„Twinvis Military Sheltered” heißt die neueste Variante des Passsivradars Twinvis, die der Hersteller Hensoldt jetzt vorgestellt hat. Wie der Sensor-Lösungsanbieter mitgeteilt hat, wurde das bisher nur als Rüstsatz verfügbare Twinvis so in einen Container integriert, dass das System schnell militärisch eingesetzt werden kann.
Twinvis ist nach der Beschreibung von Hensoldt ein auf der neuesten Digitaltechnologie basierendes Passivradar, das in der weiträumigen militärischen Luftraumüberwachung oder mittelfristig in der zivilen Flugsicherung eingesetzt werden kann. Ein Passivradar fungiert als reiner Empfänger, sendet also nicht selbst, und ortet Ziele mittels Auswertung reflektierter Signale vorhandener Fremd-Sender.
Auf seiner Webseite erläutert Hensoldt das Prinzip des passiven Radars: Das System nutzt die unzähligen Funksignale, die bereits in der Luft von Rundfunk- und Fernsehsendern vorhanden sind, und wertet deren Echos bei der Reflexion an einem Objekt aus. Das Verfahren nutze neben einer hohen Rechenleistung eine hochempfindliche, mehrkanalige digitale Empfängertechnologie – eine Hensoldt-Spezialität –, die es ermögliche, bis zu zehn Milliarden Mal schwächere Radarechos zu orten, und das für bis zu 25 Sender gleichzeitig.
Da Twinvis nicht selbst sende, bleibe es unsichtbar und könne nicht durch gezielte Aktionen gestört werden. Das System könne sogar, so Hensoldt, Stealth-Flugzeuge erkennen, weil nicht das Radarecho gesucht wird, sondern die vom Flugzeug verursachten Echos im Frequenzbereich von Rundfunk und Fernsehsignalen. „Tarnkappenflugzeuge werden so sichtbar“, lautet das Fazit von Hensoldt.
Das Passivradar Twinvis könne den Luftraum im Umkreis von 250 Kilometern überwachen, gibt Hensoldt zur Leistungsfähigkeit des 2018 erstmals öffentlich vorgestellten Systems an. Bis zu 200 Flugzeuge seien gleichzeitig in Höhe und Entfernung sichtbar. Zur Überwachung größerer Gebiete können mehrere Twinvis zu einem vernetzten System verbunden werden.
„Unsere vollautomatische, intelligente Signalverarbeitung und Sensordatenfusion eröffnet Streitkräften eine bisher nicht dagewesene Möglichkeit der verdeckten Operation auf weite Entfernungen für ein breites Zielspektrum bis hin zu Stealth-Bedrohungen. Das ‚Twinvis‘ ist für diesen Zweck hochmobil und in Echtzeit vernetzbar. Und das sowohl als autonom operierender Cluster mehrerer verteilter Passivradare oder gepaart mit schlagkräftigen Luftverteidigungssystemen mit aktiver Radarsensorik,“ sagt Markus Rothmaier, Leiter Naval & Ground Radars bei Hensoldt.
Das ‚Twinvis Sheltered‘ kann in seinem Container auf militärischen Trägerfahrzeugen flexibel und einfach verlegt werden und bedarf lediglich zwei Personen für den Auf- und Abbau im Feld, schreibt Hensoldt. Eine autarke Operation, bei Bedarf auch ohne Personal vor Ort, sei möglich. Das System verfüge über ein leistungsfähiges Antennensystem sowie Prozessor- und Infrastruktureinheiten. Die modulare Systemarchitektur ermögliche unter anderem die Verarbeitung multipler digitaler Frequenzbänder, was Beschaffern und Nutzern Aufwuchspotential und Planbarkeit inkrementeller Upgrades für die Zukunft biete.
Nach Angabe von Hensoldt sind mehrere Systeme bei Kunden innerhalb und außerhalb der NATO unter Vertrag.
gwh / Redaktion