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Künstliche Intelligenz im Eurofighter – und das aus Deutschland: Das Start-up Helsing entwickelt mit Saab ein revolutionäres System für den Elektronischen Kampf.

Weniger Drohne, mehr Denkleistung

Helsing ist in der öffentlichen Wahrnehmung in der jüngeren Vergangenheit vor allem durch seine Drohnenlösungen aufgefallen – doch diese Einordnung greift zu kurz. Denn das in München ansässige Unternehmen versteht sich nicht als Hardwareproduzent, sondern als KI-Spezialist, der sich auf die Integration modernster Softwaremethoden in militärische Systeme konzentriert. Die Drohne ist dabei eher Mittel zum Zweck – das Ziel ist die intelligente Software, die sie steuert.

Illustration des Eurofighter EK. Basierend auf der Saab Sensorsuite AREXIS wird dieser derzeit mit einer integrierten KI-gestützten Datenverarbeitungskette (CIRRA) von Helsing ausgestattet. (Foto: Helsing)

Im Zentrum der Arbeit von Helsing steht die Frage: Wie kann Künstliche Intelligenz (KI) helfen, komplexe militärische Bedrohungslagen besser, schneller und robuster zu bewältigen? Die Antwort liefert ein Projekt, das derzeit besonders im Fokus steht: die Beteiligung am Eurofighter-Upgrade für den Elektronischen Kampf (EK).

Technologische Souveränität in Aktion

In Zeiten wachsender Spannungen mit Russland und einer zunehmend unberechenbaren US-Politik wird die Frage nach europäischer Handlungsfähigkeit drängender denn je. Während internationale Rüstungskonzerne an Konzepten arbeiten, ist Helsing bereits mittendrin – mit einem Projekt, das die deutsche Luftwaffe technologisch weiterentwickeln könnte: die KI-gestützte Aufrüstung des Eurofighters für den Elektronischen Kampf.

„Die Fähigkeit, modernste Technologien nicht nur zu entwickeln, sondern auch zur Einsatzreife zu bringen, ist entscheidend für die operative Wirksamkeit unserer Streitkräfte“, sagt Dr. André Windisch, Chief Engineer für das Programm Eurofighter EK bei Helsing gegenüber der Europäischen Sicherheit und Technik. Windisch war über 20 Jahre bei Airbus Defence & Space tätig – heute verantwortet er den gesamten technischen Entwicklungsprozess bei Helsing.

CIRRA – Das Herzstück des kognitiven EK

Zentrales Element ist CIRRA – Helsings Softwaresuite für den sogenannten „kognitiven EK“. Diese analysiert an Bord des Eurofighters empfangene Radarsignale in Echtzeit, erkennt das Bedrohungspotenzial bislang unbekannter Emitter („Wartime Reserved Modes“) und trägt damit zum Schutz und der Überlebensfähigkeit der Plattform bei. Eine Weiterentwicklung gegenüber bisherigen Systemen, die bei software-definierten Radarsignalformen schnell an ihre Grenzen stoßen.

Anwenderoberfläche von Helsings KI-gestützter Software CIRRA PLATFORM. Helsings Lösung befähigt Luftwaffenoperateure am Boden zur beschleunigten Auswertung großer EK-Datenmengen. (Foto: Helsing)

CIRRA läuft sowohl an Bord des Flugzeugs als auch am Boden im Rahmen der Unterstützungsprozesse für den EK. In Kombination mit dem bewährten Saab-System AREXIS entsteht so ein EK-System, das sich flexibel an neue Bedrohungen anpassen lässt – ein Alleinstellungsmerkmal in Europa.

Mehr als ein Projekt – ein Meilenstein für das Unternehmen

Für Helsing selbst ist das Programm strategisch von höchster Bedeutung. Der Auftrag der Bundeswehr – vergeben im Rahmen der Zeitenwende – war der größte Zuschlag für ein junges Verteidigungsunternehmen in Europa zum damaligen Zeitpunkt. Neben technologischem Renommee bringt er auch operative Herausforderungen: Exportkontrolle, Zulassung, Infrastrukturaufbau. All das stemmt Helsing – teils auf eigene Kosten.

Zugleich ist das Projekt ein Beleg für eine neue Rüstungskultur: schneller, flexibler, intelligenter. Und: national. Denn das Bundesverteidigungsministerium hat in seiner Sicherheits- und Verteidigungsindustriestrategie vom Dezember 2024 EK und KI explizit als „nationale Schlüsseltechnologien“ definiert – sie sollen vorrangig in Deutschland entwickelt werden.

Illustration der CIRRA GROUND STATION. Das EK-System an Bord ist nur so gut wie die Bodenstation, die den Missionsdatenloop schließt. (Foto: Helsing)

KI made in Germany – einsatzbereit

Was Helsing hier leistet, stellt einen anspruchsvollen technologischen Entwicklungsprozess dar. Die Kombination aus marktverfügbarem EK-System, KI-Upgrade und luftfahrtrechtlicher Zulassungsfähigkeit gehört zu den wenigen Projekten, die als strategischen Beitrag zur europäischen Fähigkeitsentwicklung verstanden werden können.

Während sich vergleichbare Projekte andernorts noch in der Demonstrationsphase befinden, setzt Helsing bereits eigene Flugkampagnen und Tests um. Ziel ist es, einen Beitrag zur technologischen Souveränität Deutschlands im Bereich der zukünftigen militärischen Fähigkeiten zu leisten.

Redaktion / Jürgen Fischer

Veröffentlicht am: 17. April 2025, 14:51 Uhr. Zuletzt aktualisiert: 18. April 2025, 8:24 Uhr