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Mit dem Innovationsvorhaben Multi-Sensor Data Fusion des Cyber Innovation Hub der Bundeswehr werden Weltraumdaten mit Unterwasserdaten zusammengebracht und das Lagebild in der Nord- und Ostsee verdichtet.

Wie wichtig die maritime kritische Infrastruktur für die Funktionsfähigkeit von Staat und Gesellschaft ist, hat der Sabotageakt an den Nord-Stream-Gaspipelines im September 2022 einer breiteren Öffentlichkeit vor Augen geführt. Doch nicht nur Unterseekabel, Gaspipelines oder Off-Shore-Anlagen verdeutlichen die hohe strategische Bedeutung von Nord- und Ostsee. Immer wieder spähen auch als Forschungs- oder Fischereischiffe getarnte „Dark Ships“, die ihre AIS-Tracker aus strategischen Gründen ausschalten, potenziell neuralgische Knotenpunkte in diesen Seegebieten aus. Die optimierte Überwachung dieser Schiffe und der Seegebiete stellt auch aufgrund der geografischen Ausdehnung des maritimen Raumes ein hochkomplexes Unterfangen dar. Eine weitere Herausforderung: Lange Zeit konnte die Deutsche Marine nur stark begrenzt auf kommerziellen Daten bei ihrer Lagebilddarstellung zugreifen.

Die Idee zu MSDF hatte Korvettenkapitän der Reserve, Patrick O. (Foto: CIHBw)

„Mit dem Innovationsvorhaben Multi-Sensor Data Fusion bringen wir Weltraumdaten mit Unterwasserdaten zusammen und können so das Lagebild in der Nord- und Ostsee verdichten. Derzeit werden noch Lagebilder für diese Bereiche in Einzelbereichen aufbereitet und analysiert. Mit dem Innovationsvorhaben bringen wir die Teilbereiche zusammen und können so ein einheitliches Lagebild für alle unterstützen“, erklärt Bundeswehr-Intrapreneur Korvettenkapitän Patrick O’Keeffe vom NATO Centre of Excellence for Operations in Confined and Shallow Waters (COE CSW) sein Innovationsvorhaben.

Mit MSDF können Schiffsrouten grafisch abgebildet und aktuelle Aufenthaltspositionen nachvollzogen werden. (Foto: CIHBw)

Die Multi Data Fusion Cell greift dabei aber nicht nur auf Satellitenbilder zu, sondern fusioniert auch Radardaten, optische Sensordaten, Drohnendaten, Daten von Unterwassersensoren usw.. Mithilfe von moderner Datenverarbeitung werden all diese Datenquellen in einem einheitlichen, georeferenzierten „Data Warehouse“ zusammengefasst und für bislang manuelle Analyseprozesse automatisiert ausgegeben.

Der Tender „Werra“ im Hafen. (Foto: CIHBw)

„Das Innovationsvorhaben MSDF bietet drei Vorteile: Zum einen liefert es ein einheitlichen, digitalen Lagerort für Daten, mit denen es möglich ist, anhand automatisierter Verfahren, die Bewegungen von Schiffen innerhalb der z.B. Ostsee zu analysieren und damit Verhaltensmuster zu erkennen.so Jan Philipp Krahn, Produktmanager Intrapreneurship, über das Innovationsprojekt, das als Intrapreneurship von der Truppe für die Truppe entwickelt wurde. Insbesondere Schiffe, die ein dezidiert strategisches Interesse besitzen, nicht auf elektronischen Karten aufzutauchen, können mithilfe von aktuellen Satellitendaten trotzdem abgebildet werden. Gleichzeitig können mittels MDSF Analysten und Entscheidungsträger an Bord von Marineeinheiten erkennen, ob Schiffe verdächtigen Suchmustern im Wasser folgen, um gegebenenfalls einzugreifen. So entsteht ein erweitertes Lagebild, das auch den Schutz maritimer kritischer Infrastrukturen (KRITIS) auf See als auch Unterwasser erhöht und die Sicherheit präventiv erhöht.

Intrapreneur Patrick O. und Innovationmanager im Cyber Innovation Hub der Bundeswehr, Jan Philipp Krahn im Gespräch. (Foto: CIHBw)

„Im Falle von Nordstream 2 hätte man die kommerziell erhältlichen Daten nutzen können, um die Risikoanalysen zu schärfen und die Aufklärung mit der Multi-Sensor Data Fusion deutlich schneller zu betreiben“, erklärt Korvettenkapitän Patrick O‘Keeffe Und weiter: „Mit einem erweiterten Lagebild können wir jedem potenziell böswilligen Akteur klarmachen, dass er nicht unentdeckt bleibt. Ein besseres Lagebild auf unserer Seite ermöglich Attribuierung und erzeugt Abschreckung.“

Die ersten Testdurchläufe haben gezeigt, dass der operative Mehrwert, den die MSDF bietet, hoch ist. Das Innovationsvorhaben ermöglicht nicht nur viel mehr Datentöpfe anzuzapfen und damit den Informationsraum von Seegebieten wie z.B. der Ostsee viel stärker abzubilden, sondern hilft außerdem, Zeit bei der Analyse einzusparen und personelle Ressourcen zu schonen. Die MSDF wird in den nächsten Monaten im größerem Umfang mit und in der Truppe getestet.

Josefine Neuschäffer ist Mitarbeiterin im Kommunikationsteam des Cyber Innovation Hub der Bundeswehr.