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Die Schweizer Streitkräfte werden mit einem modernen Funkleitsystem für Mörser ausgerüstet. Nach erfolgreichen Funktionstests, die Anfang März durchgeführt wurden, ist das elektronischen Richtmittels ELAD (ELectronic Aiming Device) als funktionsfähig und einsatzbereit eingestuft, wie der Hersteller Hirtenberger Defence jetzt mitteilte. Bei den Tests  das ELAD auf seine Funktionalität, Genauigkeit und Handhabung erfolgreich getestet. Das System ist nun bereit für die Serienproduktion und Auslieferung an die Schweizer Armee, heißt es bei dem österreichischen Mörserhersteller

Bereits im Rahmen des Rüstungsprogramms 2019 hat die Schweizer Armee (VBS) insgesamt 300 81-mm-Mörser von EXPAL einschließlich Munition (von Saab Bofors Dynamics Switzerland) geordert. Auch diese Systeme sollen zwischen 2021 und 2023 an die Truppe ausgeliefert werden. Diese werden offenbar mit dem ELAD ausgerüstet werden.

Die VBS werden somit weltweit die ersten Streitkräfte sein, die solch ein System für einen 81-mm-Mörser einführen. Das Einrichten und Richten (Zielen) von Zweibeinmörsern kann mit diesem System unabhängig von Richtkreisen bzw. Periskopen und auch ohne Verbindungen zu Global Navigation Satellite Systemen (GNSS) durchgeführt werden.

„Wir freuen uns sehr, dass das ELAD-System seine Tauglichkeit unter realen Schießbedingungen unter Beweis gestellt hat“, meinte Carsten Barth, Geschäftsführer Hirtenberger Defence Europe, „wir können nun in die Serienproduktion gehen, um sicherzustellen, dass das ELAD-System so schnell wie möglich an die armasuisse ausgeliefert werden kann. Wir sind sehr stolz darauf, die Schweizer Armee bei der Digitalisierung ihrer Mörsersysteme zu unterstützen.“

ELAD / MDAS

Das ELAD, das Hirtenberger international unter der Bezeichnung Mortar Digital Aiming Solution (MDAS) vermarktet, ist ein digitales Richtmittel für 81-mm-Mörser, welches erstmalig im März 2020 öffentlich im Rahmen der Mortar Systems Conference (in Bristol, UK, vom 10. bis 11. März 2020) vorgestellt wurde.

Die Mortar Digital Aiming Solution wiegt weniger als sieben Kilogramm und besteht aus zwei Hardwarekomponenten, die je nach Ausprägung entweder mittels Kabelverbindung oder kabellos kommunizieren und in einer Transportbox geschützt transportiert werden können. Die zwei Systemkomponenten sind:

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Ein navigationssystemunabhängiges, gyroskopbasiertes Sensorpaket samt Batterieeinheit (im Bild als schwarzer Kasten am Mörserrohr erkennbar), welches mit einer Rohrschelle an jeglichen im Einsatz befindlichen 81er Mörsersystemen befestigt werden kann. Das System ist schockresistent, so dass es auch beim Feuern mit maximaler Ladung oder beim Stellungswechsel nicht vom Rohr abgenommen werden muss. Die Batterieladung ist ausreichend, um einen Dauerbetrieb der MDAS von über sechs Stunden zu gewährleisten.

Ein Display wird an Stelle eines Periskops am Mörser befestigt und zeigt die Ausrichtung der Waffenanlage an.

Mit diesen Komponenten ermöglicht MDAS ein digitales und unabhängiges Richten. Daneben kann das System in ein Feuerleitsystem eingebunden werden. Für diese Nutzung wird dann ein Feuerleitrechner (Laptop oder Smart Device) mit aufgespielter Feuerleitsoftware benötigt. Rechner und Software können durch den Nutzer herstellerunabhängig frei gewählt werden.

Alle für die Feuerleitung benötigten Daten (Zielmeldungen, Stellungsdaten etc.) können entweder automatisch aus einem Navigationssystem übernommen oder manuell über den Rechner in die MDAS eingegeben werden. In diesem Verbund ermöglicht MDAS die Einbindung der Mörserwaffe im digitalen Raum.

Nutzervorteile

  1. Das MDAS funktioniert waffensystemunabhängig und kann somit als Retrofit im Einsatz befindliche Mörsersysteme kampfwertsteigern und in die genutzten Battle-Management-Systeme der Streitkräfte integrieren. Dies erleichtert sowohl die Führung als auch den Einsatz der Systeme.
  2. Weiterhin ermöglicht die Digitalisierung eine deutliche schnellere Übermittlung der Zieldaten als durch Sprechfunk. Je nach Stabilität der Datenverbindung werden auch Übertragungsfehler (falsches Verstehen) eliminiert. Dies ermöglicht eine schnellere Wirkung im Ziel.
  3. MDAS entlastet den Trupp. Dies gilt sowohl für Qualität als auch Quantität der Aufgaben. Das Einrichten der Waffenanlagen kann kräfteschonender erfolgen: Der Richtstäbe setzende Munitionsschütze muss sich nicht im Vorfeld exponieren. Das Richten mit einem digitalen Display ist einfacher zu erlernen und auch in Stresssituationen (Gefecht) einfacher durchzuführen als dies möglich ist, wenn Richtstäbe/Kollimator und ein Periskop eingesetzt wird. Dies führt dazu, dass die Ausbildung einfacher und schneller ist. Zudem kann die Truppstärke, die für das Feuern nötig ist, reduziert werden. Das freigewordene Personal, welches für den gefechtsmäßigen Transport der Waffenanlage weiterhin notwendig bleibt, kann so für zusätzliche Sicherungsaufgaben eingesetzt werden.
  4. Die Möglichkeit der navigationssystemunabhängigen Nutzung der MDAS erlaubt den Einsatz auch in einem durch elektronischen Kampf bestimmten Szenario.
  5. MDAS erlaubt es, den Mörser, wo notwendig und zweckmäßig, weiterhin in altbewährtem Verfahren mit Periskop und Richtstäben einzusetzen.

Waldemar Geiger