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Der Krieg in der Ukraine war ein bestimmendes Element bei der Bilanzpressekonferenz des Technologiekonzerns Rheinmetall am 14. März. Dieser Krieg war der Auslöser für das 100-Milliarden Euro Sondervermögen, das stellvertretend steht für den Nachfrageboom bei Verteidigungsgütern und die gestiegene Akzeptanz für die Verteidigungsindustrie. Dahinter steht auch das Bewusstwerden von Defiziten bei Ausrüstung und Munition.

Der hohe Verbrauch an Artilleriemunition mit mehreren Millionen Schuss jährlich allein von der ukrainischen Seite kann trotz seiner operativen Bedeutung aus der weltweiten Produktion und auch aus den nationalen Vorräten nicht abgedeckt werden. Darüber hinaus sind und werden die Munitionsvorräte durch Abgaben an die Ukraine weiterhin reduziert. Dadurch ist ein hoher Bedarf an Artilleriemunition entstanden, der nur langfristig gedeckt werden kann.

Rheinmetall sieht die Artilleriemunition als größten Markttreiber in den nächsten Jahren, sagte Rheinmetall-CEO Armin Papperger auf der Bilanzpressekonferenz. Das Unternehmen sei zwar ohnehin einer der größten Produzenten von Artilleriemunition weltweit, werde noch in diesem Jahr seine Kapazität auf 700.000 Schuss jährlich ausbauen. Mit weiteren Aktivitäten werde die Jahreskapazität auf über eine Million Schuss ansteigen. Damit werde Rheinmetall sicherlich der größte Hersteller der Welt werden.

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In seinen in Zukunft zehn Munitionsfabriken will Rheinmetall die Produktion von Artilleriemunition mehr als verzehnfachen. (Grafik: Rheinmetall)

Papperger wies darauf hin, dass neben den Geschossen selber die Treibladungsmodule und das Pulver dazu eine Schlüsseltechnologie sei. Für eine Million Geschosse werden vier Millionen Treibladungen benötigt, weil im Durchschnitt pro Schuss vier Treibladungen eingesetzt werden. Rheinmetall will rund 1,5 Millionen Treibladungen herstellen. Dazu werden 3.000 Tonnen Sprengstoff RDX benötigt, die Rheinmetall aus eigenen Fabriken bereitstellen will. Ein weiteres Element sind die Zünder, für die das Unternehmen ebenfalls die Produktionskapazitäten anpasst. Das sind die Komponenten derer es bedarf, um einen „kompletten Schuss“ abliefern zu können, wie es in den aktuellen Lieferverträgen oft gefordert wird.

Rheinmetall sieht in der Artilleriemunition ein mittelfristiges Umsatzpotential von 3,5 Milliarden Euro pro Jahr. Sollte es gelingen, eine Million komplette Schüsse, bestehend aus Projektilen, Treibladungen und Zündern, aus einer Hand zu verkaufen, steigt das Umsatzpotential auf bis zu fünf Milliarden Euro.

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Um das Umsatzziel zu erreichen baut Rheinmetall seine weltweiten Produktionskapazitäten aus.

Bei Rheinmetall NIOA Munitions (Australien), Rheinmetall Denel Munition (Südafrika), der Neuerwerbung Rheinmetall Expal Munitions (Spanien), Rheinmetall Italia (Italien) sowie Rheinmetall Nitrochemie (Deutschland) werden die vorhandenen Kapazitäten ausgebaut. Allein im Pulverbereich soll die Kapazität von 2.000 auf 6.000 Tonnen verdreifacht werden.

Neue Kapazitäten werden in Deutschland, Rumänien, Ungarn, der Ukraine und Litauen aufgebaut. Der umfassendste Neubau ist im Februar 2024 in Unterlüß gestartet worden. Dort sollen ab 2025 pro Jahr rund 200.000 Artilleriegranaten, 1.900 Tonnen RDX-Sprengstoff und 3.000 Motoren für Artillerieraketen produziert werden. Mit dem Aufbau neuer Fabriken in Osteuropa soll das Ziel, mehr als eine Million Schuss Artilleriemunition zu produzieren, erreicht werden.

Als oberstes Ziel nannte Papperger die Versorgungssicherheit der Bundesrepublik Deutschland, die Versorgungssicherheit Europas und der NATO sicherzustellen. Und dass das wichtig sei, könne man daran, dass Bundeskanzler und Verteidigungsminister in das Werk nach Niedersachsen gekommen sind, in unseren Standort Unterlüß. Und auch die Ministerpräsident Dänemarks, Mette Frederiksen, war dabei, weil Dänemark, aber auch andere europäische Länder sich in einem Frame Agreement anschließen wollen, wo wir Rheinmetall sicherlich einen essentiellen Beitrag in Europa für die Artilleriefertigung stellen müssen.

Gerhard Heiming