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Die in den kommenden Jahren zu erwartenden Ausschreibungen im Rahmen der Digitalisierung landbasierter Operationen (D-LBO) und der Ansatz der deutschen Beschaffungsbehörden, auf Wettbewerb zu setzen, schafft Chancen für in- und ausländische Unternehmen. So hat zuletzt der US-Konzern Motorola die Ausschreibung für verlegbare zellulare Netze gewonnen, während das dänische Unternehmen Systematic das Battle Management System (BMS) für das Heer bereitstellt.

Vor diesem Hintergrund baut auch der israelische Technologiekonzern Rafael seine Präsenz in Deutschland über das in Burbach ansässige Tochterunternehmen Dynamit Nobel Defence (DND) weiter aus. Aktuell sind bei der Ende vergangenen Jahres gegründeten Sparte DND Digital bereits 13 Mitarbeiter an den Standorten Berlin und Leipzig beschäftigt.Dabei handelt es sich in erster Linie um Programmierer und Software-Ingenieure, wie Simon Brünjes, Abteilungsleiter DND Digital, erläutert. Ziel sei es, bis zum Jahresende auf 24 und dann im Jahr 2022 auf 40 Mitarbeiter aufzustocken.

DND Digital will sowohl mit Hard- als auch mit Software in den Wettbewerb um lukrative Lieferaufträge bei der Digitalisierung der Bundeswehr gehen. So hat das Unternehmen nach eigenen Angaben sowohl den kürzlich gestarteten Tender-Prozess für neue Soldatenfunkgeräte im Blick, wie auch die in den kommenden Monaten erwartete Ausschreibung von D-LBO-Führungsfunkgeräten – auch als Combat Net Radio bezeichnet. Dabei will DND die im Mutterhaus entwickelten und auf Bedürfnisse der Bundeswehr angepasste Software Defined Radios (SDR) der BNET-Serie anbieten.

Auf der Software-Seite hat DND Digital unter anderem das Feuerleitungsnetzwerk Fire-Weaver im Angebot, das den Sensor- und Wirkungsverbund umsetzt und bereits von den israelischen Streitkräften genutzt wird. Sowohl mit BNET-Funktechnik als auch Fire-Weaver ist Rafael bereits in der vom Bundeswehr-Beschaffungsamt beauftragten Studie „Erzeugung eines gläsernen Gefechtsfeldes zur Unterstützung dynamischer Operationen“ – abgekürzt ErzUntGlas – vertreten.

Ziel von DND Digital ist es nach Aussage von Abteilungsleiter Brünjes, im Falle eines Lieferauftrages die ursprünglich in Israel entwickelten Produkte immer stärker zu „germanisieren“.  Für die neue Digitalsparte des Unternehmens wird es unter anderem darum gehen, Software-Applikationen in Deutschland weiterzuentwickeln und den Anforderungen des deutschen Marktes anzupassen, so dass für die Bundeswehr keine so genannten Black Boxes bestehen. Nach Einschätzung von Brünjes werden zielkritische Daten nicht über israelische Algorithmen laufen, da dies mit der digitalen Souveränität Deutschlands nicht vereinbar ist. Deshalb geht er davon aus, dass sein Unternehmen sowohl die so genannten Forward als auch Backward Intellectual Property Rights offenlegen muss.

Auch bei der Funktechnik werde DND im Falle eines Zuschlags den größten Teil der Wertschöpfung in Deutschland ansiedeln, betont Brünjes. Bereits wenn ein entsprechender Auftrag erteilt wird, werden seinen Worten zufolge nur etwa 55 Prozent der Plattform beibehalten, während der Rest der Komponenten aus Deutschland komme. Nach 2024 soll die Produktion dann ganz unabhängig von Israel sein.

Während die Weiterentwicklung etwa in Bezug auf die Kryptierung, welche in Deutschland nationale Schlüsseltechnologie ist, und die Wellenformen zunächst in Berlin und Leipzig stattfinden würde, wäre die Produktion – aufgrund der vorhandenen Kapazitäten – anfangs in Burbach angesiedelt. Grundsätzlich strebt DND Digital  Partnerschaften an. So besteht bei der Ausschreibung des UHF-Soldatenfunks für die D-LBO bereits eine Kooperation mit zwei Unternehmen.

Generell schätzt DND-Experte Brünjes, dass Israel bei IT-Produkten für die Verteidigung einen Entwicklungsvorsprung von „sechs bis sieben Jahren“ vor Deutschland hat. Davon könne womöglich auch die Bundeswehr profitieren. Sobald die Grundstruktur von DND Digital aufgebaut ist, will Brünjes der Bundeswehr und anderen Nutzern die eigenen Fähigkeiten demonstrieren. Im Spätsommer würden dazu erstmals von einem Fachpublikum kleine „Use Cases“ demonstriert, kündigt er an. Im kommenden Jahr sollen dann Demonstrationen vor dem Kommando Heer folgen.

Lars Hoffmann