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Mit ihrer Fahrt durch die Straße von Taiwan am 6. April hatte sich die französische Fregatte „Vendémiaire“ ihre Teilnahme an der Marineparade zum 70. Jahrestag der chinesischen Marine vor Quindao verwirkt. Das Schiff gehört zur Floréal-Klasse und ist in Nouméa, Neukaledonien, stationiert.

Peking reagierte mit einer Protestnote auf die „illegale“ Passage, während der die „Vendémiaire“ beschattet wurde (wogegen erst einmal nichts einzuwenden ist). Ren Guoqiang, ein Sprecher des chinesischen Verteidigungsministeriums: „Ein französisches Kriegsschiff ist ohne Genehmigung in die chinesischen Hoheitsgewässer eingedrungen.“ Weiter: „Chinas Militär hat in Übereinstimmung mit dem Gesetz und den Regeln Marineschiffe geschickt, um das französische Schiff zu identifizieren und es zu warnen. Chinas Militär wird wachsam bleiben, um Chinas Souveränität und Sicherheit fest zu schützen“. Die Einladung zur Teilnahme an der Marineparade wurde zurückgezogen.

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Peking sieht die Strasse von Taiwan infolge seiner Ein-China-Politik als integraler Bestandteil seines Hoheitsgebietes (Graphik: Google)

Peking sieht die Strasse von Taiwan infolge seiner Ein-China-Politik als integraler Bestandteil seines Hoheitsgebietes und beargwöhnt all jene, die die freie Navigation in internationalen Gewässern – und als solches gilt auch die 130 – 180 km breite Meerenge zwischen China und Taiwan – praktizieren. Immer wieder kommt es deswegen zu Verstimmungen mit Washington. Jüngst: im März passierte die „USS Curtis Wilbur“ (DDG 54), ein Lenkwaffenzerstörer, gemeinsam mit der „USCGC Bertholf“ (WMSL-750)  (USCGC – United States Coast Guard Cutter), einer Einheit der US Küstenwache, die Taiwanstraße, sehr zum Missfallen Pekings. Mit dem Ausschluss des französischen Gastes von der Geburtstagsparty, statuierte Peking ein ungewöhnliches Exempel.

Zu der Parade am 23. April, die Staatspräsident Xi Jinping abnahm, formierten sich bei unsichtigen Wetterbedingungen von chinesischer Seite 39 Flugzeuge und 32 Schiffe, darunter der Flugzeugträger „Liaoning“ und ein neuartiger Lenkwaffenzerstörer, „Nanchang“. International waren 13 Nationen, darunter Australien, Indien, Japan, Philippinen, Russland, Thailand, Vietnam mit insgesamt 18 Kriegsschiffen vertreten (Angaben chinesischer Medien). Deutschland und die USA waren wie 68 andere Nationen mit Delegationen bei den Feierlichkeiten zugegen.

Aus dem französischen Verteidigungsministerium ließ man verlautbaren, dass „Frankreich sein Engagement für die Freiheit der Schifffahrt gemäß Seerecht bekräftigt. … Einmal jährlich passiere ein Marineschiff die Taiwanstraße, ohne dass es <bisher, Anm. des Verfassers>  zu Zwischenfällen oder Reaktionen“ gekommen sei. Man stehe in Kontakt mit den chinesischen Behörden.

Die diplomatische „Backpfeife“ erfolgte einen Monat nach der Unterzeichnung umfangreicher Verträge (nach Medienberichten in Höhe von 40 Milliarden Euro) zwischen den beiden Staatspräsidenten Emmanuel Macron und Xi Jinping in Paris am 25. März. Neben dem wirtschaftlichen Erfolg möchte der Elysée eine einheitliche europäische Front fördern, um den chinesischen Fortschritt in Handel und Technologie zu begegnen. Die „Zeit der europäischen Naivität“ gegenüber China sei vorbei, wurde im Hinblick auf die an China gestellte Forderung kommerzieller Reziprozität erklärt.

Diese Erkenntnis scheint sich auch auf anderen Gebieten durchzusetzen. Frankreich, das über Departements bzw. Staatsgebiet im Pazifik verfügt, hat seine Beziehungen im Indischen Ozean und im Pazifik, einschließlich Indien und Australien, verstärkt. Die Freiheit der Navigation betreffend, signalisiert das französische Vorgehen, dass es sich nicht nur um eine Auseinandersetzung zwischen Washington und Peking bzw. zwischen China und den Regionalanrainern handelt. Chinas Aktionen stellen eine umfassendere Herausforderung für die liberale internationale Ordnung dar. Insofern werden durch die Aufenthalte von Marine-Einheiten aus anderen Welt-Regionen (auch die Royal Navy hat im August 2018 erstmalig, seitdem abermals im Januar 2019 sogenannte „Freedom of Navigation Operations“ im Südchinesischen Meer durchgeführt und beabsichtigt in diesem Kontext ihren Träger „HMS Queen Elisabeth“ zu seiner Jungfernreise im Jahre 2021 in dieses Seegebiet zu entsenden) bedeutungsvoll, da sie das Recht zu freier Navigation in den einseitig von China reklamierten Seegebieten im Südchinesischen Meer wie in der Straße von Taiwan internationalisieren bzw. auf eine breitere Basis stellen. Die USA versuchen ihrerseits die Schwelle zu senken, ohne den Druck aus dem Kessel zu nehmen, indem sie künftig vermehrt ihre Küstenwache dort einsetzen wollen.

Hans Uwe Mergener