Rheinmetall übernimmt Aktivitäten des Drohnenherstellers EMT
Der Düsseldorfer Rheinmetall-Konzern übernimmt im Zuge seiner Digitalisierungsstrategie die Aktivitäten des insolventen deutschen Drohnenherstellers EMT. Beide Seiten haben eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnet, wie Rheinmetall in einer Mitteilung schreibt. Die Übernahme, die in Form eines Asset-Deals erfolge, solle voraussichtlich zum Jahreswechsel 2021/22 wirksam werden. Der Unternehmenskauf Asset-Deals bedeutet üblicherweise, dass ein Unternehmen die Aktivitäten – darunter können Standort, Personal und intellektuelle Rechte subsumiert werden – eines anderen Unternehmens übernehmen kann, ohne das Unternehmen als Ganzes kaufen zu müssen. Im Einzelnen bedeutet dies, dass Rheinmetall sich einzeln für die jeweiligen Assets entscheiden kann. Potenzielle Lasten von EMT, beispielsweise Verbindlichkeiten des Unternehmens sowie potenzielle Forderungen Dritter, müssen so nicht mit übernommen werden. Der bayerische Drohnenhersteller hat aufgrund von Liquiditätsschwierigkeiten Dezember 2020 einen Insolvenzantrag gestellt.
Rheinmetall hat sich mit der Übernahme der EMT-Aktivitäten wohl gegen den israelischen Rüstungskonzern Rafael Advanced Defense Systems Ltd. durchsetzen können. Anfang des Jahres hatte der parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Thomas Silberhorn, noch auf eine Anfrage aus dem Bundestag mitgeteilt, dass die Firma Rafael dem Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) schriftlich mitgeteilt habe, dass sie eine exklusive Vereinbarung zur Übernahme der Firma EMT mit dem damaligen Generalbevollmächtigten im Insolvenzverfahren habe. Der Erwerb stehe allerdings unter dem Vorbehalt einer noch ausstehenden Investitionsschutzprüfung, so Silberhorn seinerzeit.
Die im bayerischen Penzberg ansässige EMT Ingenieurgesellschaft Dipl.-Ing. Hartmut Euer mbH engagiert sich in der Entwicklung, Produktion und Instandhaltung von unbewaffneten, taktischen Flugsystemen zur Aufklärung. Wichtigster EMT-Kunde ist die Bundeswehr, die derzeit das neuentwickelte Aufklärungssystem LUNA NG einführt. Laut Rheinmetall ist LUNA NG ein Schlüsselelement in der vernetzten Kommunikation und Aufklärung (C4ISTAR) und Kernstück der taktischen Datenübertragung.
Das unbemannte Aufklärungssystem LUNA NG gilt als wichtiger Baustein auf dem Weg der Digitalisierung der Streitkräfte. So ist das System die Basis für neue Anwendungen und Entwicklungstätigkeiten, wie das Manned-Unmanned Teaming. Zudem können KI-Fähigkeiten und Anwendungen (etwa zur automatisierten Datenauswertung) weiter ausgebaut sowie direkt getestet und integriert werden, wie Rheinmetall ausführt.
Für den militärischen Kunden verbinde sich mit der vereinbarten Übernahme durch Rheinmetall Sicherheit und Verlässlichkeit, was die langfristige Betreuung, Wartung und die Weiterentwicklung dieses Systems sowie den Service für weitere in der Nutzung befindlicher unbemannter Flugsysteme bei den Streitkräften anbetrifft, schreibt Rheinmetall.
Mit der LUNA-Familie werde den internationalen Kunden von Rheinmetall eine Fähigkeit gegeben, im Rahmen von Einsätzen die militärische Lage zu beurteilen und anhand dieser Informationen ein hohes Maß an Schutz für die Kräfte vor Ort entstehen zu lassen, schreibt der Düsseldorfer Konzern.
In der Transaktion komme auch der strategische Ansatz des Rheinmetall-Konzerns zum Ausdruck, seine Position als Systemanbieter für die Streitkräfte entlang des militärischen Bedarfs auszubauen und das Portfolio entsprechend zu komplettieren. Gleichzeitig würden wichtige wehrtechnische Kompetenzen in Deutschland erhalten.
Den Angaben zufolge will Rheinmetall die Fähigkeiten und Kompetenzen der EMT vollumfänglich übernehmen. Der Konzern beabsichtige, die vier Standorte des Drohnenspezialisten in Bayern und Schleswig-Holstein zu erhalten und sie mit dem vorhandenen Personal in die Konzernstruktur zu integrieren. Die Übernahme des Unternehmen stehe neben den üblichen Gremienzustimmungen auch unter dem Vorbehalt der kartellrechtlichen Genehmigung.
Dazu sollen die Aktivitäten der EMT künftig bei der Tochtergesellschaft Rheinmetall Technical Publications, Bremen, angesiedelt werden. Als genehmigter luftfahrttechnischer Betrieb nimmt Rheinmetall Technical Publications bereits seit über zehn Jahren die Rolle als systembetreuende Firma für das Kleinfluggerät Zielortung (KZO) wahr und stellt dabei die Einsatzbereitschaft des Systems sowie die Erfüllung seiner spezifizierten Leistungen sicher.
EMT ist ein deutsches Unternehmen, das 1978 in Gauting bei München als „Elektro-Mechanische Technologien GmbH“ gegründet wurde. An den vier Standorten Penzberg (Oberbayern, Hauptsitz seit 1987), Iffeldorf (ebenfalls Oberbayern), Abenberg (Mittelfranken) sowie Osterrönfeld in Schleswig-Holstein beschäftigt das Unternehmen knapp 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Das Unternehmen befindet sich seit Dezember 2020 in Insolvenz in Eigenverwaltung. Unbemannte Flugsysteme von EMT sind mit verschiedenen Nutzlasten für kurze und mittlere Reichweiten bis zu 100 km ausgelegt. Bekannteste Produkte sind die Nächstbereichsdrohne ALADIN sowie das – ebenfalls unbewaffnete – taktische Aufklärungssystem LUNA, das die Bundeswehr seit 2000 zur luftgestützten Aufklärung im Kosovo, in Mazedonien und Afghanistan sowie seit 2016 auch in Mali nutzt. Mittlerweile befinde sich bei der Bundeswehr das Nachfolgesystem LUNA NG in Einführung, das dort gleichzeitig auch das von Rheinmetall in den neunziger Jahren entwickelte Kleinfluggerät Zielortung (KZO) ablöse, schreibt Rheinmetall.
Redaktion / lah