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Mit zwei A-Briefen, was in den Niederlanden für die Ankündigung eines Rüstungsvorhabens an das Parlament bedeutet, innerhalb einer Woche zeichnet sich für die Marine des Nachbarlandes ein größeres Revirement ab.

Den Anfang machte die Ankündigung über neue Fregatten als Ersatz für die vorhandenen Luftverteidigungs- und Kommando-Fregatten der vier „De Zeven Provinciën“-Klasse – und zwar im Verhältnis 1:1. Die vier neuen LC-Fregatten werden wie ihre Vorgänger die Luftverteidigung als Hauptaufgabe haben. Die erste Fregatte soll 2034 in Dienst gestellt werden, Baunummer vier soll 2041 einsatzbereit sein. Bauwerft wird Damen, Sensoren und Führungssystem wird von Thales Niederlande entwickelt.

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Grafische Darstellung des neuen MPSS (Grafik: Damen)

Die zweite Ankündigung betrifft eine neue Schiffsklasse, über die die Königlich Niederländische Marine ab 2032 verfügen soll. Im A-Brief des Staatssekretärs im Verteidigungsministerium Christophe van der Maat werden sechs amphibische Transportschiffe avisiert. Sie sollen die vier Patrouillenschiffe der Holland-Klasse und die beiden LPD „Rotterdam“ und „Johan de Witt“ ersetzen.

Die Übermittlung der Rüstungsprojekte kam insofern überraschend, als in den Niederlanden die Bekanntgabe über die Auswahlentscheidung zu den zukünftigen U-Booten erwartet wurde. Durch die Veröffentlich machte sich die Sorge um die Entscheidung zu den U-Booten breit. Die Regierung sah sich in der vergangenen Woche mit der Forderung von vier Provinzen konfrontiert, sich für den Auftragnehmer zu entscheiden, der den größtmöglichen niederländischen Anteil am bevorstehenden U-Boot-Vertrag bereitstellt. Dem gingen Pressemeldungen voraus, dass der Auftrag an die Naval Group gehen soll. Dazu wurden Gerüchte über die französische Unterstützung zur Auswahl Mark Ruttes als NATO-Generalsekretär kolportiert. Die von Naval Group beabsichtigte Zusammenarbeit mit der niederländischen Werft IHC wird mit Skepsis betrachtet. Hinzu kommt die Überlegung, dass die Ankündigung der Fregatten- und Landungsschiffsprojekte als Kompensation für die niederländische Werftenlandschaft gedacht sein könnte.

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Die Holland im Juli 2012 (Foto: Public Domain CC0)

Für Deutschland ist die Information insofern bedeutend, dass die einmal beabsichtigte Zusammenarbeit mit den Niederlanden zur gemeinsamen Beschaffung von Luftverteidigungsfregatten vom Tisch ist. Erstmals thematisiert im April 2020 im Rahmen eines Interviews mit dem damaligen DMO-Direktor Vizeadmiral Arie Jan de Waard, kam es Ende 2020 zu einem Kooperationsvertrag zwischen beiden Verteidigungsministerien zu dem gemeinsamen Fregattenprogramm. Mit Herausgabe des ‚Kurs Marine 2035+‘ wurde die deutsche Präferenz für eine andere Lösung offensichtlich. Bereits zuvor, im November 2022 diesbezüglich im parlamentarischen Rahmen zur Rede gestellt, hielt Staatssekretär Van der Maat am Kooperationsvertrag fest. Dem A-Brief zufolge steht das Den Haag weiterhin mit Berlin in Kontakt. Darüber hinaus werden andere Formen der Zusammenarbeit verfolgt, etwa mit Norwegen und Dänemark.

Damit zeichnet sich ab, dass sich die Zusammenarbeit zwischen den Niederlanden und Deutschland auf maritimem Gebiet vorerst auf die operative Kooperation zwischen den beiden Marineinfanterie-Verbänden und die technologische Gemeinschaftsarbeit beim Bau der Fregatte Klasse F126 beschränken wird. Demgegenüber zeichnet sich ab, dass die Niederlande ihre eigenen Marineschiffbauer und Zulieferer den Rücken stärken. Ob das neue amphibische Transportschiff, dem auf der Rüstungsmesse in Katar vorgestellten MPSS ähneln wird, ist eine zurzeit verfrühte Spekulation.

Hans Uwe Mergener