Print Friendly, PDF & Email

Seit über 25 Jahren ist das Gefechtsübungszentrum (GÜZ) die zentrale Ausbildungsstätte des Heeres für die Hochwertausbildung vor allem der Kampftruppe. Vor internationalen Einsätzen schließen die Verbände im GÜZ die vorbereitende Ausbildung ab und erhalten ihre Zertifizierung. Für Übungen unter Einsatzbedingungen bis zur Brigadeebene bietet das GÜZ neben Gelände, Übungsorten und der Feinddarstellung die technische Ausstattung für die Live-Simulation des Gefechts und die Aufzeichnung des Übungsablaufs. Als Highlight gilt die Übungsstadt Schnöggersdorf mit städtischen Bauwerken zur Übung des Ortskampfs. Die Leitenden werden bei der Anlage der Übungen professionell unterstützt und können bei Übungsunterbrechungen bzw. Übungsende auf umfangreiches Material zur Auswertung zurückgreifen. Gut eintausend Mitarbeiter – darunter etwa die Hälfte zivile – stellen den Übungsbetrieb sicher.

In der Antwort auf eine Anfrage des MdB Ingo Gädechens, Berichterstatter für Verteidigung im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages, beschrieb das BMVg das Gefechtsübungszentrum des Heeres als das international anerkannte Ausbildungszentrum der Landstreitkräfte für Kampf- und Unterstützungstruppen. Übungen und Zertifizierungen für Einsätze und einsatzgleiche Verpflichtungen im Internationalen Krisenmanagement aber insbesondere für die Aufgabe Landes- und Bündnisverteidigung seien die Kernkompetenz dieser Hochwertausbildungsstätte des Heeres. Dieser Ausbildungseinrichtung komme insbesondere in Folge der Zeitenwende und der damit verbundenen Forderung nach einsatzbereiten und kriegstüchtigen Streitkräften eine noch größere Bedeutung zu. Der unterbrechungsfreie Übungsbetrieb habe daher Priorität für das Bundesministerium der Verteidigung.

Von Anbeginn wurde das GÜZ in Kooperation zwischen der Bundeswehr und einem zivilen Konsortium betrieben. Der laufende Betreibervertrag wurde am 29. November 2019 abgeschlossen und läuft bis 31. Januar 2026 mit Verlängerungsmöglichkeit bis 31. August 2026 (ESuT berichtete). Der Haushaltsausschuss hatte dem Vertragsschluss mit der Maßgabe zugestimmt, dass nach Ablauf des Vertrages das GÜZ als staatlicher Eigenbetrieb weiterzuführen sei.

Nach Berechnungen des BMVg ist das Kooperationsmodell – wie bisher – die kostengünstigste Lösung. Der Betrieb durch eine Inhousegesellschaft würde um ein Viertel und als Eigenmodell um fast die Hälfte teurer. Das Eigenmodell könne alleine wegen Personalmangels nicht realisiert werden, zitiert Gädechens das Heer. Gegen die Inhousegesellschaft steht das Haushaltsrecht, das wirtschaftliche und sparsame Haushaltsführung verlangt.

blank
Kampfpanzer Leopard 2 A5 des Ausbildungsverbands im GÜZ unterstützen die Hochwertausbildung, für die unterbrechungsfreier Betrieb sichergestellt werden muss. (Foto: Bundeswehr Schachel)

Nun sitzt das BMVg in der Zwickmühle zwischen Willensbekundung des Haushaltsausschusses und dem Haushaltsrecht. Bisher seien Vorstöße des BMVg zur Klärung noch nicht auf die Tagesordnung des Haushaltsausschusses gelangt, schreibt Gädechens.

Die Zeit drängt. Von der Ausschreibung bis zur Vertragsunterzeichnung hat es beim letzten Mal 32 Monate gedauert. Demnach könnte erst zum Jahreswechsel 2026/2027 der Betrieb mit einem neuen Vertrag aufgenommen werden.

„„Die Bundeswehr fährt gerade mit Ansage in die nächste Katastrophe“, erklärte Gädechens. „Immer mehr deutet sich an, dass der Betrieb des Gefechtsübungszentrum des Heeres nach Auslaufen des aktuellen Betreibervertrages aufgrund einer fehlenden Anschlusslösung eingestellt werden muss. Damit droht der Bundeswehr ein Übungs-Aus – und zwar genau dann, wenn es mit der Brigade in Litauen richtig los gehen soll. Das Gefechtsübungszentrum ist europaweit einzigartig, viele Nationen beneiden uns um eine solche Ausbildungsmöglichkeit unserer Landstreitkräfte. Und anstatt diese Erfolgsgeschichte weiterzuführen, droht aufgrund einer unbegreiflichen Posse zwischen Verteidigungsministerium und den Ampel-Haushaltspolitikern ein jähes Ende.“

„Beim Gefechtsübungszentrum sehen wir aber eine fast 25-jährigen Erfolgsgeschichte der militärisch-industriellen Zusammenarbeit, die in ganz Europa einmalig ist und für die uns unsere Partnernationen bewundern – und genau diesem Musterbeispiel, wo etwas bei der Bundeswehr richtig gut und auch noch wirtschaftlich funktioniert, will die Ampel den Stecker ziehen“, so Gädechens weiter.

Aus der Sicht externer Beobachter könnte folgender Weg beschritten werden, um den unterbrechungsfreien Betrieb des GÜZ über das derzeitige Vertragsende hinaus sicherzustellen:

  • Aufhebung des Maßgabebeschlusses des Haushaltsausschusses vom November 2019 auf Antrag des BMVg
  • Unverzügliche Ausschreibung des Betriebs des GÜZ noch 2024
  • Auswahl des Betreibers und Abschluss der Vertragsverhandlungen bis Ende 2025
  • Billigung des Vertrages durch den Haushaltsausschuss und Vertragsabschluss Anfang 2026

Unter Nutzung aller Optionen stehen maximal 28 Monate zur Verfügung. Dabei ist zu beachten, dass nach derzeitiger Planung im Oktober 2025 ein neuer Bundestag gewählt wird, wodurch sowohl das Regierungshandeln als auch die Tätigkeiten des Haushaltsausschusses beeinträchtigt sein können.

Redaktion / gwh