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Die Ukraine benötigt zur Verteidigung gegen Russland extrem viel Munition und Waffensysteme. Neben den viel diskutierten Lieferungen aus den USA und Europa treibt das Land in Rekordgeschwindigkeit aber auch eine Vielzahl an Eigenentwicklungen voran – gerade im Bereich unbemannte Systeme. Manchmal wirken diese wie zusammengeklöppelt oder wie eine Bastelarbeit. Aber insgesamt lässt sich feststellen, dass die Ukraine zu erstaunlichen Ergebnissen kommt, trotz beschränkter Mittel und Nachschub. Und am Ende zählt nur das Ergebnis, also die Wirkung!

Eine dieser Drohnen ist die sogenannte Sea Baby Drohne. Die Überwasserdrohne wurde bereits mehrfach erfolgreich bei Einsätzen eingesetzt, gegen Schiffe sowie gegen die Verbindungsbrücke auf der Krim.

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Sea Baby Drohne. (Foto: SBU)

Laut SBU, dem Inlandsgeheimdienst der Ukraine, werden die Drohnen in einer der unterirdischen Produktionsstätten in der Ukraine hergestellt. Vasyl Malyuk, Leiter des SBU, sagte vor einiger Zeit in einem CNN-Interview: „Marinedrohnen sind eine einzigartige Entwicklung des Sicherheitsdienstes der Ukraine. Daran war kein privates Unternehmen beteiligt. Mit Hilfe dieser Drohnen haben wir kürzlich erfolgreich die Krim-Brücke (17. Juli 2023), das große Landungsschiff Olenegorskiy Gornyak und den SIG-Tanker zerstört.“

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Auch dieses Bild soll die Sea Baby Drohne zeigen. (Foto: u24gov.ua)

Allerdings sollen an der Entwicklung neben dem SBU-Team auch zivile Ingenieure und IT-Spezialisten beteiligt gewesen sein. Die Entwicklung soll mehrere Monate gedauert haben. Über die Technik sind nur ein paar Einzelheiten bekannt. Die Überwasserdrohne sieht aus wie ein geschütztes Kanu. Die Drohne scheint je nach Mission mit unterschiedlichen Nutzlasten ausgestattet werden zu können. So soll laut SBU beim Angriff auf die Krim-Brücke ein 850 kg schwerer Gefechtskopf zum Einsatz gekommen sein, beim Angriff auf das Landungsschiff Olenegorskiy Gornyak und den Tanker SIG aber Gefechtsköpfe mit jeweils 450 kg. Laut dem SBU-Leiter soll die Sea Baby Drohne der besser bekannten Magura-Drohne im taktischen und technischen Bereich überlegen sein. Über die Magura-Drohne kann – soweit bekannt – Aufgaben in einer Entfernung von 833 km (450 nautische Meilen) erfüllen und hat eine Höchstgeschwindigkeit von etwa 78 km/h (42 Knoten). Demnach müsste die Sea Baby Drohne schneller sein und über mehr Reichweite verfügen.

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Sea Baby Drohne. (Foto: SBU)

Laut OSINT-Daten kann die Sea Baby Drohne Nutzlasten bis zu 1.900 Pfund (850 kg) aufnehmen. Auch soll sie ein weitreichendes Kommunikationssystem im Wert von US$300.000 an Bord haben. Ob es sich dabei um Satellitenkommunikation oder andere Arten handelt, ist völlig unbekannt. Auch Nachtsichtoptiken sollen an Bord sein, und dem Bediener unter allen Bedingungen Bilder bis zum Einschlag liefern. Das SBU betont in Zeitungsartikeln, dass die Sea Baby Drohne auch unter schweren stürmischen Bedingungen einsetzbar ist. Damit soll sicherlich auch PSYOPS (Psychologische Kriegsführung) betrieben werden: Russische Angreifer, ihr könnt euch auf dem Wasser und im Hafen unter keinen Umständen mehr sicher sein!

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Sea Baby mit vier Raketen-Abschussvorrichtungen. (Foto: USB)

Die Drohne wird ständig weiterentwickelt und den Anforderungen nach angepasst. Der Feind muss mittels neuen Fähigkeiten ständig überrascht und damit erfolgreich bekämpft werden. Es gleicht dem berühmten Katz-und-Maus-Spiel.

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Die neueste Variante des ukrainischen Kamikaze-USV mit der Bezeichnung „Sea Baby“ ist mit Raketenrohren ausgestattet. (Foto: USB)

Auf X (ehemals Twitter) hat der ukrainische Berater für innere Angelegenheiten, Anton Geraschtschenko, einen Clip geteilt, der seiner Meinung nach „einzigartige Aufnahmen von Kämpfen zwischen ukrainischen Sea Baby Drohnen und russischen Küstenschiffen zeigt – die ersten dieser Art in der Geschichte!“ Das 15-sekündige Video, das von einem Schiff aus aufgenommen wurde, zeigt Blitze am Himmel. Geraschtschenko schreibt dazu: „Als ukrainische Sea-Baby-Drohnen auf russische Schiffe trafen, drehten sie um und schossen mit einem thermobarischen Raketensystem zurück.“

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Das thermobarische Raketensystem wird in diesem Video erstmals gezeigt und scheint neu zu sein. Bisher war bekannt, dass die Sea Baby Drohne neben Gefechtsköpfen/Sprengmittel – um als Kamikazedrohne eingesetzt werden – auch Raketen und fernbedienbare Waffenstationen mit Maschinengewehren mitführen kann. Es soll Drohnenvarianten mit Raketen-Abschussvorrichtungen für zwei, vier oder sechs Raketen geben.

Geraschtschenko postete das Video am 01. Januar 2024, jedoch ohne Angabe des Herstellungsdatum oder einer Ortsangabe. Ukrainische Medien spekulieren, dass es sich um die Gewässer rund um die Krim handelt. Die Ukraine versucht, die Seewege wieder zu öffnen, um damit sowohl einen verbesserten Nachschub zu ermöglichen, als auch den Handel mit der Welt.

Andre Forkert