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In einem veröffentlichen Beitrag des Ausbildungszentrums Infanterie auf dem Webauftritt der Bundeswehr wurde zwischen den Zeilen bekannt, dass die Jägerverbände zukünftig mit einem schweren Waffenträger auf Boxerbasis ausgerüstet werden.

Bereits vor mehreren Jahren waren der Fachpresse – beispielsweise im Wehrtechnischen Report Truppengattungen des Heeres – Hinweise zu entnehmen, dass das Heer über die Beschaffung eines Boxers mit einem Maschinenkanonenturm nachdenkt.

So schrieben Fachautoren aus dem Dezernat Infanterie des Amtes für Heeresentwicklung bezugnehmend auf zukünftig notwendige Fähigkeiten der Jägertruppe:

„Der bisher bei der Jägertruppe genutzte Waffenträger Wiesel soll durch die Beschaffung eines neuen, schweren Waffenträgers auf Basis des GTK Boxer abgelöst werden. Dieser schwere Waffenträger soll in seinen Fähigkeiten und Parametern vergleichbar zum Schützenpanzer Puma sein. Ausgestattet mit einer leistungsfähigen Maschinenkanone und mit Panzerabwehrmitteln soll dieses Gefechtsfahrzeug die Fähigkeiten der Jägertruppe verbessern und Wirksamkeit und Schutz der Infanteristen signifikant steigern. Dabei besteht die Möglichkeit das Fahrzeug als Waffenträger innerhalb der schweren Jägerkompanien oder als Unterstützungsfahrzeug innerhalb einzelner Teileinheiten der Jägerkompanien einzusetzen, um somit deren Durchsetzungsfähigkeit in erheblichem Maße zu steigern. Vor allem die schweren Jägerzüge sind hierbei zu berücksichtigen, da sie einen wesentlichen Beitrag zur Aufklärung und Panzerabwehr auf Einheitsebene leisten.“

Krauss-Maffei Wegmann präsentierte einen möglichen Schweren Waffenträger auf Basis des unbemannten Puma-Turms. (Foto: Waldemar Geiger)

Auf der Industrieausstellung begleitend zum Tage der Infanterie 2018 konnten potentiellen Lösungen der Industrie für solch einen Boxer betrachtet werden. Krauss-Maffei Wegmann präsentierte einen Boxer mit einem unbemannten Turm, wie er auch auf dem Puma eingesetzt wird. Rheinmetall stellte eine Lösung mit einem bemannten Lanceturm vor, wie er derzeit durch Australien beschafft wird. Seither sind die Überlegungen des Heeres vorangeschritten.

Schwerer Waffenträger

Die Recherchen der Europäischen Sicherheit & Technik haben ergeben, dass das Heer für diese Boxer einen bemannten Turm fordert. Dieser soll neben einer 30-mm-Maschinenkanone auch über die Befähigung zur Panzerabwehr – gelöst durch den im Turm integrierten Panzerabwehrlenkflugkörper MELLS – verfügen.

Eine Auswahlentscheidung hat es aber dem Vernehmen nach noch nicht gegeben, theoretisch kommen daher neben dem Lance-Turm von Rheinmetall auch andere Bemannte Turmvarianten, welche jedoch noch nicht in Boxermodule integriert wurden, in Betracht. Da diese Boxer bereits Bestandteil der „Division 2027“ sein sollen, müssten die Fahrzeuge spätestens Mitte der zwanziger Jahre in die Truppe zulaufen. Somit könnte der Beginn des Beschaffungsprozesses für 2020/2021 erwartet werden.

Aus der Truppeneinteilung des „fiktiven“ Jägerbataillon 14 lässt sich zukünftige Struktur der schweren Infanteriekompanie in den Boxerverbänden herauslesen. (Screenshot: Bundeswehr)

Organisatorisch sind die schweren Waffenträger für alle Jägerverbände und das mit Boxern ausgestattete Gebirgsjägebataillon 231 (Bad Reichenhall) vorgesehen, die restlichen Infanterieverbände erhalten den Planungen nach den LuWa (luftbeweglicher Waffenträger).

Es ist zu vernehmen, dass pro Bataillon zwölf Fahrzeuge vorgesehen sind, welche in der schweren Kompanie in drei Züge à vier Fahrzeuge organisiert werden sollen. Derzeitig sind es zwei Züge à sechs Wiesel (ein Zug Wiesel MK und ein Zug Wiesel TOW bzw. nach Abschluss der Modernisierungsmaßnahmen MELLS).

Aus der Truppeneinteilung des „fiktiven“ Jägerbataillon 14 lässt sich zukünftige Struktur der schweren Infanteriekompanie in den Boxerverbänden herauslesen.(Screenshot: Bundeswehr)

Somit stünde für die Gefechtsgliederung zukünftig jeder leichten Jägerkompanie ein Zug schwerer Waffenträger (vier Boxer mit Maschinenkanone und MELLS) als hochmobiles Feuerunterstützungs- (weitreichendes Flachfeuer) und Panzerabwehr-Element zur Verfügung. Jedes Fahrzeug könnte beide Rollen übernehmen und dies aufgrund der leistungstärkeren Bewaffnung wirksamer als der Wiesel. Als Besatzung sind pro Fahrzeug drei Soldaten (Kraftfahrer, Richtschütze und Kommandant) vorgesehen.

Waldemar Geiger