Totalitarismus als Bedrohung – Neue sicherheitspolitische Herausforderungen
Andreas M. Rauch und Seçkin Söylemez
Nach den Schrecken zweier Weltkriege erschien keine Forderung eindringlicher als die nach einem globalen und nachhaltigen Frieden. „Nie wieder Krieg“ war das Gebot der Stunde.
Diese Friedensbemühungen materialisierten sich Mitte des vergangenen Jahrhunderts nicht nur in der Entstehung der Vereinten Nationen, sie wurden auch als eine zentrale politische Leitidee in das deutsche Grundgesetz aufgenommen. Die vormals wirkmächtigen Nationalismen sollten nun durch einen völkerrechtlich abgesicherten Multilateralismus gebändigt werden. Normativ fußt dieses Konzept auf Grundwerten der Demokratie, wie Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit.
Heute, fast 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, stehen diese Leitbilder vielerorts zur Disposition. Die Rückkehr autokratischer Regime und das Erstarken totalitärer Tendenzen stellt eine Bedrohung bisheriger Friedensbemühungen dar und bringt neue, sicherheitspolitische Herausforderungen mit sich.
In ihren Studien zum deutschen Faschismus und sowjetischen Stalinismus beschreibt Hannah Arendt (1906-1975) unter dem Konzept der „totalitären Herrschaft“ den Transformationsprozess sozialer Klassen hin zu ideologisierten Massen. Hierbei hält die Theoretikerin fest, dass trotz inhaltlicher Unterschiede die Funktionalität beider Weltanschauungen vergleichbar ist: der Kampf um eine weltweite totale Herrschaft und die Zerstörung konkurrierender Gesellschaftsformen. Aus heutiger Sicht erscheinen totalitäre Regime als Phänomene einer vergangenen Ära. Schließlich gelten der Faschismus – mit dem Tod Francos 1975 – und der Kommunismus – seit der Auflösung der Sowjetunion – als überwunden. Doch der gegenwärtige Siegeszug populistischer Bewegungen offenbart, dass die Arbeiten Arendts nichts an ihrer Aktualität verloren haben.
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