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Unbemannte Luftfahrzeuge (Unmanned Aerial Vehicles, UAVs), mittlerweile auch oft als Drohnen bezeichnet, lassen sich entweder per Fernsteuerung oder durch vorherige Programmierung steuern oder können autonom fliegen. Der Markt für UAVs ist in den letzten Jahren stetig gewachsen, und wie in vielen anderen Bereichen geht auch dieser Trend mit einer zunehmenden Orientierung an aus der Natur gegriffenen Vorbildern einher.

In der aktuellen Entwicklung dominieren Systeme mit Abmessungen im unteren Dezimeterbereich (Micro Aerial Vehicles, MAVs). Gerade wenn es um die Stabilität dieser kleinen Systeme bei ungünstigen Windverhältnissen geht, aber auch bei der Optimierung von Bewegungsabläufen, Wendigkeit, Robustheit, Energieeffizienz und Geräuschreduktion, steht bei der Entwicklung der dann als Biomimetic Micro Aerial Vehicles (BMAVs) bezeichneten Drohnen oftmals ein Tier Pate.

Das Anwendungsgebiet solcher bioinspirierter UAVs ist breit. Nicht nur für professionelle Aufgaben wie die Auslieferung von Päckchen, Filmaufnahmen oder die Überwachung von schwer zugänglichen oder gefährlichen Gebieten, sondern auch vermehrt für den privaten Gebrauch werden immer bessere, schnellere und leistungsfähigere Drohnen entwickelt. Als Vorbilder solcher bioinspirierter Luftfahrzeuge dienen oft Vögel, die mit speziell angepassten Flügelformen bestens auf die unterschiedlichen Bedingungen vorbereitet sind.

Die Entwickler lassen sich sowohl von der Flügelform, dem Schlagmechanismus als auch der Bewegung des Flügels selber inspirieren. Bei Drohnen, die beispielsweise für eine Anwendung in der Landwirtschaft entwickelt werden, wird neben den aerodynamischen Fähigkeiten auch oft gleichzeitig die äußere Erscheinung des Vogels und das Verhalten von Raubvögeln nachgestellt, um Fressfeinde wie Möwen, Spatzen oder andere Tiere von Anbaufeldern oder auch Fischfarmen fernzuhalten, ohne andere umwelt- oder tierschädliche Verfahren anwenden zu müssen. Auch Spielzeug-Drohnen werden natürlichen Vorbildern immer ähnlicher. Vogel- und libellenartige Drohnen für den privaten Gebrauch, gesteuert durch ein Smartphone, können schnell und wendig fliegen, und aus einiger Entfernung ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen, dass es sich nicht um ein echtes Tier handelt.

Aber nicht nur in Vögeln sehen die Forscher Vorbilder für Flugkörper, auch Insekten, Fledermäuse oder „schwebende“ Fische wie Rochen dienen als Inspiration in der Drohnenentwicklung. Neben dem Vogelflug wird mittlerweile auch der teils sehr gut erforschte Flugmechanismus verschiedenster Insekten in unterschiedlichsten Modellen in der Technik umgesetzt. Die Universität Harvard hat beispielsweise einen kleinen Flugkörper entwickelt und ihn auf den Namen „RoboBee“ getauft. Diese winzige Drohne ist nur zwei cm groß und wiegt gerade einmal 100 Milligramm. An eine Biene jedoch erinnert lediglich die Form der vier Flügel. Mit diesen kann der kleine Roboter bis zu 170 mal pro Sekunde schlagen, womit er dem natürlichen Vorbild (200 mal) nur wenig nachsteht. Wie echte Insekten kann die Drohne in der Luft verharren, blitzschnell ausweichen oder sich auf Blättern niederlassen. Mittlerweile wird daran gearbeitet, dass sich RoboBee ohne Kabel und autonom fortbewegen kann.

In der Regel bewegen sich solche biomimetischen Flugkörper, wie ihre natürlichen Vorbilder, mit langsamen Geschwindigkeiten fort. Gerade bei kleinen Luftfahrzeugen treten dabei öfter Probleme mit der Bewältigung von Turbulenzen und Windstößen auf. Da kleine UAV gern in Städten oder anderen Gegenden mit Hindernissen eingesetzt werden, kann dies zu Problemen und Beschädigungen führen. Ein weiterer ebenfalls kritischer Punkt bei den kleinen Mini-Drohnen ist die Einsatzzeit, in der sie sich in der Luft bewegen können.

Meist ist der Akku bereits nach relativ kurzer Zeit leer. Auch hier werden immer wieder neue bioinspirierte Lösungen entwickelt, wie beispielsweise sogenannte getrennte Strömungsflügel, mit denen die Mini-UAVs gleichzeitig stabiler und länger fliegen können als andere Geräte mit ähnlicher Größe und Gewicht. Die von Vögeln und Insekten inspirierte, nicht glatte Form der Flügelvorderseite erzeugt eine Ablösung der Luftströmung, welche bei großen Luftfahrzeugen Effizienzprobleme erzeugen würde, allerdings bei den Tieren und auch bei Mini-UAVs für mehr Stabilität und eine höhere Effizienz sorgt. Auch andere kleine Anpassungen der Flügel können einen großen positiven Einfluss auf die Auftriebsfunktion nach Flugmanövern haben.

Weitere spezielle Herausforderungen dieser unbemannten Luftfahrzeuge sind ein ausreichender Auf- und Antrieb, die Steuerung der autonomen Flugfähigkeit sowie die Bewältigung von komplexen Flugmanövern und Windböen. In der Natur findet man hier ein ausgereiftes Zusammenspiel aus aerodynamischer Form, Muskelaktivität und der zentralen neuronalen Steuerung. Neben der Nachahmung von Flügeln oder einzelnen speziellen Strukturen wird sich daher seit einigen Jahren in der technischen Umsetzung auch an verschiedenen Steuermechanismen aus dem (fliegenden) Tierreich orientiert. Künstliche neuronale Netze oder bio-inspirierte Algorithmen nutzen beispielsweise das optomotorische Prinzip von Insekten für Navigationsmodelle, ermöglichen autonomes Landen von UAVs oder verbessern, inspiriert von Stubenfliegen, das Höhensteuerungs- und Ausweichverhalten der Drohnen. Aus der Werkstoffentwicklung kommen neben dem Einbau von leichten Materialien auch weitere wichtige Impulse, beispielsweise künstliche Aktuatoren aus ionischem Polymer-Metall-Verbundwerkstoff, mit denen man Flügel muskel-
ähnlich ansteuern kann.

Trotz aller Fortschritte sind die spezifischen Leistungsdaten der natürlichen Vorbilder heute im Einzelnen meist noch besser als die der entsprechenden technischen Umsetzungen, jedoch tragen die aktuellen Entwicklungen dazu bei, dass der Markt für biomimetische UAVs auch in Zukunft weiter wachsen wird.

Dr. Vanessa Hollmann