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Der tschechische Staatspräsident Petr Pavel kann nach eigener Angabe binnen weniger Wochen mehrere hunderttausend Schuss Artilleriemunition in die Ukraine liefern lassen. Am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz sagte Pavel, dass Tschechien eine halbe Million Schuss im Kaliber 155mm und rund 300.000 Schuss im Kaliber 120mm bei ausländischen Herstellern identifiziert habe, die dafür infrage kämen. Er machte keine Angaben zur Nation der Hersteller; weil diese verlangt hätten, dass keine konkreten Daten über sie veröffentlicht werden.

Tschechien sei auf der Suche nach Finanzierungsquellen und sei diesbezüglich mit Partnern in den USA, Deutschland, Schweden und anderen Ländern in Kontakt.

Presseberichte von Anfang Februar beschrieben mögliche Kontakte zu Herstellern in Südkorea, der Türkei und Südafrika. Südkorea hat – dem Handelsblatt zufolge – im vergangenen Jahr rund 330.000 Schuss an die Ukraine geliefert. Dabei sei die Munition über die USA geleitet worden, um unmittelbaren Kontakt mit dem Kriegsgebiet zu vermeiden. Südafrika will sich politisch nicht festlegen und weiter als neutral angesehen werden. Bei türkischer Munition haben manche Länder Berührungsängste.

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Der tschechische Staatspräsident Petr Pavel und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bei der Münchener Sicherheitskonferenz 2024 (Foto: Petr Pavel)

Munitionsmangel ist derzeit eines der größten Probleme der ukrainischen Streitkräfte. Die Aufgabe der Stadt Avdiivka sei im Wesentlichen darauf zurückzuführen, wird berichtet. Schnelle Lösungen sind gefragt. Das Hochfahren der Produktionskapazität, wie zuletzt mit zwei Neueröffnungen von Munitionsfabriken durch Rheinmetall wirkt sich erst mittelfristig aus. Die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen hat darauf hingewiesen, dass die europäischen Nationen noch große Bestände in ihren Vorräten haben. Dänemark gebe wegen des akut hohen Bedarfs seine kompletten Vorräte an die Ukraine.

Wieviel Munition in den Lägern europäischer Nationen liege, sei nicht bekannt, hat der ehemalige Oberbefehlshaber der U.S. Army in Europa, Ben Hodges, beklagt und gleichzeitig angesprochen, dass immer noch etwa die Hälfte der europäischen Munitionsproduktion in außereuropäische Länder geliefert werde. Es müsse eine politische Lösung gefunden werden, um die Munition umzulenken.

Die EU ist mit ihrer Zielvorgabe, eine Million Schuss in die Ukraine zu liefern, bisher nicht erfolgreich. Wie es scheint, sind es vor allem politische Gründe, die einen kurzfristigen Zuwachs der Munitionslieferungen verhindern. Um die Beistandsversprechungen der europäischen Staaten zu erfüllen, sind Entscheidungen zu treffen über die Höhe der zurückzuhaltenden Vorräte und über die Einbindung von Industriekapazitäten außerhalb Europas.

Gerhard Heiming