Auf dem Weg zur vollständigen Einsatzfähigkeit hat das unbemannte Flugsystem German Heron TP (GHTP) am 15. Mai vom Fliegerhorst Jagel seinen Erstflug im deutschen Luftraum im Beisein hochrangiger Vertreter aus Deutschland und Israel absolviert. Darüber hat Airbus informiert und das Ereignis als historisch und als wichtigen Schritt zur vollen Einsatzfähigkeit bezeichnet. Mit dem Erstflug begann die sechsmonatige Testphase des ferngesteuerten Flugzeugsystems (Remotely Piloted Aircraft System, RPAS) im deutschen Luftraum.

Die GHTP wurde Airbus zufolge im Rahmen eines Joint Ventures zwischen IAI, dem Direktorat für Forschung und Entwicklung des israelischen Verteidigungsministeriums (DDR&D) und Airbus an die speziellen Anforderungen des deutschen Verteidigungsministeriums angepasst. Die enge Zusammenarbeit zwischen dem Joint Venture und der Bundeswehr habe die Entwicklung eines RPAS ermöglicht, das sowohl eine hohe Leistungsfähigkeit und Einsatzbereitschaft aufweist als auch der Bundeswehr zusätzliche Fähigkeiten biete.

Nach Angabe der Bundeswehr auf ihrer Webseite ist die GHTP ist das erste unbemannte Luftfahrzeug, das mit einer deutschen vollumfänglichen Verkehrszulassung mit weltweiter Gültigkeit betrieben wird. Die Drohne nehme im Rahmen des sogenannten Demonstrationsflugbetriebes „Landes- und Bündnisverteidigung“ vom Fliegerhorst Jagel in Schleswig-Holstein aus erstmalig auch am allgemeinen Luftverkehr teil. Das heißt, sie wird zusammen mit allen zivilen und militärischen Flugzeugen im kontrollierten Luftraum über Norddeutschland fliegen. Nach erfolgreichem Abschluss dieser Anfangsphase seien auch grenzübergreifende Flüge geplant.

German Heron TP auf dem Flugfeld bei der Vorbereitung zu seinem Erstflug. (Foto: Bundeswehr / Mohrdieck)

Boaz Levy, Präsident und CEO von Israel Aerospace Industries (IAI): „Der Einsatz des GHTP in Deutschland ist ein Meilenstein für Israel Aerospace Industries und stärkt die Position des Unternehmens als führender Anbieter modernster Luft- und Raumfahrt- sowie Verteidigungslösungen auf der globalen Bühne. Diese Zusammenarbeit schafft die Voraussetzungen für weitere Innovationen und Kooperationen bei der Bewältigung der sich ständig weiterentwickelnden Herausforderungen im Verteidigungssektor.“

„Mit dem deutschen Heron TP knüpfen wir an den Erfolg unserer engen Zusammenarbeit mit Israel Aerospace Industries und der Bundeswehr beim Heron 1 an“, sagte Jean-Brice Dumont, Leiter des Geschäftsbereichs Air Power bei Airbus Defence and Space. „Dieses RPAS war für die Sicherheit der deutschen Truppen und der Bevölkerung in Afghanistan und Mali von entscheidender Bedeutung und hat auch humanitäre Einsätze unterstützt. Die Heron TP wird diese Tradition fortsetzen und ein unbemanntes System mit herausragender Leistung und Einsatzbereitschaft garantieren, das aufgrund seiner Modularität auch in Zukunft zusätzliche Fähigkeiten für die Bundeswehr bereitstellen kann, wie z.B. Fähigkeiten zur Seeüberwachung“, so Dumont weiter.

Airbus beschreibt das GHTP RPAS als eine strategische Plattform, die eine Vielzahl von Sensoren tragen kann. Das einzigartige israelisch-deutsche Gemeinschaftsprojekt basiere auf einem Auftrag an Airbus und IAI.

Als Teil einer schlüsselfertigen Lösung von Airbus werde das German Heron TP (GHTP) RPAS eine Lücke im Bereich der dauerhaften, luftgestützten Überwachung und Aufklärung (ISR) schließen. Das industrielle Betreibermodell umfasse neben der Bereitstellung und Modifikation der RPAS auch die Ausbildung des Luftwaffenpersonals, die grundlegende Bedienung, Wartung und Instandsetzung im Einsatz sowie die Bereitstellung von Flugstunden.

Das System sei mit Mitteln zur optischen und abbildenden Radaraufklärung ausgestattet und biete Optionen für zusätzliche SIGINT-Fähigkeiten (Signals Intelligence) sowie für die Seeüberwachung. Als einziges RPAS seiner Klasse sei GHTP nach STANAG 4671 zertifiziert.

Die Trägerplattform GHTP kann nach Angabe des BAAINBw in einem Artikel in der Europäischen Sicherheit und Technik mit Nutzlasten wie einem elektro-optischen Sensor sowie einem Synthetic Aperture Radar (SAR) oder Bewaffnung ausgestattet werden. Neben diesen seien diverse Kommunikationseinrichtungen (Richtfunk und SATCOM) zur Führung des Remotely Piloted Aircraft (RPA) und Übertragung der Missionsdaten in das Luftfahrzeug integriert.

Das RPAS German Heron TP hat seinen Erstflug im deutschen Luftraum absolviert. (Foto: Bundeswehr / Mohrdieck)

GHTP wird von PT6-Turboprop-Triebwerk von Pratt & Whitney mit 880 kW angetrieben. Sie kann in Höhen bis 12.500 m mit einer Stehzeit von bis zu 27 Stunden operieren. Das RPAS kann bewaffnet werden. Entsprechende Haushaltsmittel hat der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages am 6. April 2022 freigegeben.

Die Bundeswehr hat derzeit fünf Heron TP von IAI gemietet, die zunächst für die Ausbildung deutscher Piloten in Israel genutzt worden sind. Nachdem jetzt eine GHTP nach Deutschland verbracht wurde und zwei Maschinen den israelischen Streitkräften zur Verfügung gestellt wurden (ESuT berichtete), sind noch zwei Drohnen zur Ausbildung in Israel verblieben. Bis zur Einführung der Eurodrone ab 2030 will die Bundeswehr nach Angabe auf ihrer Webseite die Fähigkeitslücke mit insgesamt sechs GHTP abdecken. Da dauerhaft zwei Maschinen in Israel zur Ausbildung verbleiben sollen, müssen drei weitere Drohnen gemietet werden. Eine solche Option ist offensichtlich im Vertrag von 2018 vorgesehen.

Die Drohnen werden von IAI zur Nutzung überlassen und von Airbus Defence & Space Airborne Solutions (ADAS) betrieben. Im Dienstleistungsvertrag von 2018 ist die Bereitstellung von Flugstunden für den Ausbildungsbetrieb in Israel und bis zu zwei Einsatzgebieten vereinbart. ADAS ist für die Flugvorbereitung einschließlich Start und die Flugnachbereitung beginnend mit der Landung zuständig. Grundsätzlich übernehmen die Piloten der Bundeswehr die GHTP nach dem Start und geben sie vor der Landung zurück in die Verantwortung von ADAS.

Redaktion / gwh