Print Friendly, PDF & Email

Mit einer technischen Überprüfung im scharfen Schuss am 24. Februar in Pabrade hat Litauen den letzten Schritt im Übergabeverfahren der 91 Boxer Vilkas erreicht und damit die Abnahme der Serienfahrzeuge des ersten Loses abgeschlossen. Dies haben das litauische Ministerium für Nationale Verteidigung und die europäische Beschaffungsorganisation OCCAR bekannt gegeben.

Aus der Mitteilung geht hervor, dass im Rahmen des OCCAR Boxer-Programms 91 Boxer-Fahrzeuge in vier verschiedenen Varianten an den litauischen Kunden ausgeliefert worden sind. Litauen verfüge nun als erste Nation über einen Boxer mit 30-mm-Kanone. Die Einführung dieses hochmodernen Schützenpanzers sei das Ergebnis erheblicher gemeinsamer Anstrengungen aller beteiligten Parteien, insbesondere aufgrund der Herausforderungen in der Lieferkette, die in den letzten 24 Monaten zu bewältigen waren.

blank
Die litauischen Streitkräfte haben nach einem Funktionsschießen den letzten Schritt im Übergabeprozess der 91 Boxer Vilkas getan. (Foto: OCCAR)

Litauen hatte 2016 über die OCCAR insgesamt 88 Boxer beim Hersteller ARTEC, einem Joint Venture von Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann bestellt und wurde damit – nach Deutschland und den Niederlanden – dritte Nutzernation des Gepanzerten Transportkraftfahrzeugs GTK Boxer.

Nach der Auslieferung von zwei Fahrschulfahrzeugen 2017 sollten 2019 insgesamt 15 Vilkas an Litauen ausgeliefert werden. Die restlichen 71 Fahrzeuge sollten bis Ende 2021 der Mechanisierten Infanteriebrigade Eiserner Wolf zur Verfügung stehen (ESuT berichtete).

Die Anzahl bestellter Fahrzeuge wurde später auf 91 erhöht. Von der Gesamtzahl an Boxern werden 55 als Gruppenfahrzeuge, 18 als Zugführerfahrzeuge und zwölf als Kompanieführerfahrzeuge ausgeführt. Vier Boxer werden als Führungsfahrzeuge ausgestattet. Alle Boxer entsprechen der Konfiguration A2, mit verbesserter Position der fernbedienbaren Waffenstation und verbessertem Schutz, zahlreichen elektrischen Anpassungen zur Vorbereitung neuer Ausstattung wie Fahrersichtgeräte, Jammer und Satellitenfunk.

Für Litauen wurden erstmals Missionsmodule mit dem unbemannten Elbit-Turm Samson MK II gebaut. Neben der 30mm-Bushmaster-Kanonen und einem leichten Maschinengewehr ist der Turm mit einem Werfer für Panzerabwehrlenkraketen Spike-LR bestückt.

blank
Der unbemannte Infanterieturm Samson Mk II ist das Alleinstellungsmerkmal der litauischen Boxer. Er kann u.a. Panzerabwehrlenkflugkörper Spike-LR abfeuern. (Foto: MoD Litauen)

Die planmäßige Auslieferung der Boxer Vilkas konnte wegen technischer Mängel nicht eingehalten werden. Einzelheiten wurden nicht kommuniziert. Insider berichteten, dass der Turm mit dem übrigen Missionsmodul nicht harmoniert habe. Weitere Verzögerungen wurden auf Störungen in der Lieferkette, die in den letzten 24 Monaten aufgetreten seien, zurückgeführt.

Minister Arvydas. Anušauskas wies darauf hin, dass man sich 2022 nach intensiven Verhandlungen mit den Herstellern auf die gewünschten Systemverbesserungen und zusätzliche Testversuche geeinigt habe, da die bis 2020 ausgelieferten Vilkas-SPz Mängel aufwiesen. Jetzt unterlägen die Boxer in Litauen keinen Betriebsbeschränkungen mehr.

Das Vilkas-Projekt, das im Rahmen der bereits 2016 unterzeichneten Verträge durchgeführt wurde, habe einen Kostenrahmen von ca. 670 Millionen Euro. Der Betrag decke nicht nur die Schützenpanzer, sondern auch die logistische Unterstützung, Ersatzteile und die Munition vollständig ab.

Nach Abschluss des Projekts sind nach Angabe des Ministeriums die beiden Bataillone der Brigade Eiserner Wolf der litauischen Streitkräfte vollständig mit Boxer Vilkas ausgerüstet. „Die Kampffähigkeit der mit Boxer-Fahrzeugen verstärkten Brigade Eiserne Wölfe entspricht heute den höchsten NATO-Standards und ist für die Sicherheit Litauens von großer Bedeutung“, sagte Anušauskas.

Im April 2022 hat Anušauskas angekündigt, dass Litauen weitere mehr als einhundert Boxer beschaffen wolle (ESuT berichtete). Damit sollten zwei weitere Bataillone ausgestattet werden. Die Ankündigung erfolgte im Zusammenhang mit der vom Minister kurz nach Beginn des russischen Einmarsches in der Ukraine vorgestellten Beschaffungsinitiative, mit der Verteidigungsmaterial im Wert von einer Milliarde Euro aus den USA und Deutschland beschafft werden soll. Im Mai 2023 war der Abschluss eines Beschaffungsvertrages für rund 120 Boxer angekündigt worden. Bisher wurde darüber nichts weiter bekannt.

Zur Beschaffungsinitiative gehören darüber hinaus Panzerhaubitzen 2000, Radhaubitzen CAESAR, Raketenwerfer HIMARS und seit kurzem auch Kampfpanzer Leopard 2 A8.

Litauen will damit eine kampfkräftige Division aufbauen, die aus drei Brigaden bestehen soll: Iron Wolf (Rukla), Griffin (Klaipeda) und Aukštaitija Reserve (Vilnius). Die Verteidigungsbereitschaft des Landes soll neben der schon dort stationierten NATO Battlegroup im Rahmen der enhanced Forward Presence (eFP) und dem vorgeschobenen Gefechtsstand der eVA-Brigade (enhanced Vigilance Activity) durch eine deutsche Kampfbrigade ergänzt werden, deren Aufbau schon im nächsten Jahr vor Ort beginnen soll.

Gerhard Heiming