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War es vor ein paar Tagen nur eine Warnung (ESuT berichtete), so ist der Fall nun eingetreten. Eine von der Houthi-Miliz abgefeuerte Rakete traf den im norwegischen Bergen beheimateten 20.000-Tonnen Ölprodukten- und Chemikalientanker „Strinda“. Gegen 23.45 Uhr MEZ am 11. Dezember veröffentlichte UKTMO eine erste Meldung über einen Zwischenfall im nördlichen Bab El Mandeb, westlich Mokka, Jemen. Die Erstmeldung wurde am 12. Dezember, 07.44 Uhr mit der Feststellung, dass es sich um einen Flugkörperangriff handelte, ergänzt. Dies wird vom Militärsprecher der Houthis, Brigadegeneral Yahya Sarea, auf Twitter (12. Dezember 2023, 09.02 Uhr) bestätigt. Aus seiner Einlassung geht hervor, dass die Houthis von einem israelischen Zielhafen des Tankschiffes ausgingen. Reuters und Al Jazeera berichten unter Bezug auf Schiffsmeldedienste, dass die „Strinda“ einen italienischen Hafen ansteuere.

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Die Position des Angriffs auf die „Strinda“ (Foto: UKMTO)

Aus der Rekonstruktion verschiedener Meldungen geht hervor, dass die Houthi-Miliz gegen 22 Uhr mitteleuropäischer Zeit (21 Uhr UTC) des 11. Dezember einen Angriff auf die „Strinda“ unternahmen. Das Schiff befand sich ca. 15 Seemeilen von der jemenitischen Küste entfernt als es von einem (?) Flugkörper getroffen wurde. Der im Seegebiet patrouillierenden französischen Fregatte „Languedoc“ gelang es, eine die „Strinda“ bedrohende Drohne abzufangen. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Flugkörperangriff bereits ereignet. Die „Languedoc“ stationierte sich zum Schutz der „Strinda“. Das an Bord des Tankers ausgebrochene Feuer konnte unter Kontrolle gebracht werden, Verletzte waren nicht zu beklagen. Die hinzu gekommene „USS Mason“, ein Zerstörer der Arleigh-Burke Klasse, soll die „Strinda“ hiernach in den Golf von Aden begleitet haben.

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Die „Strinda“ (Foto: AS J. Ludwig Mowinckels Rederi)

Nach hier vorliegenden Informationen befindet sich „Strinda“ mittlerweile (12. Dezember, 16 Uhr) mit nördwestlichem Kurs südlich der Hanish-Inseln im Roten Meer.

Berichte über ihre Androhungen sowie über das Verhalten der Houthis mehrten sich in den vergangenen Tagen. Zuletzt konnten die „USS Mason“ (6. Dezember) und die „Languedoc“ (9. Dezember) von der Miliz eingesetzte Drohnen erfolgreich bekämpfen. Letztere befand sich zum Zeitpunkt der Intervention ca. 60 Seemeilen westlich von A-Hudaida. Zum Einsatz kam ihr Flugabwehr-Flugkörpersystem ASTER 15.

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Die Fregatte „Languedoc“ (FREMM Klasse) während eines Hafenaufenthaltes in Abu Dhabi, 26. November 2023. Die französischen Einheiten tragen seit 2023 keine Hull Number mehr. (Foto: MoD France)

Die Schifffahrt wird von UKTMO und anderen Diensten über die sich zuspitzende Sicherheitslage im Roten Meer gewarnt.

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Die UKMTO-Warnung zur „Strinda“ (Grafik: UKTMO)Die wiederholten Angriffe auf zivile und militärische Schiffe ereignen sich in einer der wichtigsten maritimen Passagen. Auf dem Weg vom beziehungsweise zum Suez-Kanal ist die Meerenge Bab El Mandeb am Südausgang des Roten Meeres für die Schifffahrt von globaler Bedeutung. Laut US Naval Institute gibt es in Washington Bemühungen, eine internationale maritime Task Force einzurichten.

Inzwischen sollen aufgrund der Bedrohung durch die Houthi immer mehr Handelsschiffe das Rote Meer und den Suezkanal meiden, berichtet S&P Global Commodity Insights unter Berufung auf einen BIMCO-Vertreter (BIMCO – The Baltic and International Maritime Council ist eine internationale Schifffahrtsorganisation mit Sitz in Kopenhagen). Nach Seatrade Maritime News macht Alphaliner, ein Schiffsmeldedienst, in seinem Wochenbericht bis zum 4. Dezember 12 Containerschiffe aus, die von der Durchfahrt durch den Suezkanal auf die längere Route über das Kap der Guten Hoffnung ausgewichen sind. Bei 18 Knoten bedeutet dies eine Verlängerung der Reise von Shanghai nach Rotterdam um acht Tage.

Es wird erwartet, dass weitere sechs Schiffe dem Beispiel folgen werden. Nach Seatrade Maritime News sollen die Reedereien Maersk und ZIM bereits öffentlich erklärt haben, dass sie einige Schiffe aus der Region abziehen werden.

Sowohl der amerikanische wie auch der französische Generalstab vermeiden in ihren Verlautbarungen die Ableitung eines zielgerichteten direkten Angriffes auf ihre jeweiligen Marineeinheiten. Laut Reuters (7. Dezember) hat Riyad Washington um Zurückhaltung gebeten.

Hans Uwe Mergener