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Anfang des Jahres startete Diehl Defence in Zusammenarbeit mit der Wehrtechnischen Dienststelle für Luftfahrzeuge und Luftfahrtgerät der Bundeswehr (WTD 61) die Zulassung des Laser Guided Sidewinder (LaGS) für den Einsatz am Kampfflugzeug Tornado.

LaGS steht für ein bisher einmaliges Modernisierungsprogramm, bei dem ältere Waffensysteme nicht nur erneuert, sondern auch für eine neue Aufgabe umgerüstet werden. Seit den 1960er Jahren beschaffte die Luftwaffe zusammen mit sieben weiteren europäischen NATO-Partnern den amerikanischen Luft-Luft-Lenkflugkörper Sidewinder. Über Jahrzehnte diente er dem Schutz vor Angriffen im Nahbereich und galt in Dog-Fight-Szenarien als die Waffe der Wahl.

In der Zwischenzeit wurde in Europa die Nachfolgegeneration IRIS-T entwickelt und seit 2005 über die Grenzen des Kontinents hinaus erfolgreich vermarktet. Viele der durch neuere Effektoren ersetzten Sidewinder lagern heute weltweit noch in den Depots. Am Ende der aktiven Truppenverwendung wartet auf sie in der Regel die Verschrottung.

Vor diesem Hintergrund entstand die Idee eines laser-gelenkten Sidewinders. Die Erfahrungen aus Einsätzen im Rahmen verschiedener Friedens- und Stabilisierungsmissionen offenbarten eine Fähigkeitslücke im Bereich schneller und präziser Waffen mit reduzierter Wirkung im Ziel. Die Piloten von Kampfflugzeugen müssen kleine und zum Teil bewegte Einzelziele in einem urbanen Einsatzgebiet präzise, zuverlässig und unter Vermeidung von Kollateralschäden bekämpfen können.

Durch Umbau von Flugkörpern der Baureihe AIM-9L sollte ein „Angetriebener Effektor kurzer Reichweite“, so die offizielle Bezeichnung, entstehen mit dem man nicht mehr Ziele in der Luft, sondern am Boden bekämpft. Dazu überarbeiteten Entwickler von Diehl Defence die Lenk- und Steuereinheit des Flugkörpers, tauschten Infrarot-Detektor und Signalverarbeitung des bisherigen Suchkopfs gegen einen SAL-Sensor (Semi Active Laser) mit moderner digitaler Signalverarbeitung aus und übergaben den modifizierten Flugkörper an die WTD 61. Diese wies im November letzten Jahres die Funktionsfähigkeit des neuen Effektors im Rahmen einer Schusskampagne auf dem schwedischen Testgelände in Vidsel nach. Drei sogenannte Telemetrie-Flugkörper wurden von einer Saab Gripen auf unterschiedliche mittels Laser beleuchtete Bodenziele verschossen.

Aktuell unterstützt Diehl die laufenden Arbeiten im Rahmen der Zulassung des LaGS-Flugkörpers für seinen operationellen Einsatz. In umfassenden Tests am Boden und in der Luft muss unter anderem die störungsfreie Interaktion der elektronischen Systeme von Trägerflugzeug und Waffe geprüft und nachgewiesen werden. Anschließend stehen weitere Schüsse in Vidsel auf dem Programm – diesmal vom Tornado und mit Originalgefechtskopf bestücktem Flugkörper.

Durch den Einsatz moderner Technologien wurde ein bewährtes, aber inzwischen in die Jahre gekommenes Waffensystem mit vergleichsweise geringen Kosten für neue Aufgaben fit gemacht. Es erweitert das Einsatzspektrum fliegender Waffensysteme. Läuft alles nach Plan, könnte die Luftwaffe bereits Ende des Jahres über die neue Bewaffnung verfügen.

Ulrich Renn