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Der Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) für die militärische Aufklärung ist inzwischen fast schon zum Standard geworden. Was aber zu Land oder in der Luft inzwischen eine gängige Praxis ist, gestaltet sich hingegen unter Wasser deutlich schwieriger. Die Gründe hierfür sind zum einen die physikalischen Gegebenheiten, die etwa bei der Datensammlung ein anderes Vorgehen erforderlich machen. Zum anderen gibt es technische Einschränkungen, die eine zeitnahe Datenauswertung erschweren: Unter Wasser ist die abhörsichere Kommunikation und Datenübertragung stark eingeschränkt. Daher bleiben die üblicherweise eingesetzten autonomen Unterwasserfahrzeuge (AUV) über mehrere Stunden auf Tauchgang und suchen automatisiert vorher festgelegte Planbereiche ab. Erst nach dem Auftauchen senden die AUV die erfassten Daten an die Operationszentrale, wo sie ausgelesen und durch einen Operateur aufwändig manuell gesichtet werden. Dieser gesamte Prozess der Lagebilderstellung nimmt daher viele Stunden in Anspruch.

Echtzeitnahe Lageerfassung unter Wasser
Wie aber lässt sich KI einsetzen, um die Unterwasseraufklärung zu beschleunigen? Dies hat die BWI mit ihrer Innovationseinheit innoX gemeinsam mit dem Deutschen Marinekommando, der marinom GmbH, einem Dienstleister im Bereich autonome maritime Systeme, und der Hochschule Bremen in einem Experiment erprobt. Hierzu wurde ein AUV mit einem Edge Device – eine Art Mini-Computer, der seine Arbeit am Rand, also dezentral eines Netzwerks durchführt – und einer darauf installierten, speziell angelernten KI ausgestattet. Diese ist in der Lage, aus der Auswertung von Sonardaten zuvor angelernte Objekte unter Wasser automatisiert und unmittelbar zu erkennen. Bei der Sichtung eines vorab definierten Objektes – zum Beispiel einer Mine – bringt die KI das AUV unmittelbar zum Auftauchen. Diese sendet dann die Daten zur Einbindung in das Lagebild direkt an die Operationszentrale weiter. Anschließend kann das AUV seine Suche im Planbereich fortsetzen oder neue Befehle durch den Operateur erhalten.

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Das Innovationsexperiment KALMAR sorgt für eine beschleunigte Unterwasser-Aufklärung (Grafik: BWI)

Erfolgreiche Erprobung und großes Potential
In vielen Erprobungstauchgängen konnte KALMAR in den vergangenen Monaten seine Wirksamkeit unter Beweis stellen: die KI ermöglicht im Unterwasserbereich eine zuverlässige automatische Objekterkennung und -klassifizierung. Auch die Auswertung der Sensoren im Edge Device und die damit verbundene Reduzierung des Datenflusses funktioniert wie geplant. Insgesamt sorgt KALMAR dadurch für eine direkte Datenübertragung und echtzeitnahe Datenauswertung. Dies versetzt den Operateur in die Lage, die manuelle Sichtung schneller und besser vorzunehmen.

Das Experiment hat gezeigt, dass KALMAR eine Lücke in der militärischen Aufklärung schließen könnte. Zudem besitzt die KI-Anwendung großes Potential für Weiterentwicklungen: So könnten etwa durch Training mit Objektgeometrien Seeminen detektiert oder die Eigensicherung von Hafenanlagen verbessert werden. Nach der erfolgreichen Erprobung und einem Demonstrations-Termin im Marinestützpunkt Eckernförde in Anwesenheit des Marineinspekteurs Jan Christian Kaack prüft die Bundeswehr derzeit die Weiterentwicklung von KALMAR.

René Tedeski, Experimentleiter KALMAR, BWI innoX