Die philippinische Küstenwache berichtete im Juni über Zusammenstöße mit Chinas Milizen im Südchinesischen Meer, die dort immer expansionistischer auftreten.

Spannungen im Südchinesischen Meer haben sich erneut verschärft, nachdem die Philippinen im vergangenen Monat auf das massive und koordinierte Auftreten von über 50 chinesischen Schiffen reagiert haben. Der Vorfall ereignete sich am 20. Juni nahe dem Iroquois-Riff, weit innerhalb der international anerkannten ausschließlichen Wirtschaftszone der Philippinen. Manila wertet die Aktion als „illegales Schwärmen“ und einen weiteren Beleg für Pekings Grauzonen-Taktiken zur Durchsetzung seiner expansiven Territorialansprüche.

Die „Cape Enago“ bei der Observation der chinesischen Schiffe (Bild: PCG)

Lagebild und operative Details

Der Sprecher der philippinischen Küstenwache, Kommodore Jay Tarriela, bestätigte gegenüber dem Medium Newsweek die Entsendung von zwei Schiffen, darunter die BRP Cape Engano, sowie eines Flugzeugs zur Aufklärung der Lage. Das Riff liegt circa 150 Seemeilen vor der philippinischen Provinz Palawan und damit klar innerhalb der 200-Seemeilen-Grenze der philippinischen AWZ.

Die philippinischen Einheiten dokumentierten über 50 chinesische Schiffe, die teils einzeln, teils in Clustern operierten. Gemäß den Einsatzprotokollen wurden die chinesischen Schiffe per Funk aufgefordert, ihre Absichten zu erklären und das Gebiet unter Berufung auf das philippinische Seezonengesetz, das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (UNCLOS) und den Schiedsspruch von 2016 zu verlassen. Eine Reaktion der chinesischen Schiffe erfolgte nicht. Daraufhin setzten die philippinischen Kräfte Festrumpfschlauchboote ein, um sich den chinesischen Schiffen zu nähern und deren Kennungen zur Beweissicherung zu dokumentieren – ein klares Signal, dass man die Präsenz nicht tatenlos hinnimmt.

Chinas „maritime Miliz“?

Die chinesische paramilitärische „Fischermiliz“ ist ein zentrales Instrument in Pekings Strategie, Gebietsansprüche zu festigen, ohne die Schwelle zum offenen militärischen Konflikt zu überschreiten. Von Peking offiziell als „patriotische Fischerflotten“ deklariert, werden diese als „Little Blue Men“ bekannten Einheiten von Sicherheitsanalysten als staatlich gesteuerte, paramilitärische Kräfte eingestuft. Nach Informationen des Guardian verfügen diese Schiffe meist über eine Ausstattung militärischen Niveaus. Ihr koordiniertes Auftreten in großer Zahl dient der Verdrängung und Einschüchterung anderer Anrainerstaaten. Seit Jahren verwehren diese Schiffe einheimischen Fischern den Zugang zu Seegebieten, die zu den jeweiligen ausschließlichen Wirtschaftszonen gehören. Laut einer Analyse des Center for Strategic and International Studies (CSIS) erreichte der Einsatz dieser Milizschiffe im vergangenen Jahr ein Rekordhoch.

Ein Cluster der als Fischerboote deklarierten chinesischen Seemiliz (Bild: PCG)

Rechtlicher und geopolitischer Kontext

Dieser jüngste Vorfall unterstreicht Chinas fortgesetzte Missachtung des internationalen Rechts. Im Jahr 2016 hatte der Ständige Schiedshof in Den Haag die weitreichenden historischen Ansprüche Chinas, die durch die sogenannte „Neun-Striche-Linie“ markiert werden, für unvereinbar mit UNCLOS erklärt und den Philippinen in weiten Teilen Recht gegeben. Peking boykottierte das Verfahren und erkennt den Schiedsspruch bis heute nicht an.

Die Philippinen, verfolgen unter der aktuellen Regierung eine Politik der „transparenten Konfrontation“, indem sie chinesische Aggressionen aktiv dokumentieren und veröffentlichen. Der Vorfall am Iroquois-Riff reiht sich ein in eine Serie von Eskalationen, darunter der wiederholte Einsatz von Wasserwerfern durch die chinesische Küstenwache gegen philippinische Versorgungsschiffe. Um die Abschreckung zu erhöhen, führten die Philippinen und Japan zuletzt gemeinsame Manöver durch, über die die ES&T im Juni reported.

Jannis Düngemann