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Die Lehrgangsteilnehmenden an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg lernen und trainieren auch Rhetorik- und Präsentationsskills. Virtual Reality (VR) kann hier helfen, die Ausbildung von Soldatinnen und Soldaten weiter zu verbessern und effizienter zu gestalten.

Momentan testet der Cyber Innovation Hub der Bundeswehr gemeinsam mit der Führungsakademie der Bundeswehr und dem Verlag Dashöfer das Innovationsvorhaben „VR-EasySpeech“. Das System besteht aus einer sprachauswertenden KI-Software, die mit einer VR-Brille kombiniert wird.

Herausforderungen in der Rhetorik-Ausbildung

Oberstleutnant Sven Gringel ist Dozent an der Führungsakademie und zuständig für das Kommunikations- und Rhetorikmodul, das jeder Lehrgangsteilnehmende des Lehrgangs General-/Admiralstabsdienst National und des Lehrgangs General-/Admiralstabsdienst International absolvieren muss. Er war der initiale Ideengeber für das Innovationsvorhaben. „Als Soldat oder Soldatin spricht man dauernd – sei es, dass man einen Unterricht in politischer Bildung halten muss oder in der Lagebesprechung überzeugen möchte. In meinen Seminaren versuche ich, die Teilnehmenden bestmöglich darauf vorzubereiten. Oft fehlt mir aber die Zeit, wirklich detailliert in das Erkennen und Beheben von Defiziten in der Rhetorik der jeweiligen Teilnehmenden reinzugehen. Um dort alle unterzubringen und individuell zu üben, dafür reicht dieser Raum oft nicht aus“, erläutert Gringel.

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Oberstleutnant Sven Gringel ist Dozent an der Führungsakademie und zuständig für das Kommunikations- und Rhetorikmodul (Fotos: FüAk)

Künstliche Intelligenz im Einsatz

Mit der VR-Rhetorikbrille können die Soldaten und Soldatinnen nun eigenständig und außerhalb des Unterrichts ihre Präsentationsskills verbessern. Sie erhalten durch das System eine objektive Auswertung ihrer Präsentation in Bezug auf Parameter wie Tonalität, Redegeschwindigkeit, Nutzung von Füllwörtern, Halten von Blickkontakt, Deutlichkeit.

Anhand des Ergebnisses können die Defizite dann effizient nachgeschult werden. Entweder im Selbststudium oder gemeinsam mit dem Rhetoriktrainer.

Während des Trainings kann man zudem verschiedene Zuhörersettings wählen, die die VR-Brille generiert. Das reicht von einem Hörsaal mit vollem Auditorium mit über 500 Personen bis zur eigens für die Bundeswehr kreierten Lagebesprechung mit nur fünf Personen. In diese Settings lassen sich Störfaktoren wie etwa Zwischenrufe einbauen, um die Resilienz der Vortragenden zu trainieren. Damit lässt sich Nervosität abbauen.

André Gotthardt, Innovationsmanager im Cyber Innovation Hub, erläutert: „Es ist erstmalig möglich, dass Lehrgangsteilnehmende auch nach Dienst eine objektive Auswertung ihrer Präsentation in Bezug auf die Rhetorik erhalten. Auch der Abbau von Nervosität aufgrund der virtuellen Darstellung von Zuhörenden ist gewinnbringend und zielführend.“

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Mit der VR-Rhetorikbrille können die Soldaten und Soldatinnen ihre Präsentationsskills verbessern

Rhetorische Fähigkeiten verbessern

Die Lehrgangsteilnehmenden sind sehr angetan von der Brille. Dank der Brille fühlen sie sich nun viel sicherer, vor vielen Menschen zu sprechen. Außerdem zeigt ihnen die Künstliche Intelligenz auf, wenn sie zum Beispiel Schwierigkeiten beim Sprachtempo hatten und ein bestimmtes Füllwort zu viel nutzten. Daran können sie dann im Nachgang selbstständig arbeiten.

Tatsächlich zeigte sich, dass sich die rhetorischen Fähigkeiten der Lehrgangsteilnehmenden durch die Nutzung der VR-Rhetorikbrille in mehreren Dimensionen verbesserten und eine Steigerung der Resilienz ebenfalls feststellbar war. Die Hemmschwelle zum Üben von Vorträgen war mit der VR-Rhetorikbrille deutlich geringer. Ein herausragendes Beispiel hierfür war ein PTBS-betroffener Soldat in Strausberg, der unter Nutzung der Brille überhaupt wieder in die Lage versetzt wurde, vor Menschengruppen zu sprechen.

Die VR-Rhetorikbrille bietet die Chance, zukünftig eine weitere Option an Ausbildungsmöglichkeiten für die Bundeswehr zu schaffen. „Mit der VR-Rhetorikbrille habe ich jetzt ein Werkzeug an der Hand, das mich in der Ausbildung unterstützt, da sie eine optimale und objektive Beurteilung eines jeden Soldaten bzw. jeder Soldatin zulässt“, freut sich Oberstleutnant Gringel.

Josefine Neuschäffer ist Angehörige des Cyber Innovation Hub der Bundeswehr.