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Das Bundesministerium der Verteidigung will den zunächst siegreichen Bieter Haenel vom Verfahren zur Vergabe eines neuen Sturmgewehres ausschließen und den Zuschlag dem Konkurrenten Heckler & Koch erteilen. Der Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Peter Tauber MdB, führte heute in einer schriftlichen Mitteilung an die Obleute des Verteidigungsausschusses Patentrechtsverstöße als Begründung für die Entscheidung an.

Der Auftraggeber werde den Bieter über diese Entscheidung, ihn vom weiteren Verfahren auszuschließen, in Kürze informieren. „Die Wiederholung der Angebotswertung ist damit abgeschlossen“, heißt es weiter. Es sei beabsichtigt, den Zuschlag auf das Angebot des Unternehmens Heckler & Koch GmbH, das mit dem Gewehr HK 416 ins Rennen gegangen ist, zu erteilen.

Hintergrund der Entscheidung sind Patentrechtsverletzungen durch Haenel. Nach Angaben von Tauber wurde nach der Feststellung, dass einer der Bieter möglicherweise Patente eines anderen Bieters verletzt hat, das Verfahren zur Beschaffung eines neuen Sturmgewehres wieder in den Stand der Angebotswertung zurückversetzt. Daraufhin sei eine patentrechtliche Bewertung durch eine externe Patentanwaltskanzlei erfolgt.

„Im Ergebnis liegen nach der Feststellung der Gutachter Patentverletzungen bezüglich der Over-the-beach-Fähigkeit des Waffenverschlusssystems und bezüglich des Magazins vor“, heißt es in der Mitteilung.  Gegen eines der Patente habe der Bieter – also Haenel –  eine Nichtigkeitsklage beim Bundespatentgericht eingereicht, die nach Einschätzung der beauftragten Patentanwaltskanzlei Aussicht auf Erfolg habe.

„Da es sich aber um ein europäisches Patent handelt und das Bundespatentgericht die Nichtigkeit des Patents nur für Deutschland feststellen könnte, würde das Patent in den anderen europäischen Ländern weiter gelten, bis es auch dort für nichtig erklärt wird“, schreibt der Staatssekretär. Die vergaberechtliche Bewertung sei zum Ergebnis gekommen, dass das Angebot dieses Bieters wegen der Patentverletzungen auszuschließen sei. Um dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs zu entsprechen, wurde der Bieter laut Tauber vor einer endgültigen Entscheidung gebeten, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Die Stellungnahme sei eingehend geprüft worden, habe die patentrechtliche und die vergaberechtliche Bewertung jedoch nicht geändert. Das Angebot des Bieters sei daher vom weiteren Verfahren auszuschließen.

„Wer den Inhalt der vertraulichen Patentgutachten kennt, den überrascht die Entscheidung des Verteidigungsministeriums nicht“, kommentiert der Verteidigungsexperte der Grünen, Tobias Lindner MdB, den Vorgang.  „Die Tatsache, dass der einstige Sieger der Ausschreibung nun aus dem Verfahren ausgeschlossen wird, zeigt, wie fehlerbehaftet der Prozess zur Beschaffung eines neuen Sturmgewehrs gelaufen ist.“

Nach Einschätzung von Lindner ist das Bundeswehr-Beschaffungsamt offenkundigen Hinweisen nach Patentverletzungen viel zu spät nachgegangen. Dadurch sei nicht nur Zeit verloren gegangen, auch das Vertrauen in das Vergabeverfahren werde damit beschädigt. „Auch nach der heutigen Entscheidung scheint es, als würde die Frage, welches Sturmgewehr die Truppe erhält, am Ende durch Gerichte entschieden“, so Lindner.

Lars Hoffmann