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Deutsche Unternehmen haben das Thema Hyperschall schon seit geraumer Zeit auf dem Schirm und haben bereits Pionierarbeit auf diesem Gebiet geleistet. Als Hyperschall werden Bereiche oberhalb der fünffachen Schallgeschwindigkeit bezeichnet. Bayern-Chemie, eine Tochter der MBDA Deutschland, hatte bereits Anfang des neuen Jahrtausends ein Triebwerk konstruiert, mit dem ein 2003 in Meppen getesteter Lenkflugkörper auf 8.644 km/h beschleunigt werden konnte und somit den damaligen Weltrekord brechen konnte. Dem Vernehmen nach haben fehlende Bedrohungsszenarien dafür gesorgt, dass keine weiteren Investitionen in diesem Bereich getätigt wurden. Dieser Umstand hat sich spätestens nach der Änderung der politischen Weltlage und Vorstellung der russischen Überschallwaffen mit offensivem Charakter deutlich geändert.

Forschung & Technologie-Studie

Die Bundeswehr ist seit letztem Jahr in das Thema Hyperschall eingestiegen, dazu hat das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) 2018 ein Technologieprogramm  (F&T, Stufe 2) aufgesetzt. Laut Peter Heilmeier, Leiter Vertrieb und Geschäftsentwicklung MBDA Deutschland, kann in drei Jahren mit den ersten Prototypen gerechnet werden, inklusive erster Schussversuche. Deutschlands Ansatz ist zunächst nur defensiver Natur, z.B. als Panzerabwehrwaffe gegen die abstandsaktiven Schutzsysteme der russischen T-14 ARMATA. Die Reaktionsfähigkeit solcher Systeme wäre nicht ausreichend um mit Hyperschall anfliegende Panzerabwehrlenkflugkörper schnell genug detektieren und bekämpfen zu können.

Eine weitere Option ist die Umsetzung als Abwehrsystem gegen feindliche Flugkörper und Raketen. Hyperschallwaffen erreichen Geschwindigkeiten von Mach 5 und schneller. Damit sind sie in der Regel zu schnell für die Abwehrmassnahmen. Somit müssen Abfangraketen in ähnlichen Geschwindigkeitsspektren operieren um anfliegende Hyperschallwaffen schnell genug bekämpfen zu können. Bei dem jetzigen Vorhaben handelt es sich um eine rein nationale Studie ohne Einsicht internationaler Partner.

Ein interessanter Aspekt dieser Technologie ist die Frage, ob eine solche Waffe überhaupt noch einen Gefechtskopf benötigt, oder ob aufgrund der Geschwindigkeit von Mach 5+ die reine kinetische Energie ausreichend ist, um die gewünschte Wirkung im Ziel zu erreichen.

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Weiterhin gibt es Überlegungen in Deutschland, diese Technologie im Bereich Flugabwehr, zum Beispiel im Zuge des TLVS-Programms zu nutzen. Der potentielle Einsatzzweck wäre beispielsweise die Abwehr russischer ballistischer Raketen, sog. (AVANGARD) Hypersonic Gleiter (HGV), aerodynamischer Flugkörper (SSC-8 SCREWDRIVER) sowie nuklearangetriebener Marschflugkörper (9M730 BUREVESTNIK/SSC-X-9 SKYFALL). Neben MBDA arbeiten auch IABG und DIEHL Defence an diesem Thema.

Internationale Projekte

Russland hat schon mehrere Hyperschallwaffen getestet, bisher aber noch nicht unter Einsatzbedingungen, auch die USA und CHINA arbeiten mit großen Anstrengungen an solchen Waffen. Es wird erwartet, dass bald auch Nationen wie Großbritannien, Japan und Israel erste Ergebnisse und Vorhaben vorstellen werden. Frankreich will bis 2021 mit dem V-MaX einen ersten Hyperschallgleiter realisieren.

André Forkert