Die Niederlande wollen in den nächsten sechs Monaten 22 mobile Drohnenabwehrkanonensysteme Skyranger 30 bestellen. Das hat der Verteidigungsstaatssekretär Gijs Tuiinman dem Parlament in einem Kamerbrief am 29. Januar mitgeteilt. Demnach sollen Drohnenabwehrsysteme aus Skyranger-30-Türmen von Rheinmetall bestehen, die auf gepanzerten Kettenfahrzeugen des Typs Armoured Combat Support Vehicle (ACSV) der Flensburger Fahrzeugbau Gesellschaft (FFG) integriert werden. Das Budget dafür betrage 1,3 Milliarden Euro. Wenn – nach der parlamentarischen Billigung – der Vertrag noch in diesem Halbjahr geschlossen werden kann, soll der Zulauf der Systeme 2028/2029 erfolgen.
Das Projekt umfasst außerdem Führungs- und Kontrollmittel, Simulationsmittel, Munition für Ausbildung/Training und für den Einsatz sowie logistische Unterstützung.
Staatssekretär Tuinman: „Wir müssen jetzt und in Zukunft besser gegen feindliche Drohnen und andere Bedrohungen aus der Luft gewappnet sein. Mit der Einführung dieses neuen Waffensystems schützen wir unsere Truppen und stellen die notwendige Kampfkraft zur Verfügung. Damit kommen die Niederlande auch dem Bedarf der NATO entgegen.“
Die Niederlande haben für die Combat Counter-Unmanned Aircraft Systems mobile Systeme, die speziell für die Bekämpfung von kleinen unbemannten Systemen wie Drohnen entwickelt wurden.
Skyranger 30-Turm
Der ausgewählte rund vier Tonnen schwere Skyranger 30-Turm von Rheinmetall ist mit einer Oerlikon Revolverkanone 30 mm x 173 KCE ausgestattet, die Airburst-Munition verschießen kann. Das ist Munition, die sich nach vorprogrammierter Zeit in der Luft zerlegen kann und eine tödliche Wolke von Subprojektilen – je nach Munitionssorte zwischen 150 und 500 Stück – aus Wolfram freigibt. Zudem ist der Turm mit einem zweifach-Raketenwerfer ausgestattet. Zur Auswahl der Rakete machte Tuinman keine Angabe.
In der zweistufigen Sensorsuite sucht und erfasst das x-Band Radar Spexer 2000M 3D MkIII von Hensoldt mit drei Antennen Ziele auf Entfernungen bis zu 30 km. Die Zielkoordinaten werden an das elektrooptische System übergeben, das mit Tageslicht- und Infrarotkameras sowie mit zwei Laserentfernungsmessern (mit großem und engem Blickwinkel) die Zielidentifizierung und -klassifizierung ermöglicht und das Ziel verfolgt.
Die Verarbeitung der Daten erfolgt in der Skymaster Software, mit der ein lokales Luftlagebild erzeugt wird, gegebenenfalls – wenn möglich – unter Einbeziehung externer Daten. Dazu stellt der Skymaster alle Schnittstellen bereit, über die die Sensoren, Effektoren und Kommunikationsmittel gesteuert und ausgewertet werden.
Im vergangenen Jahr haben Deutschland 19 Skyranger 30 auf Boxer, Österreich 26 Skyranger 30 auf Pandur und Dänemark 16 Skyranger 30 auf Piranha bestellt. Großbritannien könnte in absehbarer Zeit das System auf Boxer bestellen.
Dies ermögliche dem Verteidigungsministerium, durch gemeinsame Schulung, Ausbildung und Wissensaustausch lebenslange Vorteile in den Bereichen Interoperabilität sowie durch die Lieferung von Ersatzteilen und die Austauschbarkeit von Munition Vorteile bei der Materialerhaltung zu erzielen, so Staatssekretär Tuinman.
Trägerfahrzeug ACSV
Das ACSV Kettenfahrzeug von FFG der Firma Flensburger Fahrzeugbau ist bereits in der Konstruktionsphase hinsichtlich der Nutzung unterschiedlicher Rüstsätze auf einer hochgeschützten und äußerst mobilen Fahrzeugbasis ausgelegt. Das für 26 Tonnen Gesamtgewicht ausgelegte Fahrzeuge kann eine Nutzlast von acht Tonnen tragen, die im Nutzlastbereich über eine Standard-Containerschnittstelle installiert werden kann. Mit dem 460kW Dieselmotor kann das ACSV bis 74 km/h schnell und bis 600 km weit fahren. Ein Komposit-Gummi-Kettensystem reduziert Vibrationen und Geräusche sowohl innerhalb als auch außerhalb des Fahrzeugs.
Das ACSV ist auch das Trägerfahrzeug für das Nahbereichs-Luftabwehrsystem (Short Ragen Air Defence, SHORAD) National Maneuver Air Defence System (NOMADS), das die Niederlande beschaffen wollen.
Geschichtete Luftverteidigung
Mit Skyranger 30 und NOMADS wollen die Niederlande Tuinman zufolge ein geschichtetes Luftverteidigungssystem schaffen, das es ermöglicht, verschiedene Waffensysteme gemeinsam, aber auch einzeln einzusetzen. Das Konzept der geschichteten Luft- und Raketenabwehr sei skalierbar, so dass diese neue Fähigkeit flexibel und modular für verschiedene Einsatzarten angepasst werden könne. Dazu gehört zum Beispiel die Verteidigung eigener und verbündeter operativer Einheiten sowie lebenswichtiger (militärischer) Infrastruktur.
Die neue Kapazität soll dem Kommando für bodengestützte Luftverteidigung (DGLC) zugeordnet werden, das dazu in den kommenden Jahren um rund 125 Stellen ausgebaut werden soll.
Redaktion / gwh