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Nach einer erneuten Einsatzprüfung hat der Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Alfons Mais, am 18. März 2021 die Gefechtstauglichkeit des Systems Panzergrenadier mit dem Schützenpanzer Puma und dem Soldatensystem Infanterist der Zukunft – Erweitertes System (IdZ – ES) – beide in der Konfiguration VJTF 2023 – festgestellt. Damit kann das digitalisierte System Panzergrenadier eingesetzt werden, vor allem bei der Very High Readiness Joint Task Force (VJTF) der NATO im Zeitraum 2022 bis 2024. Deutschland hat sich in der NATO verpflichtet, sich an der Eingreiftruppe zu beteiligten.

Im Sommer 2020 hatte es lange Gesichter gegeben, als am Ende der Einsatzprüfung der mittlerweile in fünf Panzergrenadierbataillonen eingeführte Schützenpanzer Puma als nicht einsatztauglich qualifiziert wurden. Projektleitung und Industrie gerieten unter starken Zeitdruck, das System fünf Jahre nach Auslieferung der ersten Fahrzeuge endlich einsatzbereit zu machen, zumal der Einsatz bei der Speerspitze der NATO VJTF schon in zwei Jahren beginnen sollte.

Die Panzergrenadiere führen den Kampf auf- und abgesessen im System Panzergrenadier, das aus den beiden Systemelementen Schützenpanzer Puma und Infanterist der Zukunft – Erweitertes System besteht. Das System steht und fällt mit stabilen und ausreichend breitbandigen Funkverbindungen für Sprache und Daten, die einer der Kritikpunkte im Sommer 2020 waren.

Optimierung und Nachbesserung

In einer gemeinsamen Arbeitsgruppe militärischer und ziviler Experten unter Führung des Bundesamts für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) wurden die unzureichenden Komponenten des Puma überarbeitet, optimiert und stabilisiert. Konzeptionäre aus dem Amt für Heeresentwicklung, Nutzer aus der Truppe auf der einen und Ingenieure/Techniker verschiedener Fachrichtungen aus der Industrie trugen zur Optimierung und entscheidenden Verbesserung des Waffensystems bei.

„Durch Korrekturen an den Sensoren wurde die Stabilität des Panzerturmes und des Gesamtsystems erreicht. Mithilfe von Softwareupdates funktionieren die Sichtmittel im Fahrgestell jetzt verlässlich. Die interne Bordverständigung funktioniert jetzt fehlerfrei. Auch die notwendigen Funkreichweiten sowie eine sehr gute Sprachqualität im Sprechfunk konnten erreicht werden. Gerade Letzteres ist für die Führungsfähigkeit unverzichtbar“, fasste Mais die erreichten Fortschritte zusammen.

Digitalisierung

Die engmaschige Vernetzung des Fahrzeuges und der Schützen durch den Sprechfunk und ein digitales Lagebild über Datenfunk, insbesondere im abgesessenen Kampf, ist der wirkliche Mehrwert des Systems Panzergrenadier. Durch die Bedienung des Panzerabwehrsystem MELLS komplett unter Luke sind die Soldatinnen und Soldaten zudem besser geschützt.

Damit kann für die VJTF zum ersten Mal eine digitalisierte Fahrzeugplattform – der Schützenpanzer Puma in der verbesserten Ausbaustufe – mit einem Soldatensystem IdZ -–ES zusammengeführt werden, das mit digitaler Funktechnik ausgestattet ist.

Rheinmetall beschreibt zwei wesentliche Vorteile des Systems Panzergrenadier: „Erstens haben alle auf- und abgesessenen Kräfte die Möglichkeit, auf dieselben Informationen zuzugreifen. Zweitens können diese Informationen wesentlich präziser, schneller und robuster untereinander geteilt werden. Die enge Vernetzung von Sensoren und Effektoren sowohl der Soldaten als auch der Schützenpanzer minimiert die Zeit zwischen Aufklärung und Wirkung. Diese Verschmelzung zu einem Gesamtsystem ermöglicht ein effektives taktisches Zusammenwirken der Soldaten mit ihren Schützenpanzern und erhöht den Einsatzwert der Panzergrenadiertruppe.“

Das gemeinsame Entwickeln von Fahrzeugplattform und Soldatensystem hat zu einer guten Grundlage für die Konzeptionierung und Ausstattung größerer Systemverbünde geführt. Das System Panzergrenadier kann künftig die Basis für digital vernetzte und geführte Verbände sein. Für künftige Vorhaben ergeben sich aus diesem Pfad konkrete Impulse, da ein erheblicher Erfahrungs- und Fähigkeitszuwachs im Bereich der IT-Systemintegration stattgefunden hat.

Nachrüstung und weiterer Bedarf

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Nach der Erklärung der Gefechtstauglichkeit durch den Inspekteur des Heeres beginnt die Stunde der Industrie. Insgesamt 40 Schützenpanzer Puma sind jetzt in die Ausbaustufe für die VJTF zu bringen und so rechtzeitig an das für die Speerspitze 2023 vorgesehene Panzergrenadierbataillon 112 (Regen) zu übergeben, dass die Ausbildung an dem neuen System bis zur Meldung der Einsatzbereitschaft an NATO abgeschlossen ist. Ende 2020 sind die letzten Puma des ersten Loses vom Band gelaufen. Mit diesen beginnt die Nachrüstung zur neuen Konfiguration noch vor der Auslieferung an die Truppe. Der Vertrag über die gesamte Umrüstung ist bereits geschlossen. Sie soll bis Ende 2021 abgeschlossen werden.

Danach sind weitere 226 Schützenpanter Puma auf den K-Stand VJTF zu bringen. Dafür laufen die Vertragsverhandlungen. Das Heer benötigt 266 Puma für den Zwischenschritt 2 beim Umbau des Heeres. Für die Division 2027 will das Heer die Bündnisverpflichtungen mit dem Puma in fünf Panzergrenadierbataillonen erfüllen. Um den Schützenpanzer Marder nach 50 Jahren Nutzungsdauer endgültig abzulösen, plant das Heer ein zweites Los mit 210 Schützenpanzer Puma. Der für Mitte 2021 geplante Vertragsabschluss musste u.a. wegen der schlechten Verfügbarkeit der Pumas verschoben werden. Jetzt soll eine Entscheidung möglicherweise 2022 fallen.

Charakterisierende Merkmale des SPz Puma

Sicht: Neben der Vorwärts- und Rückwärtssicht für den Kraftfahrer steht dem Schützentrupp eine 360-Grad-Rundumsicht zur Verfügung. Alle Sichten können auch als fusioniertes Bild aus den Bildern der Farb- und Wärmebildkameras angezeigt werden.

Maschinenkanone: Mit der Bewaffnung, wie dem besatzungslosen Turm und der vollstabilisierten 30-mm-Maschinenkanone, liegt der Puma am Puls der Zeit. Aus der Fahrt trifft er damit Ziele in einer Entfernung von bis zu 3.000 Metern.

Aufklärung: Waffenoptiken im Turm für Fahrer und Kommandant sowie die Rundumoptiken der Panzergrenadiergruppe sind nacht- und infrarotfähig und liefern Bilder in Farbe. 20-facher Zoom erleichtert die Aufklärung.

Funk: Die Funkverbindungen sind digital und IP-basiert. Via Satellit werden nicht nur Sprach-, sondern auch alle anderen Informationen für ein digitales Lagebild übermittelt. Im System Panzergrenadier sind der Puma und die Besatzung miteinander vernetzt.

Antrieb: Aus seinem Hubraum von nur elf Litern erzeugt das Triebwerk satte 1.088 PS. Im Vergleich: Der Schützenpanzer Marder stemmt aus 22 Litern 600 PS und der Kampfpanzer Leopard 2 aus 47,6 Litern Hubraum stattliche 1.500 PS Motorleistung.

MELLS: In der Konfiguration VJTF 2023 kommt das Panzerabwehrsystem MELLS vollintegriert zum Einsatz. Der Gefechtskopf mit der Tandemhohlladung hat eine Kampfentfernung vom vier Kilometern und kann bis zum Einschlag in das Ziel nachgelenkt werden.

Schutz: Für den Schutz der Besatzung sorgt die als Reaktivschutz ausgelegte, adaptierbare Panzerung. Sie kann also abgenommen werden, um das Fahrzeug für den Lufttransport und andere Transportträger vorzubereiten.

Gerhard Heiming