Print Friendly, PDF & Email

Das niederländische Korps Mariniers hat einen neuen Fluganzug, mit dem sich eine Person frei in der Luft bewegen kann, erprobt. Auslöser für die Untersuchungen war der Wunsch nach neuen Wegen für Boarding-Operationen.

Der 27 kg schwere Fly Suit von Gravity Industries besteht aus einem Gurtzeug, über das auf dem Rücken ein Triebwerk und an den beiden Unterarmen je ein Doppeltriebwerk mit zusammen 800 kW Leistung befestigt sind. Die Steuerung erfolgt über einen Handgriff und die Stellung von Armen und Beinen. Ein Flug kann zwischen fünf und zehn Minuten dauern. Dabei wird eine Geschwindigkeit bis 50 km/h erreicht. Die Flughöhe ist auf 3,7 km begrenzt. Der Beschaffungspreis für zivile Versionen liegt im mittleren sechsstelligen Euro-Bereich.

Mit dem Fly Suit können Orte erreicht werden, die sonst praktisch nicht oder nur mit großem Aufwand erreichbar sind. Es können Gewässer, Moore, Geröll- oder Schuttflächen ebenso überwunden werden wie künstliche horizontale und vertikale Hindernisse. Taktische Aufgaben sind beispielsweise das Überwinden von Minenfeldern, Mauern und das Entern von Schiffen. Aber auch Rettungsdienste können in schwieriger Umgebung (z.B. bei Hochwasser) schnell den Einsatzort erreichen.

Bei den risikoreichen Versuchen standen Flüge in Bodennähe im Mittelpunkt. Kurze Strecken dienten zunächst dazu, das Gleichgewicht zu finden und stabilen Flugbetrieb zu erreichen. Dann folgten einsatzähnliche Strecken und Aufgaben, bei denen die Grenzen für den praktischen Flugbetrieb ausgetestet wurden. Flüge in größerer Höhe mit zunehmender Gefährdung waren aus taktischen Gründen nur selten notwendig.

Die Spezialkräfte werten jetzt die Versuche aus und bewerten, welcher Mehrwert sich mit dem Fly Suit erzielen lässt. Dann sind Einsatzregeln (Tactics, Techniques, and Procedures, TTP) zu erarbeiten, bevor zum ersten Mal ein Marineinfanterist in den Einsatz „angeflogen“ kommt.

Gerhard Heiming