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Während die materielle Einsatzbereitschaft der Bundeswehr weiter zu wünschen übrig lässt und die Truppe auf modernes Gerät wartet, werfen die Kosten der Corona-Krise und die Regierungsneubildung nach der Bundestagswahl im September ihre finanziellen Schatten voraus. Bis dahin möchte das Verteidigungsministerium noch eine Vielzahl von Projekten vom Haushaltsausschuss billigen lassen.

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Die Wunschliste des Generalinspekteurs ist lang und kaum finanzierbar (Foto: Bundeswehr)

Die zu Jahresbeginn vom BMVg vorgelegte Liste der Rüstungsprojekte, deren Kosten jeweils 25 Millionen Euro übersteigen und die deshalb gesondert vom Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages zu genehmigen sind (25-Millionen-Euro-Vorlagen), umfasst über 50 Einzelprojekte, mag sich auch noch ändern, soll aber möglichst noch bis zur Sommerpause das parlamentarische Verfahren durchlaufen. Bis Redaktionsschluss war dies bei nur elf meist kleineren Projekten der Fall. Immerhin war darunter am 24. März 2021 auch die wichtige „Entwicklung, Beschaffung und Industrieunterstützung für den Anfangsflugbetrieb eines zukünftigen Medium Altitude Long Endurance Unmanned Aerial System Ziellösung (MALE UAS ZI)“, wie die Eurodrohne nun heißt. Dafür sind im laufenden Verteidigungshaushalt nach Angaben von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) bereits 281 Millionen Euro eingestellt worden. Der Koalitionsausschuss von CDU/CSU und SPD hatte dem Projekt am 3. Februar 2021 mit der Maßgabe zugestimmt, dass der abzuschließende Industrievertrag „keine Bewaffnung der Eurodrohne“ umfasst. Weitere Mittelfreigaben dienen der Beschaffung des Transportflugzeuges C-130J Hercules für die gemeinsame deutsch-französische Transportstaffel, mit der Fähigkeiten der C-160 Transall erhalten werden sollen (Ausmusterung bis Ende 2021) sowie der Beschaffung des 4. Loses des Lenkflugkörpersystems MELLS (666 Exemplare).

Die Liste der Vorhaben, mit denen sich der Haushaltsausschuss im 2. Quartal dieses Jahres noch befassen soll, bleibt damit lang. Dazu zählen unter anderem:

  • System Sturmgewehr Bundeswehr (Beschaffung des Nachfolgemodells für das Sturmgewehr G36),
  • Mittel für die weitere Entwicklung der europäischen Gemeinschaftsprojekte Future Combat Air System (FCAS) gemeinsam mit Frankreich und Spanien und Main Ground Combat System (MGCS) gemeinsam mit Frankreich,
  • Entwicklung und Beschaffung von sechs U-Booten der Klasse U212CD (Common Design). Eine Einigung zwischen der deutschen und der norwegischen Regierung und thyssenkrupp Marine Systems über den Bau der avancierten U-Boote, von denen Norwegen vier und Deutschland zwei erhalten soll, wurde am 22. März 2021 erzielt,
  • Beschaffung des norwegischen Marine-Lenkflugkörpersystems Naval Strike Missile (NSM),
  • Beschaffung von drei Aufklärungsschiffen der Klasse 424 als Ersatz für die betagten Flottendienstboote der Marine,
  • Projekt PEGASUS (Persistent German Airborne Surveillance System): Integration des in Deutschland entwickelten Aufklärungssystems ISIS in drei vom Bundestag bereits bewilligten Geschäftsjets vom Typ Bombardier Global 6000,
  • Beschaffung eines Nachfolgemodells für den Pionierpanzer Dachs,
  • Nachrüstung des 1. Loses des Schützenpanzers Puma,
  • Folgesystem für Datenkommunikation HERKULES,
  • Neue Radarsysteme für Fregatten der Klassen 123 und 124,
  • Neue Festrumpf-Schlauchboote für die Marine,
  • Beschaffung von Nachtsichtbrillen (gemeinsam mit Belgien).

Darüber hinaus hatten Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer und Generalinspekteur Eberhard Zorn in ihrem gemeinsamen Positionspapier „Gedanken zur Bundeswehr der Zukunft“ vom 9. Februar 2021 angekündigt, im 2. Quartal 2021 ferner eine Entscheidung zur Beschaffung eines Schweren Transporthubschraubers zu treffen, der das betagte Modell CH-53 ersetzen soll. Die Entscheidung über die Beschaffung eines 2. Loses Schützenpanzer Puma hingegen soll erst 2022 fallen, hatte Generalinspekteur Zorn bereits im jüngsten „Bericht zur materiellen Einsatzbereitschaft der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr“ vom Dezember 2020 mitgeteilt.

Derzeit nur als Wunschvorhaben sind weitere Projekte auf der Liste der 25-Millionen-Euro-Vorlagen zu bewerten, deren Finanzierung das BMVg schon bei der Erstellung der Liste als „nicht gesichert“ bezeichnete.

Dazu zählen unter anderem:

  • bodengebundene Luftverteidigung (Modernisierung des Patriot-Systems und Ersatz des Flugabwehrsystems Ozelot, aber wohl keine Einführung des Taktischen Luftverteidigungssystems (TLVS),
  • schwerer Transporthubschrauber,
  • Ersatz für das Kampfflugzeug Tornado (auch für die nukleare Teilhabe Deutschlands),
  • Nachfolgemodell für den Seefernaufklärer P-3C Orion,
  • schwerer Waffenträger Infanterie als Ersatz für den Panzer Wiesel,
  • Entwicklung Kampfhubschrauber Tiger Mk. III,
  • 3. Los Korvette K130 (als Ersatz für das 1. Los).

Für den Mai 2021 haben Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer und Generalinspekteur Zorn die Veröffentlichung von „Eckpunkten für die Bundeswehr der Zukunft“ angekündigt, die auch „konkrete Vorschläge zur Weiterentwicklung der Streitkräfte hinsichtlich ihrer Fähigkeiten, Strukturen und Einsatzbereitschaft“ enthalten sollen. Deren Umsetzung allerdings, die dann auch viele Rüstungsprojekte betreffen wird, dürfte direkt vom Ausgang der nächsten Bundestagswahl und vom Kurs der künftigen Regierungskoalition abhängen.

Wolfgang Labuhn