Print Friendly, PDF & Email

Desinformation ist nicht erst seit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine Teil der hybriden Kriegsführung. Dabei werden gefälschte Videos, Texte und Fotos gezielt verbreitet, um beispielsweise die öffentliche Meinung zu manipulieren oder Diskurse zu zerschlagen. In den Einsatzgebieten werden solche Inhalte durch unterschiedliche Stellen in der Bundeswehr ausgewertet. Ähnlich wie zivile Medienorganisationen, analysiert das zuständige Team dort die Veröffentlichungen und Situationen der Bevölkerung und erstellt sogenannte Lagebilder für die Operationsführung, die auf Basis öffentlich zugänglicher Daten Rückschlüsse auf das Debattenklima im Einsatzland zulassen. Textdaten lassen sich mittlerweile mit gängigen Algorithmen zunehmend gut auswerten und die Bundeswehr nutzt hierfür bereits Technologien, die bei der Textanalyse helfen. Anders sieht es bei Bilddateien aus, deren Analyse weitaus komplizierter ist.  Als dominierendes Kommunikationsmittel ist der Text jedoch längst abgelöst vom Bild und Bilder und Videos werden immer häufiger eingesetzt, um gezielte Meinungskampagnen zu fahren.

blank
Ein Dashboard zeigt übersichtlich auf einem Bildschirm das aktuelle Stimmungsbild im Netz. (Foto: Sebastian Christ / CIHBw)

Das Innovationsvorhaben „Image Aware“ des Cyber Innovation Hub der Bundeswehr (CIHBw) setzt genau dort an: Mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz können Bild- und Videodaten automatisch erfasst und ausgewertet werden. Gemeinsam mit der Bundeswehr testet der CIHBw eine KI-basierte Software des Startups Munich Innovation Labs, die für die Bundeswehr allgemeine Lage- und Stimmungsbilder in Auslandseinsätzen erstellen kann. Das Programm greift dafür auf öffentlich zugängliche Daten aus der Social-Media- und Messenger-Kommunikation zurück und ist auch in der Lage, Fotos, Memes und Videos erkennen und einordnen zu können.

blank
Netzwerke, Verbindungen einzelner Accounts und Cluster lassen sich einfach darstellen. (Foto: Screenshot / Munich Innovation Lab)

Konkret sieht das so aus: Ein Analyst stellt eine Anfrage an das System, nach einem bestimmten Begriff zu suchen, zu dem man Informationen erhalten möchte. Die Software durchsucht daraufhin große Mengen an Text-, Bild- und Videoinhalten nach relevanten semantischen Mustern, clustert das frei zugängliche Bildmaterial und macht die Fundstellen dem Analysten zugänglich. Die KI reduziert hier die inhaltliche Komplexität, was eine datengetriebene Analyse von bislang unstrukturierten Daten ermöglicht. Die dabei gesammelten Inhalte werden bei der Suche automatisch übersetzt, was die Weiterverarbeitung enorm erleichtert.

blank
blank
blank
blank
Die KI hinter Image Aware kann Bilder und Objekte kategorisieren und unterstützt eine datengetriebene Analyse. (Foto: Screenshot / Munich Innovation Labs)

Die so entstehenden Lagebilder sind aussagekräftiger als reine Textanalysen, da sie eine nuanciertere und vielfältigere Betrachtung von Narrativen zulassen. In hybriden Konfliktsituationen entstehen dadurch neue Fähigkeiten zur Einordnung des Informationsumfeldes, in dem sich Einsatzkontingente bewegen.

Matthias Lehna