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Neben Deutschland, Frankreich und Spanien nutzen auch die australischen Streitkräfte den Kampfhubschrauber Tiger von Airbus Helicopters. Am 1. Juli hat die australische Regierung durch die Veröffentlichung eines „Request for Information“ (RfI) mit der Suche nach einem neuen bewaffneten Kampfhubschrauber begonnen, der die ARH Tiger-Flotte (Armed Reconnaissance Helicopter, englisch für bewaffneter Aufklärungshubschrauber) ersetzen soll. Das RfI wurde seit längerem erwartet, da die australischen Streitkräfte seit geraumer Zeit über einen Ersatz des Tigers nachgedacht haben.

Im Rahmen des „Land 4503“-Programmes sucht das Australian Department of Defence’s Capability Acquisition and Sustainment Group (CASG) nach Angeboten, um insgesamt 29 Luftfahrzeuge zu beschaffen. Von diesen 29 sollen 24 an einem Standort (vermutlich: 1 Aviation Brigade (1Avn) in Darwin) stationiert werden, die weiteren fünf sollen für Schulungen (vermutlich: Oakey in Queensland) genutzt werden.

Der Zeitplan für das Programm sieht eine anfängliche Einsatzbereitschaft (Initial Operating Capability, IOC) eines Geschwaders mit zwölf Luftfahrzeugen bis 2026 vor, die volle Einsatzbereitschaft (Full Operational Capability, FOC) soll dann 2028 erreicht werden.

Zu beachten ist, dass die Begrifflichkeiten IOC und FOC sich im englischen Sprachgebrauch nicht auf die Einsatzbereitschaft der Maschinen, sondern des Systems (fliegende Einheit und Maschine) beziehen. Mit der Einführung von NH90 und Tiger und den einhergehenden Problemen bezog sich die Verwendung in Europa auf die reinen Fähigkeiten des Luftfahrzeuges. Erst bei FOC hatte der Flieger seine vollen und vertraglich vereinbarten Fähigkeiten. In den amerikanischen, britischen oder australischen Streitkräften hat der Hubschrauber auch bei IOC schon seine kompletten Fähigkeiten, jedoch ist die reine Stückzahl noch nicht ausreichend. Bei FOC sind dann alle Maschinen vorhanden und die volle Einsatzbereitschaft hergestellt. Bislang hatte Australien 22 ARH Tiger betrieben.

Das eingeschränkte Fähigkeitsprofil war auch seit Anbeginn einer der Hauptkritikpunkte der Australier am Tiger. Dem Vernehmen nach wurden die Fähigkeitslücken zu schleppend behoben, so dass eine Weiterentwicklung des Systems nicht durchgeführt werden konnte.

Das in dem RfI-Dokument umrissene Konzept sieht vor, dass bei IOC vier Kampfhubschrauber operationell eingesetzt werden können, während die anderen acht für die Umschulung, Aus- und Weiterbildung zur Verfügung stehen sollen. Bei FOC will die australische Armee in der Lage sein, gleich mehrere Einsatzkräfte für unterschiedliche Operationen (á vier Maschinen), oder eine Größenordnung von einem Geschwader (zwölf Maschinen) abstellen zu können. Ein Trainingssystem von fünf Maschinen soll für die Unterstützung der Einsatzverbände sorgen.

Fähigkeitsforderungen

Als Fähigkeitsforderungen an das neue System werden u.a. die Fähigkeiten Bekämpfung von Land-, Überwasser- und Luftzielen mit kinetischen als auch nicht kinetischen Waffen gestellt. Weiterhin werden eine schnelle Verlegbarkeit per Luft- oder Seetransport, die Befähigung zum Manned-Unmanned-Teaming (MUM-T) sowie ein amphibischer Betrieb, genannt.

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Amphibisch bedeutet, der Hubschrauber muss auch über längere Zeit von amphibischen Angriffsschiffen (HMAS Adelaide & HMAS Canberra) aus operieren können. Es wird speziell nach Funktionen gefragt, mit denen der Hubschrauber an Bord eines Schiffes betrieben und gewartet werden kann, sowie nach Konstruktionsmerkmalen, die die Unterstützung von amphibischen Operationen ermöglichen.

Das neue System soll in der Lage sein, „bewaffnete Aufklärungsmissionen in einem engen sowie tiefen Einsatzraum durchführen zu können“.

Das RfI-Dokument sagt auch aus, dass die Beschaffung durch ein „bewährtes und ausgereiftes Standardsystem“ erfolgen soll. Das RfI macht auch Vorgaben für die Interoperabilität der neuen Plattform mit unbemannten Systemen. Australien wird im Rahmen des „Land 129 Phase 3“-Programmes zudem die Textron RQ-7 Shadow 200 ersetzten und die General Atomics Aeronautical Systems MQ-9 REAPER durch das „Air 7003“-Programm einführen.

Gerade MUM-T scheint sehr wichtig zu sein. Bereits seit 2015 führten die australischen Streitkräfte immer wieder Testkampagnen mit dem AH-64 APACHE von Boeing durch. Dieser bot damals schon MUM-T Fähigkeiten in Zusammenarbeit mit einer ebenfalls von Boeing stammenden Drohne. Mittlerweile kann er auf unterschiedlichste Unmanned Aerial Vehicle (UAV) zurückgreifen, u.a. die MQ-9 REAPER von General Atomics Aeronautical Systems.

Neben der Boeing AH-64E APACHE kommt als Konkurrenzmodel auch die Bell AH-1Z VIPER sowie der TIGER Mk3 in Frage. Die AH-1Z VIPER ist eine Variante der seit Jahren betriebenen Ah-1 COBRA und beim US Marine Corps sowie weiteren internationalen Kunden im Einsatz.

Das RfI muss bis zum 30. August 2019 beantwortet werden. Das „Land 4503“-Programm ist die zweite große Hubschrauber-Beschaffung der Australier. Im September 2018 wurde ein RFI für 20 Special Forces-Hubschrauber veröffentlicht, von denen je vier im strategischen Transportflugzeug Boeing C-17 befördert werden können. Der Hubschrauber soll der Verbringung von Spezialkräften sowie Waffen dienen.

André Forkert