das Potenzial, alles zu verändern: ein vielseitiges System für zivile, staatliche und militärische Zwecke, robuste Sicherheitsvorkehrungen und ein zukunftsweisendes Design, das künftige Erweiterungen vorwegnehme, schreibt Helsing. Im Wesentlichen sei IRIS² auf dem besten Weg, Europas Lösung für eine zuverlässige Kommunikation rund um den Globus zu werden. Aber: Es fehle eine entscheidende Komponente: künstliche Intelligenz (KI). In den letzten Jahren habe die Welt jedoch gelernt, dass KI ausgereift sei und praktisch überall eingesetzt werden könne.

Mit KI können die riesigen Datenmengen durch Vorverarbeitung und Analyse so handhabbar gemacht werden, dass sie über die begrenzte Bandbreite für die Übertragung dieser Daten an die Bodenstationen gesendet werden können, lautet die Analyse von Helsing. Außerdem können KI-Methoden als eine Art Immunsystem in der Abwehr von Cyberangriffen eingesetzt werden, z.B. um ausgeklügelte Angriffe zu erkennen und sie auf adaptive Weise abzuwehren. Und drittens könnte KI-basierte Anti-Störungs-Technologie selbst den kompliziertesten Störungsangriffen automatisch entgegenwirken.

„Souveräne Kommunikations- und Satellitenfähigkeiten sind für die Sicherheit der europäischen Nationen von zentraler Bedeutung. Die Streitkräfte des Kontinents müssen in der Lage sein, sich auf SatCom-Konnektivität zu verlassen, um Gefechtsinformationen auszutauschen und Informationsüberlegenheit zu erreichen“, sagte der frühere NATO-Oberbefehlshaber Transformation und heutiges Helsing-Vorstandsmitglied Denis Mercier. Die europäische Satellitenkonstellation IRIS² laufe jedoch Gefahr, schon vor ihrem Start veraltet zu sein, so Mercier weiter. „KI muss das Herzstück jeder neuen Satellitenkonstellation sein, um zuverlässig zu funktionieren und für die nächsten Jahre relevant zu bleiben. Europas IRIS² darf nicht ohne sie starten.“

Auf europäischer Ebene hat sich ein Bieter-Konsortium gebildet, das sich auf die Ausschreibung der EU bewerben will. Darin haben Airbus Defence and Space, Eutelsat, Hispasat, SES und Thales Alenia Space die führende Rolle übernommen. Es soll ergänzt werden durch die Deutsche Telekom, OHB, Orange, Hisdesat, Telespazio und Thales. Gemeinsam will die Industriepartnerschaft eine hochmoderne Satellitenkonstellation schaffen, die auf einer MultiOrbit-Architektur basiert und mit dem terrestrischen Ökosystem interoperabel ist, schreibt Airbus in einer Mitteilung vom Mai des Jahres. Das Konsortium werde Start-ups, Mid Caps und KMUs ermutigen, sich der Partnerschaft anzuschließen, was zu einem innovativeren und wettbewerbsfähigeren europäischen Raumfahrtsektor mit neuen Geschäftsmodellen führen werde.

Gerhard Heiming