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Wie die belgische Tageszeitung „Le Soir“ berichtet, haben am 10. Dezember der belgische Triebwerkshersteller Safran Aero Boosters und das belgische Luft- und Raumfahrtunternehmen SABCA nach vierjährigen Verhandlungen einen Zuliefervertrag von jeweils einer Milliarde Euro mit einer Laufzeit von 20 Jahren im Rahmen der belgischen Beschaffung von 34 „Stealth“-Kampfflugzeugen vom Typ Lockheed Martin F-35A „Lightning II“ unterschrieben. In diesen Summen sind auch Hilfsgelder der Regierung aus Brüssel enthalten. Bereits 2018 hatte das Königreich angekündigt, die F-35 als Nachfolger für die General Dynamics F-16 „Fighting Falcon“ beschaffen zu wollen.

Die F-35 könnte die Realisierung des FCAS-Programms gefährden. Foto: Gerd Portugall

Am selben Tag, dem 10. Dezember, ist auf der anderen Seite des Atlantiks – im Luftwaffen-Werk 4 von Lockheed Martin Aeronautics im texanischen Fort Worth – die erste belgische F-35 in Anwesenheit hochrangiger Vertreter des Bestimmungslandes vom Band gelaufen. Allerdings darf seit Juli keine F-35 aus Fort Worth abheben. Nach Unternehmensangaben soll dieser Zustand bis zum zweiten Quartal des kommenden Jahres andauern.

 FCAS

Mit diesen Verzögerungen sieht sich Frankreich in seiner grundsätzlichen Kritik an der F-35 bestätigt. Hintergrund: Die Regierung in Paris betrachtet den internationalen Verkaufserfolg der F-35 als Bedrohung für das FCAS-Projekt (Future Combat Air System). Dabei handelt es sich um ein technologisch wie finanziell extrem anspruchsvolles Programm Deutschlands, Frankreichs und Spaniens zur Entwicklung eines „System of Systems“, bestehend aus einem bemannten, mehrrollenfähigen Kampfflugzeug (NGF) der 6. Kampfjet-Generation, unbemannten „Remote Carriers“ sowie neuen Waffen- und Kommunikationssystemen. Beim „New Generation Fighter“ haben Frankreich und der Flugzeugbauer Dassault Aviation die Führungsrolle inne.

Im Juni dieses Jahres hat der französische Staatspräsident Emmanuel Macron bekannt gegeben, dass Belgien dem FCAS-Projekt als Beobachter beitrete und sich mit 369 Millionen Euro an dem Programm beteilige. Zehn Prozent dieser Summe sollen an die belgische Industrie gehen.

Modell des „New Generation Fighter“ auf dem „Salon aéronautique“ in Le Bourget im Jahre 2019. (Foto: Gerd Portugall)

Projektgefahren

Unterdessen lässt Frankreich „kein gutes Haar“ an der F-35. So schrieb zum Beispiel der Journalist Yannick Smaldore im Sommer dieses Jahres in der französischen Fachzeitschrift „Défense & Sécurité Internationale“ (DSI) in einem Artikel über die F-35, der bezeichnenderweise mit „Das Flugzeug aller Gegensätze“ überschrieben ist: „Der Jäger von Lockheed Martin ist immer noch nicht vollständig einsatzfähig und häuft technische Fehler und operative Begrenzungen an.“

Lange nach Belgien hat sich jetzt ausgerechnet auch noch Deutschland für die F-35 entschieden. Darin sieht Frankreich eine existenzielle Bedrohung für FCAS: Wenn Belgien und Deutschland die schon teure F-35 der 5. Generation beschaffen, die über viele Jahrzehnte betrieben werden wird, haben beide dann noch den politischen Willen und die finanziellen Möglichkeiten für das FCAS der 6. Generation?

Zusätzlich erschwert wird FCAS durch das britisch initiierte Konkurrenzprojekt „Global Combat Air Programme“ (GCAP) als Nachfolger für den Eurofighter „Typhoon“, an dem sich bisher auch Italien und Japan beteiligen. Schweden und Saudi-Arabien, das auch den Eurofighter fliegt, haben ebenfalls ihr Interesse bekundet.

Dr. Gerd Portugall