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Mit einer feierlichen Zeremonie wurde am 30. Dezember 2020 in Alexandria „Al-Galala“ (Hull-Nummer 1002) als neues Mitglied der ägyptischen Marine begrüßt. Die ursprünglich für die italienische Marine gebaute Fregatte der Bergamini-Klasse verließ am 25. Dezember diskret den Hafen von La Spezia. Der Name der Fregatte verweist auf das ägyptische Megainfrastruktur-Projekt Al Galala, 170 Kilometer südlich von Kairo, ca. 50 Kilometer vom Roten Meer.

Al Galala bei der feierlichen Übernahme-Zeremonie in Alexandra, 30. Dezember 2020. Am linken Bildrand: eine Gowind-Klasse. Screenshot Hans Uwe Mergener, Twitter Video Copyright Egyptian Armed Forces.

Im Laufe des Jahres 2020 berichteten ägyptische und italienische Medienberichte wiederholt über eine Vereinbarung zur Lieferung von insgesamt vier Fregatten, zwanzig Vielzweck-Schiffen sowie von 24 Eurofightern, 24 Schulungsflugzeugen M-346 (Alenia Aermacchi M-346 Master – ein italienischer Strahltrainer) sowie eines Aufklärungssatelliten. Nach italienischen Angaben beläuft sich das Rüstungsgeschäft, das in Rom nicht zuletzt wegen des gewaltsamen Todes des italienischen Studenten Giulio Regeni (2016), nicht unumstritten ist, auf insgesamt neun bis zehn Milliarden Euro. Der Vertrag über den Kauf zweier Fregatten der FREMM-Bergamini-Klasse wurde im August 2020 unterzeichnet – als Kaufpreis werden 1,2 Milliarden Euro genannt ohne Detailangaben zu Ausbildung und bezüglich des beinhalteten Unterstützungspakets. Die Lieferung zweier weiterer Fregatten aus Italien soll, so Medienberichten zufolge, bis 2024 erfolgen.

Die bei der Fincantieri kurz vor Fertigstellung befindlichen Fregatten „Spartaco Schergat“ (F 598) und „Emilio Bianchi“ (F 589) waren ursprünglich für die Marina Militare vorgesehen. In Italien wird davon ausgegangen, dass die ehemalige „Emilio Bianchi“ im kommenden Frühjahr zur Ablieferung nach Ägypten ansteht. Die Marina Militare sollte ursprünglich über zehn Fregatten der FREMM-Klasse verfügen. Vier davon sind für U-Jagd optimiert, die anderen, darunter die beiden an Ägypten überlassenen Einheiten, werden innerhalb der Klasse als ‚General-Purpose-Schiff‘, also ohne Spezialisierung, geführt.

Die FREMM-Klasse ist ein französisch-italienisches Gemeinschaftsprojekt (Frégate Multi Mission – Vielzweckfregatte). In Italien fungiert Orizzonte Sistemi Navali (OSN) (51% Fincantieri, 49% Leonardo) als Hauptauftragnehmer, in Frankreich Armaris (Naval Group und Thales). Beide Länder beauftragten die OCCAR (bereits 2005) mit dem Management des FREMM-Programmes. Der Stückpreis einer italienischen FREMM wird mit 765 Millionen Euro, der einer französischen mit 860 Millionen Euro angegeben. Die Angaben über die Einberechnung aller Ausrüstungsgegenstände (z.B. Waffen- und Elektroniksysteme) und der Entwicklungskosten sind nicht kongruent.

Frankreich hat Ägypten 2015 eine Einheit dieser Klasse (die ehemalige „Normandie“, jetzt „Tahya Misr“, Hull-Nummer 1001) überlassen. Darüber hinaus konnte Paris mit zwei LPH (Landungsschiff-Hubschrauberträger), mit Rafale-Kampfflugzeugen und mit Korvetten aus dem Gowind-Projekt in Ägypten landen. Im Mai 2020 wurde die „Luxor“ (Hull-Nummer 986), die vierte und letzte Korvette der El Fateh-Klasse, die auf die französische Typ Gowind 2500 zurückgeht, auf der Alexandria Shipyard fertig gestellt. Sie ist die dritte Korvette dieser Art, die in Ägypten gebaut wurde.

Paris und Rom buhlen um das Land am Nil. Die Investitionen des italienischen Ölkonzerns Eni in Ägypten sollen sich auf rund 10,7 Milliarden Euro belaufen. Demgegenüber investierten französische Unternehmen 2015 bis 2018 5 Milliarden Euro in Ägypten, die französische Bank Crédit Agricole gewährte im gleichen Zeitraum Darlehen in Höhe von 9,2 Milliarden Euro an ägyptische Investoren (Angaben der französischen Botschaft Kairo, Februar 2019). 2015 verpflichtete sich Paris neben den erwähnten Marineeinheiten zur Lieferung von 24 Rafale-Kampfflugzeugen, 200 leicht gepanzerten Fahrzeugen und verschiedenen Flugkörpersystemen – Vertragswert über 5,3 Milliarden Euro. Im November 2020 traf der ägyptische Staatspräsident Abdel Fattah El Sisi in Paris mit dem CEO von Naval Group, Pierre Eric Pommellet, zusammen.

Die Fregatte „Al Galala“ kurz vor ihrer Ankunft in Alexandria. Im Hintergrund einer von vier ägyptischen Lenkwaffenzerstörern der Oliver Hazard Perry-Klasse, Screenshot Hans Uwe Mergener, Twitter Video Copyright Egyptian Armed Forces.

Für die ägyptische Marine bedeutet die Ankunft der „Al Galala“ eine Verbesserung ihrer Fähigkeiten in der Luftverteidigung zur See. Die aus der französischen Baureihe stammende „Tahya Misr“, vordem „Normandie“, ist eine auf U-Jagd optimierte FREMM. Gemeinsam mit den vier Gowind-Korvetten erfuhr die ägyptische Marine in der jüngsten Vergangenheit einen ordentlichen Modernisierungsschub, der scheinbar noch nicht zu Ende kommt.

Hans Uwe Mergener