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Vom 16. bis 18. Februar wird sich die Münchner Innenstadt wieder zu einer Hochsicherheitszone verwandeln, in der sich Staats- und Regierungschefs aus der ganzen Welt, geschützt von mehreren 1.000 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, in dem zu einer Konferenzplattform verwandelten Luxus-Hotel „Bayerischer Hof“ treffen werden, um über die großen sicherheitspolitischen Herausforderungen unserer Zeit zu diskutieren und um Lösungen zu ringen.

blankTrotz des diesjährigen 60. Jubiläums der Münchner Sicherheitskonferenz wird es den Teilnehmern angesichts der vielschichtigen und schwierigen sicherheitspolitischen Herausforderungen schwerfallen, in Feierlaune zu kommen. Zu ernst sind die Themen. So werden auch in diesem Jahr die klassischen Wehrkunde-Themen wieder ganz nach oben auf der Tagesordnung zu finden sein. „Neben zahlreichen anderen Herausforderungen haben wir einen Krieg in Europa, dessen Verlauf bestimmend für die Zukunft unserer regelbasierten Ordnung und der europäischen Sicherheitsarchitektur sein wird“, erklärt der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, und „daher wird die transatlantische Unterstützung für die Ukraine ein zentrales Thema auf der Konferenz sein.“

Allerdings wird bei dieser Jubiläumskonferenz auch weit über den eigentlich in Sicherheitsbegriff hinaus zu denken und zu reden sein. Denn „der Blick muss sich auch auf die zukünftigen Herausforderungen richten. Das umfasst Themen wie Klima, Energie und Ernährungssicherheit, aber auch den Technologiewettbewerb“, weiß der ehemalige deutsche Botschafter bei den Vereinten Nationen und Ex-Sicherheitsberater der Kanzlerin, der der Stiftung seit zwei Jahren vorsteht.

Das erfahrene MSC-Team geht fest davon aus, dass das Interesse, sich abseits der öffentlichen Wahrnehmung in den Hinterzimmern des Bayrischen Hofes austauschen zu können, größer sein wird, als je zuvor. Zahlreiche hochrangige Entscheidungsträger und Experten aus dem transatlantischen Raum, aber auch darüber hinaus, werden sich in München ein Stelldichein geben. Dabei liegt dem Chef der Münchner Sicherheitskonferenz besonders auch daran, mit Vertretern aus dem globalen Süden ins Gespräch zu kommen.

Dass auch in diesem Jahr wieder mit einem Besucherrekord zu rechnen ist, scheint demnach sicher zu sein. Ob allerdings US-Präsident Joe Biden den Weg in die Bayerische Hauptstadt finden wird, ist ebenso ungewiss, wie die Beteiligung einer russischen Delegation. Neben den großen Themen wie dem russischen Krieg gegen die Ukraine, dem Konflikt im Nahen Osten, der sich weiter zuspitzenden Situation auf dem Balkan und den Spannungen in der Sahel-Region ist für Christoph Heusgen ein zentrales Thema vor allem die Zukunft der Europäischen Union als geopolitischer Akteur. Denn „wir Europäer müssen zu allen genannten Bereichen und Regionen viel stärker mit einer Stimme sprechen und unsere Ressourcen bündeln“, so Heusgen. Wenige Monate nach der Sicherheitskonferenz in München werden die europäischen Wähler an die Urnen gerufen. Dann wird sich entscheiden, ob sich die Union geopolitisch stärker aufstellen muss, um mehr für die Sicherheit des eigenen Kontinents zu tun. „Wir Europäer dürfen nicht darauf bauen, dass die Amerikaner für uns weiterhin die Kartoffeln aus dem Feuer holen“, meint Heusgen.

Zeitenwende on Tour

Doch auch abseits der großen Münchner Bühne ist das MSC-Team aktiv. So veranstaltet die Münchner Sicherheitskonferenz seit etwa eineinhalb Jahren deutschlandweit die „Zeitenwende on tour“, bei der es darum geht, Bürger, renommierte Experten und Entscheidungsträger in einem offenen und respektvollen Dialog über die Veränderungen unserer Außen- und Sicherheitspolitik zusammenzubringen. Es geht um die Unterstützung der Ukraine, eine neue Russlandpolitik, die Ausstattung der Bundeswehr, Cybersicherheit, die Zukunft der NATO und der europäischen Verteidigungspolitik, aber auch den Umgang mit China. „Gerade angesichts zunehmender Desinformation ist ein solcher Dialog, bei dem die Bürger ihre Fragen direkt an die Verantwortlichen richten können, enorm wichtig“, erklärt Heusgen. Das würden auch die sehr positiven Rückmeldungen der Teilnehmer zeigen. Hierdurch angespornt, soll diese Reihe auch 2024 fortgesetzt werden.

Das Agenda-Setting für die die 60. Auflage der MSC im Februar ist allerdings längst noch nicht abgeschlossen. Laut dem stellvertretenden Vorsitzenden und geschäftsführenden Direktor der Konferenz, Dr. Benedikt Franke, könnte die Zukunft der OSZE, die sich aktuell eher mit Interna beschäftigt, ebenso thematisiert werden, wie die Frage, ob Österreich jemals seine Neutralität aufgeben und über einen Beitritt zur NATO nachdenken wird.

Spannende Fragen, zu denen auf der kommenden Konferenz möglicherweise Entscheidungen vorbereitet werden, die dann im Sommer, beim 75. Geburtstag der NATO, vielleicht wieder auftauchen.

Neben der heftigen Auseinandersetzung zwischen Israel und der Hamas wird auch zu überlegen sein, ob der Libanon es schaffen kann, aus seiner derzeitigen politischen Sackgasse herauszukommen. Mehr als ein Jahr nach dem Rücktritt des letzten Präsidenten ist das Land immer noch ohne gewähltes Staatsoberhaupt oder ermächtigte Regierung.

Angesichts der enormen Herausforderungen gibt dieser Zustand keinen Anlass zur Freude.

Die Vielfalt der Themen und Fragestellungen macht deutlich, in welchem Dilemma die Veranstalter der diesjährigen Sicherheitskonferenz in München stecken. Wird es gelingen, alle relevanten Themen zu erfassen und mit den internationalen Gästen, Regierungsvertretern und Experten im notwendigen Tiefgang zu behandeln, oder gelingt das eben nicht. In diesem Fall bliebe man oberflächlich und es droht die Gefahr, beliebig zu werden und die hohen Erwartungen der Besucher und der interessierten Weltöffentlichkeit zu enttäuschen. Keine leichte Aufgabe also, die dem Veranstaltungsteam um Christoph Heusgen beim Agenda-Setting bevorsteht.

Die Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) ist ein unabhängiger Ort der Begegnung für Politiker und Experten, an dem diese sich offen und konstruktiv über die wichtigsten aktuellen und zukünftigen Themen der internationalen Sicherheitspolitik austauschen können. Dabei setzen die Veranstalter auch unbequeme Fragen und Themen auf die Agenda und bringen Personen zusammen, die anderweitig nicht auf Augenhöhe miteinander diskutieren. Neben der großen Bühne bietet die MSC natürlich auch zahlreiche Möglichkeiten des informellen Austauschs in den engen Korridoren des Bayerischen Hofs. Dieser persönliche Kontakt ist aus Sicht der Veranstalter zentraler Bestandteil der Diplomatie.