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Aspides, die EU-Marinemission im Roten Meer, hat diese Woche in Brüssel eine wesentliche Hürde genommen. Zwar handelte es sich dabei lediglich um ein informelles Treffen der Verteidigungsminister ohne Beschlusscharakter, doch ausreichend genug für eine weitere Weichenstellung. „Unser Ziel ist es, die Operation Aspides spätestens am 19. Februar einzurichten und zu starten. Und ich bin sicher, dass wir das tun werden“, sagte Josep Borrell am Ende des informellen Verteidigungsministerrates der EU am 31. Januar.

Nach seinen Worten setzten sich die Mitgliedsstaaten nachdrücklich für die EU-Mission zum Schutz der Handelsschifffahrt im Roten Meer vor den Übergriffen der jemenitischen Huthi ein. Sieben EU-Länder seien bereit, Schiffe oder Flugzeuge für die Mission zur Verfügung zu stellen. Belgien sagte bereits die Entsendung der Fregatte „Louise Marie“ (F-931) zu. Die niederländische Fregatte „HNLMS Tromp“ könnte, nach Informationen von marineschepen.nl, auf ihrer Weltreise mit der EU-Mission zumindest assoziiert werden. Die Planungen im Nachbarland laufen, der parlamentarische Prozess ist eingeleitet. Aus Griechenland soll sich die Fregatte „Hydra“ dem europäischen Unternehmen im Roten Meer anschließen. Rom sagte die Beteiligung einer Einheit während der Dauer der Mission zu. Deutschland hat zum Start die Fregatte „Hessen“ vorgesehen. Die parlamentarische Behandlung könnte nach unseren Informationen in der Woche 19.-23. Februar erfolgen. Wie wir hören wird die „Hessen“ am 8. Februar auslaufen. Ihre Verlegung ins Einsatzgebiet ist in Abhängigkeit vom Erteilen des Bundestagsmandats vorgesehen.

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Die Fregatte Hessen (Foto: Michael Nitz / Naval Press Service)

Unterdessen verließ die dänische Fregatte „Iver Huitfeldt“ am 29. Januar ihren Heimatstützpunkt, um sich ab Mitte Februar an der US-geführten Operation Prosperity Guardian zu beteiligen.

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Das spanische Marineschiff „Navarra“ eskortiert einen Öltanker (Foto: EUNVAFOR)

Während die Streitkräftegestellung auf gutem Wege zu sein scheint, so ist dem Vernehmen nach die Frage des Hauptquartiers der Operation (OHQ) noch nicht finalisiert. Griechenland warf sein Joint Force Command South Center mit Sitz in Larissa in den Ring. Es steht neben fünf anderen nationalen EU-Kommandozentralen in Deutschland (Ulm), Frankreich (Paris), Italien (Rom), Spanien (Rota) und – fallweise – in Polen (Krakau) für die Planung, Führung und Steuerung von EU-Operationen auf militärisch-strategischer Ebene außerhalb Brüssels zur Verfügung. Nach Nicolas Gros-Verheyde vom sicherheitspolitischen Blog B2 soll das griechische Angebot auf fruchtbaren Boden gefallen sein. Dabei könnte sich eine griechische Führung mit französischem Stellvertreter herauskristallisieren. Womit dann noch über die Führung in See zu entscheiden wäre. Das bewährte Muster ist ein zwischen den teilnehmenden Nationen wechselndes Force Command an Bord eines Schiffes.

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Die französische Fregatte Courbet während der Operation AGENOR am 14. Mai 2023 (Foto: EUNAVFOR).

Mit dieser Konstellation setzt man sich nicht dem Risiko aus, dass sich die Huthi gegen europäische Partner unter den arabischen Nationen richten, was unter Umständen durch ein Hauptquartier in Abu Dhabi oder Djibouti der Fall wäre.

Einigkeit herrscht über den rein defensiven Charakter von Aspides. Borrell: „Auf keinen Fall werden wir Kampfhandlungen gegen jemenitischen Boden beginnen.“

Womit es gelingen könnte, den ehrgeizigen Zeitplan zu realisieren. Mit einer eigenständigen Operation scheinen sich alle anfreunden zu können. Borrell verlieh auf der Pressekonferenz seiner Zufriedenheit Ausdruck: „Ich denke, dass am Ende „no hay mal que por bien no venga“ steht, wie man auf Spanisch sagt. Es gibt kein Übel, das nichts Gutes bringt. Wir haben schließlich ad-hoc eine Mission mit all diesen Fähigkeiten ins Leben gerufen.“

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Das Boarding Team der italienischen Fregatte „Fasan“ überfliegt das Handelsschiff „GRANDE NAPOLI“ (Foto: EUNAVFOR)

Das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Europäer lange brauchen, um zu einer Entscheidung und gar einer Maßnahme zu kommen. Die Huthi begannen am 19. November 2023 mit der Entführung der „Galaxy Leader“ ihre Übergriffe auf die zivile Schifffahrt im Bab-el-Mandeb. Washington kündigte am 18. Dezember seine Operation „Wächter des Wohlstands“ an, mit der sie in einer Koalition mit befreundeten Nationen gegen Attacken vorgehen. Europäische Nationen beteiligen sich. Frankreich, Italien und das Vereinigte Königreich sind vertreten – wenn auch unter unterschiedlichen Führungskonstrukten. Immerhin nimmt sie mit Aspides eine Chance, als Sicherheitsarchitekt in Erscheinung zu treten, wahr. Die EU hat in der Region aus ihren Einsätzen Atalanta und Agenor Kompetenzen und Infrastruktur aufgebaut. Über ihre Mitgliedsstaaten bestehen weitere Beziehungen in den arabischen Raum. Darauf ließe sich aufbauen.

Allerdings müsste man in Brüssel hin zu einem holistischen Ansatz, was angesichts der augenblicklichen Verfassung der EU ein frommer Wunsch bleibt. So bleibt es vorerst dabei, dass der wirtschaftliche Riese EU ein sicherheitspolitisches Leichtgewicht bleibt. Auch zum Nachteil ihrer Mitglieder. Im konkreten Fall: die europäischen Reeder dominieren den Weltmarkt. Vier der zehn größten Containerreedereien sind europäische Unternehmen, sie bereederten im Jahr 2023 2360 Schiffe (von 3632). Von den Übergriffen im Roten Meer und der Verlängerung der Transportwege sind sie direkt betroffen.

Dabei braucht Europa nicht nur eine maritime Handlungsfähigkeit. Sondern vielmehr einen gemeinsamen Ansatz zur Krisenbewältigung und Gestaltung des Friedens. Und dies nicht unilateral, sondern im Gleichschritt mit den transatlantischen Verbündeten.

Nächste Stationen: 2. Februar – Politisches und Sicherheitspolitisches Komitee der EU (Botschafterrat), 3. Februar – Rat der Außenminister im informellen Gymnich-Format, womit keine formelle Beschlussfassung möglich ist. Die finale Entscheidung könnte im Rat für Auswärtige Angelegenheiten, dem formellen Treffen der Außenminister, am 19. Februar getroffen werden.

Hans Uwe Mergener