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Auf dem 5. Anwenderforum Rü.Net2023 in Koblenz haben General Dynamics European Landsystems (GDELS) und Rheinmetall das taktische Brückensystem Anaconda auf dem hochmobilen 8×8-Trägerfahrzeug HX2 von Rheinmetall MAN Military Vehicles (RMMV) gestern erstmals dem Fachpublikum präsentiert.

Für Anaconda hat GDELS-Bridge Systems eine neu gebaute Aluminium-Brücke, die exakt der bekannten Brücke des Brückenlegepanzers Biber gleicht, zusammen mit dem angepassten Verlegemechanismus auf das HX2-Trägerfahrzeug integriert. Entstanden ist eine zweiteilige Festbrücke für mittelschwere und schwere Kräfte mit einer Länge von 22 Metern (alternativ 2 x 12 Meter) und einer Tragfähigkeit von MLC80+. Damit können alle Gefechtsfahrzeuge der NATO bis hin zum neuesten Leopard 2 A8 die mit Anaconda gebildeten Brücken passieren.

Durch die Verwendung der Biber-Brücke, von der allein in der Bundeswehr 300 Stück im Einsatz sind, und der weltweit mit über 16.000 Stück verbreiteten HX2-Familie taktischer Fahrzeuge wurden bewährte Systeme zu einem neuen System integriert. Anaconda ist kompatibel mit den vorhandenen Biber-Brücken, d.h. diese können mit dem neuen Brückensystem verlegt und aufgenommen werden. Aus dieser Integration ergeben sich beträchtliche Vorteile in Interoperabilität, Ausbildung, Service und Ersatzteilversorgung, die zu den geringen Lebenszykluskosten des Gesamtsystems beitragen, wie die beiden Unternehmen in einer gemeinsamen Pressemitteilung schreiben.

Für die Verlegung der Brücke fährt der Fahrer rückwärts an die Brückenstelle. Der Kommandant legt den Verlegeort fest, lässt die Stützen ausfahren und startet den vollautomatischen Verlegevorgang. Er muss dazu nicht aussteigen. Nach weniger als fünf Minuten kann sich das Trägerfahrzeug von der Brücke trennen und die Brücke kann für Überfahrten genutzt werden. Die Brücke ist gemäß TDTC (Trilateral Design and Test Code) für 10.000 Überfahrten mit maximaler Last ausgelegt. Dies wird normalerweise durch Führung des sogenannten Brückenbuchs nachgewiesen. Optional kann Anaconda mit dem Health Usage & Monitoring System (HUMS) ausgerüstet werden, das die Brückenbelastung elektronisch festhält.

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Gefechtsfeldbrücke Anaconda auf einem 8×8 HX2-Lkw mit Waffenstation Natter, Rosy, Kamerasystem und Schussdetektor (Foto: Heiming)

Für den Selbstschutz ist die Kabine gegen ABC-Bedrohungen schutzbelüftet. Mit multispektralen Schnellvernebelungssystem Rosy kann das System gegnerischer Aufklärung entzogen werden. Zur Umfeldbeobachtung steht ein 360-Grad-Kamerasystem mit Tag- und Nachtsichtkanal zur Verfügung, das bewegte Objekte erkennen und verfolgen kann. Mit einem akustischen Schussdetektor kann feindliches Feuer in Echtzeit entdeckt und lokalisiert werden. Neben einer Warnung für die Besatzung kann die Position des Abschussstelle in ein Feuerleitsystem übertragen werden.

Als weitere Optionen kann Anaconda mit einer fernbedienbaren Waffenstation und einer geschützten Kabine (Schutzlevel nach Bedarf) ausgestattet werden. Im letzteren Fall erhält das Fahrzeug hinten eine weitere Achse, wird also zu einem 10×10-Lkw.

Das rund 40 Tonnen schwere Gefechtsfeldbrückensystem (rund 45 Tonnen beim 10×10) wird von einem 324-kW-Euro 5-Dieselmotor angetrieben und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h. Damit eignet sich für den Einsatz bei den Mittleren Kräfte, von denen die ersten Verbände derzeit aufgestellt werden. Die Auslegung des Anaconda-Systems habe sich an den militärischen Forderungen orientiert, erklärte ein Entwickler von GDELS.

Das Brückensystem Anaconda kann auch im Bereich des Zivilschutzes und bei Katastrophen genutzt werden.

Gerhard Heiming