Print Friendly, PDF & Email

Eine zerstörte Brücke oder unpassierbares Gelände können über das Leben von Soldatinnen und Soldaten entscheiden. Doch wie erlangt man die nötige Informationsüberlegenheit, das präzise Lagebild? Wie lassen sich diese Informationen in Echtzeit gewinnen?

Mit der Crowd Information Platform (CIP) legt das Münchener Startup Munich Innovation Labs zusammen mit dem Cyber Innovation Hub der Bundeswehr eine dynamische Software vor, die genau das kann. Das System sammelt öffentlich verfügbare Informationen aus dem Internet – insbesondere Social-Media-Plattformen wie X, Facebook und Telegram – und sucht gezielt nach relevanten Informationen. „Mit CIP erschließen wir einen zusätzlichen, derzeit fast ungenutzten Datenpool. Die Crowd Information Platform ermöglicht durch die KI-gestützte Auswertung eine zusätzliche Analyseebene, die das militärische Lagebild weiter präzisieren kann“, erklärt Hauptmann Jakob N., der das Projekt als CIHBw-Innovationsmanager leitet.

blank
Die Crowd Source Information Platform (CIP) durchsucht relevante Kanäle im Internet mit Fokus auf Social-Media-Plattformen nach relevanten Informationen – und verbessert das Lagebild durch eine zusätzliche Analyseebene. Foto: Bundeswehr / Christian Müller.

Informationsgewinnung in Echtzeit

Die Plattform schöpft die Daten relevanter Kanäle in Echtzeit ab, durchsucht und setzt entsprechende Marker bei relevanten Bildern, Bloginhalten und Videobeiträgen. Die Software nutzt neben Text- und Einzelstichwortsuche auch neuste KI-Algorithmen für Objekterkennung wie Large Language Models (LLM) oder Few-Shot Learning. Diese filtern ohne langwieriges Antrainieren der Modelle relevante Inhalte aus Millionen Bildern und Videos präzise heraus. „Theoretisch ist die Plattform weltweit einsetzbar. In unserem ersten Testlauf beschränken wir uns allerdings auf Social Media Daten, die während des Ukrainekrieges und dem Nahostkonflikt erstellt wurden“, hebt Hauptmann Jakob N. hervor. In einem zweiten Schritt erfolgt eine automatische Geolokalisierung, die Zeit- und Raummarker setzt. Auf diese Weise können Analyst:innen die neu gewonnenen Daten mit bereits vorhandenen Informationen in Verbindung setzen und neue Erkenntnisse gewinnen.

blank
CIP detektiert relevante Bilder, Videos und Texte – und unterstützt die Soldat:innen mit einer modernen KI-Analyse. Foto: CIHBw

Ziel des Innovationsvorhabens ist es, dem Geoinformationsdienst der Bundeswehr als Nutzer eine neue und sehr umfangreiche Informationsquelle zur Verfügung zu stellen, um ohne Mehraufwand für das eingesetzte Personal, bestehende Analyseprozesse zu erweitern und neue Erkenntnisse zu gewinnen. „Unsere KI ersetzt keine Analyst:innen, sondern gibt den Anwender:innen ein wichtiges Tool in die Hand, dass ihnen die Arbeit mit großen Datenmengen ermöglicht“, erläutert Dr. Stefan Taing, Gründer und CEO von Munich Innovation Labs, den Mehrwert der Plattform.

blank
„Unsere KI ermöglicht Analyst:innen, sich auf Datenanalyse statt manueller Auswertungen zu fokussieren.“ erklärt Dr. Stefan Taing, CEO und Mitgründer von Munich Innovation Labs. Foto: CIHBw

Wichtiger Beitrag zur Landes- und Bündnisverteidigung

„Das besondere an CIP ist, dass wir nun mit einer hohen Geschwindigkeit agieren können und uns dreifach verbessern: Wir haben Zugang zu mehr Daten, wir arbeiten effektiver und erleben eine signifikante Erweiterung in unserer Analysefähigkeit“, stellt Hauptmann Jakob N. fest. Auch das Zentrum für Geoinformationswesen der Bundeswehr, dass im Rahmen der Testphase die Software erprobt, sieht viel Potential in diesem Innovationsvorhaben: „Direkt vor Ort aufgenommene Bilder und Videos können uns wertvolle Hinweise für die Beurteilung des Geländes geben, zum Zustand der Verkehrsinfrastruktur oder der aktuellen Umweltbedingungen in unseren Interessensgebieten. Mit CIP können wir den Raum aus einer weiteren Perspektive sehen, fast so, als ob wir direkt vor Ort wären – ein großer Zugewinn und ein wertvoller Beitrag für die Sicherstellung der Informationsüberlegenheit unserer Streitkräfte. Somit ist die Crowd Source Information Platform auch ein sehr gutes Beispiel für ein Digitalisierungsvorhaben im Kontext von Landes- und Bündnisverteidigung“, so Oberstleutnant Tomas T.

blank
– Oberstleutnant Tomas T. vom Zentrum für Geoinformationswesen der Bundeswehr begleitet als Nutzer das Innovationsvorhaben und gibt aus erster Hand Feedback für Anpassungen an der Software. Foto: CIHBw

„Ob und wann CIP in die Bundeswehr eingeführt wird, wird nicht durch den Cyber Innovation Hub der Bundeswehr entschieden. Dort wird nur die technische Umsetzung erprobt. Das gilt besonders für die Klärung der rechtlichen Fragen, die mit dem Einsatz der Plattform in Verbindung stehen. „Was wir aber gerne tun: Die Diskussion über die Nutzung solcher Systeme anstoßen! Die ersten erfolgreichen Tests haben uns gezeigt, dass es ein hohes Skalierungspotenzial für andere Bereiche der Bundeswehr – auch ohne umfangreiche Änderungen oder Softwareanpassungen gibt“, sagt abschließend Sven Weizenegger, Leiter des Cyber Innovation Hubs der Bundeswehr.

Christian Müller ist Reservedienstleister im CIHBw im Team Communications & Events.